Wissen
Food

Aggressiver Pilz TR4 bedroht die Banane - Notstand in Kolumbien

Wie Forscher versuchen, die Banane zu retten

Ein aggressiver Pilz könnte dazu führen, dass die typische «Supermarkt»-Banane ausstirbt. Kolumbien hat deswegen den Notstand ausgerufen. Forscher weltweit versuchen sich an neuen Züchtungen, auch mittels Gentechnik.
09.10.2019, 07:5909.10.2019, 08:07
Juliette Irmer / ch media
Mehr «Wissen»
A man sells bananas near a quarantined banana plantation affected by a destructive fungus near Riohacha, Colombia, Thursday, Aug. 22, 2019. A disease that ravages banana crops has made its long-dreade ...
Bild: AP

Der Schrecken aller Bananenbauern heisst Tropical Race 4, kurz TR4. Der Pilz befällt die Bananenstauden über deren Wurzeln: Die Leitbahnen verstopfen, der Wasser- und Nährstofftransport versiegt, die Pflanze vertrocknet. Einmal infiziert, sind Bananenpflanzen verloren, denn es gibt kein wirksames Mittel gegen den Pilz. Und er verbreitet sich extrem schnell. Etwas kontaminierte Erde, etwa an einer Bananenkiste, reicht aus, um den Schädling per Schiff oder Flugzeug über Kontinente hinweg zu verschleppen.

Bei Migros und Coop noch keine Engpässe

Im Juli wurde TR4, bislang vor allem in Asien und Afrika eine Plage, erstmals in Kolumbien nachgewiesen und hat damit den befürchteten Sprung nach Mittelamerika geschafft. Hier wächst die grosse Masse der Bananensorte Cavendish. Die Sorte stellt knapp die Hälfte aller Bananen weltweit.

Bei Coop und Migros, welche beide Cavendish-Bananen verkaufen, heisst es, noch seien keine Lieferengpässe zu befürchten. Wichtigste Importländer für die Schweiz sind die Dominikanischen Republik, Peru und Ecuador. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis TR4 sich auch in diesen Ländern ausbreitet.

Kulturbananen vermehren sich asexuell

Forscher weltweit arbeiten darum an einer Bananensorte, welcher der agressive Pilz nichts anhaben kann. Auf traditionellem Weg ist die Zucht neuer Sorten ungemein schwierig: Die hochgezüchteten Kulturbananen vermehren sich asexuell durch Schösslinge und bilden keine Samen.

Forschern des Taiwan Banana Research Institute ist schon vor einigen Jahren gelungen mithilfe der so genannten somaklonalen Selektion widerstandsfähigere Cavendish-Varianten zu erzeugen: Dazu isoliert man Zellen aus Bananenpflanzen und hält sie in Gewebekultur. Auf den Philippinen und in Mosambik werden diese Varianten mittlerweile in grossem Massstab angepflanzt. Ob sie für den Anbau in Australien und Mittelamerika geeignet sind, muss untersucht werden», sagt Altus Viljoen, TR4-Experte an der Universität Stellenbosch in Südafrika.

Würden Konsumenten Gen-Bananen kaufen?

Auch die Gentechnik hat Erfolge vorzuweisen. Forscher um James Dale von der Queensland Universität in Brisbane, Australien, haben eine TR4-resistente Bananenpflanze gezüchtet, indem sie das Resistenzgen einer Wildbanane in das Cavendish-Erbgut eingefügt haben. Die Ergebnisse des aktuellen Feldversuchs sehen vielversprechend aus. «Seit Kolumbien den nationalen Notstand ausgerufen hat, gehen die Anfragen durch die Decke», sagt Dale.

Doch genetisch veränderte Bananen haben ein ganz anderes Problem als TR4: «Wenn Verbraucher sie nicht essen wollen, hat eine resistente Pflanze keinen Wert», sagt Altus Viljoen. Tatsächlich gilt die Vermarktung genetisch veränderter Bananen als schwierig bis gesetzlich auch unmöglich.

Crispr-Banenen könnten einen Ausweg sein

Einen Ausweg könnte die Genschere Crispr darstellen: Genom editierte Pflanzen, die keine Fremd-DNA in sich tragen, zählen mittlerweile in einigen Ländern, etwa Amerika, Australien, Japan und Brasilien, nicht als genetisch veränderte Organismen, was die Vermarktung erleichtert. Europa und auch die Schweiz nehmen eine Sonderstellung ein, da solche Pflanzen hierzulande unter die Regularien des Gentechnikgesetztes fallen.

Genforscher James Dale versucht derzeit, das im Erbgut der Cavendish-Banane vorhandene, aber inaktive Resistenzgen gegen TR4 anzukurbeln. «Es wird aber noch ein paar Jahre dauern, bis wir einen Feldversuch starten können», sagt Dale.

In Monokulturen hat der Pilz leichtes Spiel

Im Kampf gegen den Pilz sollte man laut vieler Experten aber nicht nur auf Gentechnologie setzen. Auch die Anbaumethoden müssen sich grundlegend ändern. Für den Export setzt man weltweit fast ausschliesslich auf die Sorte Cavendish, die massenweise in Monokulturen angebaut wird. Da es sich auch noch um genetisch identische Klone handelt, haben Schädlinge allzu leichtes Spiel.

Mehr Vielfalt auf dem Feld und im Supermarkt würde helfen. Kleinbauern machen es vor: Sie pflanzen oft verschiedene Bananensorten und Getreide gleichzeitig an und sind vom Pilzbefall weniger betroffen.

Nichts aus der Geschichte gelernt

Das Auftauchen des aggressiven Pilzes TR4 in Südamerika und die damit drohende Ausrottung der Bananensorte Cavendish ist tragisch, weil es das alles schon einmal gab. Vor Cavendish war die verbreitetste Bananensorte die Gros Michel. Diese Banane wurde jedoch fast komplett von einer früheren Variante desselben Pilzes ausgerottet. Also sattelte die Bananenindustrie fast komplett auf Cavendish um, die bis in die 1990er als immun galt. (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Wetten, du errätst nie, wie unser Obst und Gemüse vor tausend Jahren ausgesehen hat?
1 / 12
Wetten, du errätst nie, wie unser Obst und Gemüse vor tausend Jahren ausgesehen hat?
Um was handelt es sich hier? Sternfrucht? Apfel? Feige?
quelle: wikimediacommons
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Statt sie wegzuwerfen macht Yves Chikuru aus Bananen Wein
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
24 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Ziasper
09.10.2019 08:10registriert September 2017
Ich würde viel lieber Crispr-Bananen essen, als die mit Pestiziden verseuchte, die wir momentan essen.
829
Melden
Zum Kommentar
avatar
so war es doch nicht gemeint
09.10.2019 08:30registriert September 2019
In Monokulturen hat TR4 leichtes Spiel.

Plantagenbesitzer wacht auf!
537
Melden
Zum Kommentar
avatar
Wasmanvonhieraussehenkann
09.10.2019 10:00registriert August 2019
Sollte ein abschreckendes Beispiel für andere Lebensmittel sein. Die Konzentration auf wenige Sorten einer Kulturpflanze (Weizen, Mais etc) birgt Risiken.
Ältere, robustere Sorten gehen laufend verloren. Spezifische Schädlinge können sich so - wie jetzt der TR4 - rasant ausbreiten
201
Melden
Zum Kommentar
24
Junge Menschen kommen erst spät in Kontakt mit Bücherlesen – Vorlesen hilft

Junge Menschen kommen heute später in Kontakt mit dem Bücherlesen als früher. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie «Bock auf Buch! – Wie junge Menschen heute Bücher finden und kaufen», die am Donnerstag während der Leipziger Buchmesse vorgestellt wurde. In Auftrag gegeben hatte die Studie der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen beim Consumer Panel Services GfK.

Zur Story