Im Zeichen der Klimaerwärmung gilt für den Fleischkonsum das Gleiche wie für das Fliegen: je weniger, desto besser. In Schulmensas und Unternehmenskantinen zerbrechen sich die Köche deshalb den Kopf, wie sie die Mittagsgäste von Schnipo und Spaghetti bolognese auf gemischten Salat und Melanzane-Lasagne umpolen können.
Ernährungs- und Umweltwissenschaftler sind sich einig, dass ein jährlicher Fleischkonsum von 20 Kilo sowohl für unsere Gesundheit als auch unsere Umwelt ideal wären. Davon sind wir noch weit entfernt. Der Fleischkonsum des durchschnittlichen Schweizers beträgt nach wie vor über 50 Kilogramm pro Jahr, der durchschnittliche Amerikaner bringt es gar auf das Doppelte.
Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer: die Vegi-Burger. Sie sind längst nicht mehr gehackter und zerstampfter Salat und Kichererbsen. Mittlerweile sind sie ebenso schmackhaft wie die Fleisch-Vorbilder, und sie werden auch nicht mehr von idealistischen Späthippies gegessen, sondern sind im Mainstream angekommen.
Ins Vegi-Burger-Business sind deshalb die ganz grossen Player wie Kellogg, Kraft Heinz und Nestle eingestiegen.
Nun aber schlägt die Lobby der Fleischproduzenten zurück. Die rund 800’000 Viehzüchter haben den Vegi-Burger-Herstellern den Krieg erklärt. Sie eilen zum Kadi und wollen per Gerichtsbeschluss erreichen, dass die vegetarischen Burger, aber auch Würste und Hot Dogs sich nicht mehr mit Bezeichnungen schmücken dürfen, die irgendeinen Bezug zu «Fleisch» haben.
Die Viehzüchter können erste Erfolge vorweisen. Die «Washington Post» meldet, dass inzwischen gegen 30 US-Bundesstaaten Gesetze erlassen haben, die Hinweise auf Fleisch bei den Vegi-Burgern und andern Kunstfleisch-Produkten verbieten. Wer etwa im Bundesstaat Mississippi gegen dieses Gesetz verstösst, wird mit mindestens 1000 Dollar gebüsst und kann bis zu einem Jahr hinter Gitter wandern.
Die Viehzüchter haben die Lektion ihrer Kollegen, der Milchbauern, gelernt. Weil die Konsumenten immer häufiger auf vegetarische Produkte wie Mandel- und Sojamilch ausweichen, ist der Verkauf von Kuhmilch in den USA letztes Jahr um mehr als eine Milliarde Dollar eingebrochen.
Selbst Richter werden jedoch den Vormarsch der Vegi-Burger kaum stoppen können. Die fleischlosen Snacks erobern nicht nur die Supermärkte. Selbst Fast-Food-Ketten springen auf den Zug auf: Subway will bald vegetarische Fleischbällchen ins Sortiment nehmen, während Burger King in allen Filialen einen fleischlosen Whopper auf der Karte hat.
Tofurky beweist derweil, dass sich nicht nur Rindfleisch ersetzen lässt. Der Anbieter von vegetarischen Truthahn-Nuggets konnte seinen Umsatz in den letzten sieben Jahren regelmässig um einen zweistelligen Prozentsatz erhöhen. Heute ist das Unternehmen ein gefragter Gesprächspartner beim Detailriesen Walmart.
Die Kellogg-Tochter Morningstar Farms war lange ein Nischenanbieter. Heute betreibt sie 25’000 Restaurants, Uni-Mensas und Cafeterias. Nächstes Jahr sollen es gar 75’000 Restaurants sein.
Auf die Viehbauern kommt neues Ungemach zu: künstliches Fleisch. Smithfield Foods, der grösste Verarbeiter von Schweinefleisch in den USA, hat eine Kunstfleisch-Linie unter der Marke «Pure Farmland» angekündigt. Auch Tyson Foods, der andere Fleischgigant, will in dieses Geschäft einsteigen.
So leicht wollen sich die Viehbauern jedoch nicht unterkriegen lassen. Mike Deering, Vizepräsident der Missouri Cattlemen’s Association, erklärt trotzig: «Wir sind seit jeher den Launen des Marktes und des Wetters ausgeliefert. Aber wir gehören zu den widerstandsfähigsten Menschen auf diesem Planeten, und wir nehmen es jeden Tag mit jedem auf – und am Sonntag zwei Mal.»