Wissenschaft – und das ist diejenige ihrer Qualitäten, die Kreationisten am meisten verwirrt – ersetzt fortlaufend überholte Theorien durch bessere. «Opfer» dieses Vorgangs wurde auch unsere Vorstellung von den «schrecklichen Echsen» – das bedeutet der Begriff «Dinosaurier» wörtlich.
So zeigen ältere Darstellungen des Tyrannosaurus rex den fleischfressenden Giganten ähnlich wie ein Känguru aufrecht stehend mit dem Schwanz am Boden aufliegend. Später wurde dieses Bild korrigiert; die heute gültige Vorstellung sieht den Körper parallel zum Boden, und der waagrecht gehaltene Schwanz balanciert den mächtigen Kopf aus.
Die nächste Umgewöhnung betraf das Federkleid: Viele Dinosaurier waren gefiedert. Das ist kein Wunder, wenn man bedenkt, dass die Vögel im Grunde die heute noch lebenden Dinos sind. Ob auch der T-Rex so genannte Protofedern hatte, ist umstritten; grosse Tiere können Wärme besser speichern als kleine und benötigen daher nicht unbedingt ein Fell- oder Federkleid.
Nun droht eine neue Studie eine weitere lieb gewonnene Vorstellung über Dinos über den Haufen zu werfen: Das furchterregende Gebrüll, mit dem uns die Echsen in Filmen wie «Jurassic Park» (1993) Hühnerhaut machen, gab es womöglich gar nicht.
Stattdessen könnten zumindest einige der Riesenechsen eine Art Gurren von sich gegeben haben. Die Forscher der University of Texas Jackson School of Geosciences kommen zu diesem Schluss, nachdem sie die Artikulationsweise von Vögeln und nahen Verwandten der Dinos unter den heutigen Reptilien untersuchten.
Die meisten Vögel zwitschern und pfeifen mit offenem Schnabel, aber einige produzieren Laute bei geschlossenem Schnabel. Sie benutzen dazu den Kropf, den sie mit Luft füllen und zum Vibrieren bringen.
Die so entstehenden Töne sind eher tief und nicht so laut. Sie werden oft eingesetzt, um Partner anzulocken oder das Territorium zu verteidigen. Die bekanntesten Beispiele für diese Artikulationsweise sind das Gurren der Tauben und die Balzrufe der Strausse.
In ihrer Studie untersuchten die amerikanischen und kanadischen Wissenschaftler 208 Vogelspezies, von denen 52 etwas Ähnliches wie Gurren produzieren konnten. Eine wichtige Rolle scheint dabei die Körpergrösse zu spielen: Tauben gehören zu den kleinsten Vögeln, die solche Laute von sich geben können.
Auch bei den Krokodilen, den nächsten heute noch lebenden Verwandten der Vögel, gibt es eine ähnliche Form der Lautproduktion. «Unsere Resultate zeigen, dass sich bei den Archosauria – eine Gruppe, die Vögel, Dinosaurier und Krokodile umfasst – Vokalisierung bei geschlossenem Mund mindestens 16 Mal entwickelt hat», erklärt Chad Eliason, Mit-Autor der Studie, in einer Pressemitteilung.
Da viele Dinosaurier eine enorme Körpergrösse aufwiesen, liegt die Vermutung auf der Hand, dass auch sie diese Art der Lautäusserung entwickelt haben – auch wenn die Vorstellung eines gurrenden Tyrannosaurus rex einigermassen gewöhnungsbedürftig ist. (dhr)