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Bitcoin-Crash. Doch der Experte sagt: Ende Jahr sind 80'000 möglich

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Die Bitcoin-Rallye hat eine Pause eingelegt.Bild: sda
Interview

Trotz Korrektur: «Bitcoin könnte bis Ende Jahr 80'000 Dollar erreichen»

11.01.2021, 18:2811.01.2021, 18:48
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Im letzten Dezember baten wir den niederländischen Börsenanalysten Julius de Kempenaer, für uns den Bitcoin-Kurs zu analysieren. Damals näherte sich der Preis der Mutter aller Kryptowährungen dem Allzeithoch an. De Kempenaer prognostizierte einen Kurs von 40'000 Dollar – und traf damit genau ins Schwarze.

Deshalb wollten wir von ihm wissen, wie es weiter geht – vor allem, weil der Kurs von Bitcoin nach tagelangem Aufwärtstrend gerade kräftig korrigiert (Disclaimer: Das Gespräch fand um 9.00 Uhr statt. Der Bitcoin-Kurs schwankte zwischen 32'000 und 35'000 Dollar).

Julius de Kempenaer analysiert für uns den Bitcoin-Kurs. Er arbeitet heute als Chef-Analyst bei StockCharts.com
Julius de Kempenaer analysiert für uns den Bitcoin-Kurs. Er arbeitet heute als Chef-Analyst bei StockCharts.com

Sie haben bei uns vor wenigen Wochen für Bitcoin einen Kurs von 40’000 Dollar prognostiziert – und das traf auch ein. Hätten Sie gedacht, dass es so schnell geht?
Julius de Kempenaer:
Nein. Nein, nein, nein – ehrlich nein. Bei Bitcoin weiss man aber nie. Das ist ein brutaler Markt. Aber die 40’000 waren, es tut mir leid, das sagen zu müssen, eine relativ einfache Ansage.

Wieso das?
Die Konstellation war ein Musterbeispiel für eine technische Analyse. Wir hatten 20’000 Dollar Ende 2017, etwas mehr als 3000 Dollar im Jahr 2018, und jetzt drückte der Preis wieder gegen 20’000 Dollar. Ein sehr schöner Block. Wenn bei so einer Konstellation der Widerstand bricht, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Preis explodiert. Und dann gibt es Analysetools, wie hoch der Preis in etwa geht. Und das waren die 40'000. Was hingegen jetzt kommt … ist ein anderes Kapitel.

Erklärung der Chart: Die durchgezogene rote Linie beschreibt die Langzeit-Unterstützung. Die gepunktete Parallele markiert der Trend der Allzeithochs. Der grüne Triangel umreisst die Entwicklung zwisc ...
Erklärung der Chart: Die durchgezogene rote Linie beschreibt die Langzeit-Unterstützung. Die gepunktete Parallele markiert der Trend der Allzeithochs. Der grüne Triangel umreisst die Entwicklung zwischen 2017 und 2020. Die grüne gepunktete Linie zeigt die Kursziele. Für Ende Jahr bedeutet das einen Wert von ca. 80'000 Dollar.

Sie spielen auf den Kurseinbruch von gestern und heute Morgen an. Ist das jetzt die vielzitierte grosse Korrektur?
Das wird die Zeit zeigen. Wir wissen nicht, ob die heutigen Tiefpunkte morgen noch einmal unterboten werden. Wir sollten nicht zu kurzfristig denken, sondern versuchen, das grosse Bild zu verstehen. Und da ist eine Korrekturprognose erneut relativ einfach: Die Region von 20’000 Dollar ist der neue Unterstützungslevel. Dort geht die Reise hin. Es gibt diese einfache Regel: Der Frühere Widerstand wird zur neuen Unterstützung. Aber nur um es noch einmal zu betonen: Ich spreche nicht davon, was in den nächsten zwei Wochen passiert. Ich spreche von langfristigen Veränderungen.

Ist es sicher, dass die Korrektur so tief ausfällt?
Nein. Sie kann auch weniger drastisch ausfallen. Dafür müsste sich der Kurs aber über längere Zeit an einem höher gelegenen Tiefpunkt konsolidieren. Wir reden von einer Seitwärtsbewegung von mehreren Wochen. Das wäre dann ein Zeichen dafür, dass die Verkäufer bei 20’000 Dollar nicht gewillt sind, länger zu warten und aggressiv zu kaufen.

Viele Anleger fragen sich jetzt, ob noch immer ein guter Zeitpunkt sei, in Bitcoin einzusteigen?
Grundsätzlich und langfristig zeigt der Trend bei Bitcoin nach oben. Um das zu erkennen, braucht man keinen Raketenphysiker zu sein. Meine subjektive Einschätzung lautet aber trotzdem: nein. Und ich erkläre ihnen wieso: Als technischer Analyst wäge ich das Verhältnis von Risiko zu Gewinn ab. Ich bevorzuge es, einzusteigen, wenn das Risiko gering ist, der mögliche Gewinn aber hoch. Bitcoin könnte auf die 20’000-Dollar-Unterstützung fallen. Das Risiko ist also ziemlich hoch. Der Gewinn? Lässt sich nur sehr schwer einschätzen.

Wenn der Trend aber grundsätzlich nach oben geht …
Wenn man mit dem Zug von Zürich nach Basel will, dann fährt man auch nicht zuerst in die Gegenrichtung.

Wenn ich auf den Bus warte und es kalt draussen ist, mache ich das aber manchmal. Eine oder zwei Stationen. Dafür sitze ich im Warmen.
(Lacht) In der Schweiz kann ich das, je nach Aussicht, sogar nachvollziehen. Aber beim Investieren würde ich das nicht empfehlen. Sondern: Abwarten bis der Kurs in die Region von 20’000 fällt und dann Geduld haben, bis sich der Preis dort konsolidiert. Wenn er dann wieder ansteigt, weiss man, dass der Zug wieder in die richtige Richtung unterwegs ist.

Aber der Kurs könnte auch zuerst 60’000 oder gar 70’000 Dollar erreichen, bevor die grosse Korrektur eintritt.
Ja, das ist so. Wir befinden uns genau in der Mitte zwischen den Support- und Widerstandslinien. Das ist für technische Analysen die schwierigste Region.

Berücksichtigen Sie bei ihren Analysen ihr Gefühl für den Markt? Bitcoin ist derzeit in aller Munde.
Ich lese und höre natürlich auch viel. Doch in meinem Job als technischer Analyst versuche ich mich auf die harten Daten zu fokussieren. Das ist die reinste Form der Analyse.

Schauen wir etwas weiter: Wo sehen sie Bitcoin Ende Jahr?
Im Moment ist die technische Analyse sehr schwierig. Wir haben nicht viele Referenzpunkte und deshalb verkommt eine Prognose ein bisschen zur Kunst. Mein Tipp ist 80’000 Dollar gegen Ende des Jahres. ABER: Wird dieser Widerstand durchbrochen, kann es zu einer weiteren Kurs-Explosion kommen.

Und wohin geht die Reise längerfristig?
Das ist extrem schwierig zu sagen. Nimmt man an, das Wachstum verhält sich wie in den letzten Jahren, dann sind tatsächlich mehrere hunderttausend Dollar möglich. Die Bedingung ist aber, dass das Wachstum sich nicht verändert.

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80 Kommentare
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John Galt
11.01.2021 19:03registriert November 2014
Ich finde es immer wieder lustig, wenn „Finanzexperten“ irgendwelche Linien in Kursverläufe hinein zeichnen, hoffen dadurch Aussagen über den Kursverlauf machen zu können; als ob sich der Kurs an die Geometrie halten würde.
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chrissy_dieb
11.01.2021 19:07registriert Januar 2020
"Doch in meinem Job als technischer Analyst versuche ich mich auf die harten Daten zu fokussieren. Das ist die reinste Form der Analyse."

"Die Bedingung ist aber, dass das Wachstum sich nicht verändert."

Extrapolieren ist nicht schwer, Rendite machen aber sehr. 😂
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Ökonometriker
11.01.2021 19:01registriert Januar 2017
Hinter Bitcoin steht keine Finanzmarktaufsicht und das Gros der Bitcoin gehört einigen wenigen vollkommen anonymen Leuten. Die kleinen Spekulanten sind Marktmanipulationen schutzlos ausgeliefert.
Wer also kein Insiderwissen hat, sollte hier sehr vorsichtig sein.

Ein bisschen spekulieren kann lustig sein, aber für einen signifikante Beträge sollte man nicht zum Zocken verwenden.
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