Ich gestehe, ich bin ein «Chili Head».
In jungen Jahren wusste ich wenig anzufangen mit Peperoncini und Co. Grösstes kulinarisches Wagnis war beim Italiener ein bisschen Olio Piccante auf die Pizza zu träufeln.
Heute gibts Chili zum Zmorge. Am liebsten frisch aus dem Garten. Hauchdünn geschnitten, aufs Honigbrot oder Rührei.
Zur Not tun's auch luftgetrocknete Chilis aus der Toscana, die zu feinem Pulver vermahlen wurden.
Damit sind wir bei den spannendsten Fakten angelangt. Und glaub mir, selbst wenn du bislang mit Chilis überhaupt nichts anfangen kannst: Weiterlesen lohnt sich!
Chilis sind die gesündeste Droge der Welt. Weil unser Gehirn die Schärfe als Schmerz verarbeitet, schüttet es körpereigene Schmerzmittel, sogenannte Opiatpeptide, aus.
Darauf folgen tatsächlich Glücksgefühle.
Chilis betäuben keine Geschmacksnerven, im Gegenteil:
Das Capsaicin regt nicht nur die Hitzerezeptoren im Mund an, sondern fördert auch die Durchblutung der benachbarten Geschmacksrezeptoren. Dies wiederum führt dazu, dass man auch weniger stark gewürzte Speisen besser schmeckt.
Chilis machen süchtig, aber nicht abhängig:
Für Anfänger: Wer wiederholt Chilis isst, macht die eigenen Schmerzrezeptoren von Mal zu Mal unempfindlicher.
Chilis – in vernünftigen Mengen konsumiert – sind gut für den Magen. Besser noch: Das in den Pflanzen enthaltene Capsaicin, ein Alkaloid, schützt die Magenschleimhaut gegen schädliche Folgen von Alkohol oder auch Aspirin.
Bei meiner letzten Vorsorgeuntersuchung (was Männer ab einem gewissen Alter tun sollten) fragte ich den Facharzt, ob ich wegen des häufigen und intensiven Chili-Konsums etwas zu befürchten hätte. Er verneinte und betonte, dass der Magen dadurch nicht angegriffen werde.
Wenn man es mit den Chilis übertreibt, können aber andere Schleimhäute gereizt werden. Schlimm ist das nicht, unangenehm unter Umständen schon 😱 (siehe Punkt 9, «Wie man(n) dank Chilis besseren Sex hat»).
Gut zu wissen: Die krebshemmende Wirkung von Capsaicin wird durch die Kombination mit Koffein verstärkt.
PS: Und wie schon unser Food-Experte Oliver Baroni empfohlen hat, helfen Chilis hervorragend gegen Kater.
Ich kenne einen Mediziner, der hat in seiner Praxis immer ein Gläschen Chilipulver griffbereit. Nicht etwa, weil er gerne scharf isst, sondern um Patienten das Leben zu retten.
Bei einem Herzinfarkt zählt jede Minute.
Ein Teelöffel Chili-Pulver in einem Glas mit warmem Wasser verrühren und der (wachen!) Person zu trinken geben. Als Alternative können auch einige Tropfen unter die Zunge geträufelt werden. Oder man reibt eine scharfe Salbe ein:
Eine 2013 in der wissenschaftlichen Zeitschrift «Circulation» publizierte Tierstudie ergab, dass Capsaicin-Salbe, die bei einem Herzinfarkt auf der Haut gerieben wurde, das Absterben von Herzzellen um 85 Prozent reduzierte. Die Ergebnisse veranlassten die Forscher, die Salbe zu empfehlen, um «das Ausmass und die Folgen eines Herzinfarkts» einzudämmen.
Die stimulierende Wirkung des Capsaicins hilft übrigens auch, Arterien zu erweitern, den Blutdruck zu regulieren, die Herzleistung zu verbessern und Blutgerinnseln vorbeugen.
Nichts für schwache Nerven! In eine offene Wunde gestreut, soll Chili-Pulver angeblich in wenigen Minuten die Blutung stoppen und dies passiere erst noch schmerzlos!?
Im folgenden Video erzählt ein Mann, wie er sich eine schwere Verletzung an der Hand zuzog und sich mit Chilipulver selber Erste Hilfe leistete. 😳 Das habe auch gegen den Schock geholfen. Und es habe überhaupt nicht «gebrannt».
Hat sich das tatsächlich so zugetragen und geholfen? Gegenfrage eines Mediziners: «Warum sollte man das machen, wenn es bewährtere Methoden gibt?»
Ganz sicher ist hingegen, dass Chilis gegen chronische Nervenschmerzen helfen, die für Betroffene unerträglich sind, etwa ausgelöst durch eine Chemotherapie, Diabetes oder Infektionen wie Borreliose, Gürtelrose oder HIV.
Last but not least: Chilis können Pilze und Bakterien im Verdauungstrakt abtöten. Auch das kann Leben retten, etwa in heissen Ländern wie beispielsweise Mexico oder Indien, wo das Risiko einer Salmonellenerkrankung sehr hoch ist.
Chilis sind nichts für Kinder.
Und man treibt damit keine blöden Scherze.
Beides kann gravierende gesundheitliche Folgen haben für die Konsumenten. Und das will wirklich niemand.
Die folgende Szene stammt zwar aus einer Hollywood-Komödie, hat aber einen ernsten Grund: Niemals sollte man jemandem ohne dessen Wissen scharfe Chilis verabreichen. Never!
Gut zu wissen: Schwangere und Stillende können Chilis ohne Bedenken geniessen, wenn sie sich dabei wohlfühlen.
Chilis stammen aus Südamerika: Um im feucht-heissen Amazonas-Klima ihr Überleben zu sichern, entwickelten sie im Laufe der Evolution den Anti-Schimmelstoff Capsaicin.
Capsaicin schreckt auch Nager und andere Säugetiere ab, die sich an den bunten Früchten laben wollen. Vögel hingegen reagieren nicht darauf, weil ihre Nervenzellen anders aufgebaut sind. Indem Chilis sich speziell Vögeln als Futter anbieten, erreichen sie eine weitere Verbreitung der Samen.
Statt im Schnabel entfalte Capsaicin seine Wirkung erst im Darm der Vögel, schreibt die NZZ: «Als Abführmittel sorgt es für eine beschleunigte Freigabe der Samen.»
Chilis gehören botanisch zur Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae). Wie die Engelstrompete. Oder die Kartoffel (siehe nächster Punkt).
Es herrscht viel Verwirrung um den Namen, dabei ist es eigentlich ganz einfach: Chilis sind Chilis und sollten meiner Meinung nach länderübergreifend so bezeichnet werden. Aber:
Das Schlamassel fing mit Kolumbus im 15. Jahrhundert an. Der berühmte Entdecker lag gleich zweimal falsch.
Wie wir wissen, landete Kolumbus nicht in Indien, sondern versehentlich in Amerika. Und er brachte neben der Kartoffel und verschleppten «Indianern» auch Chili-Schoten zurück.
Damals waren Chilis ausserhalb Südamerikas unbekannt. Das einzige scharfe Gewürz hierzulande war der «echte» schwarze Pfeffer, auf Lateinisch Piper Nigrum. Den konnten sich aber nur die Reichen leisten, denn die Pfefferbeeren wuchsen ausschliesslich an Büschen im fernen Indien.
Weil man die Pflanzen mit den scharfen Früchten für Verwandte des aus Indien bekannten Pfeffers hielt, gab man ihnen den Namen Pimienta (spanisch für «Pfeffer»).
Alles klar? 🙈
Chilis sind nicht nur unbedenklich für den Magen, sondern helfen im Gegenteil bei Verdauungsbeschwerden und Völlegefühl. Was man hingegen nicht in grossen Mengen konsumieren sollte, ist Tabasco. Die Sauce enthält hochkonzentrierten Essig, dieser kann Magen und Darm angreifen und – wie etwa übermässiger Aspirin-Konsum – zu Entzündungen führen.
Abgesehen davon habe ich etwas gegen E-Zusatzstoffe und Konservierungsmittel in Lebensmitteln und empfehle darum, Chili-Saucen am besten selber herzustellen. Das Kochen macht Spass und man weiss, was drin steckt. (Das Geheimrezept zu meiner Lieblingssauce verrate ich ein anderes Mal.)
Chili-Pulver in Demeter-Qualität gibts zum Beispiel beim italienischen Unternehmen Peperita. Die im Online-Shop gekauften Produkte werden zuverlässig in die Schweiz geliefert.*
Auch dort gilt: Von den künstlich gepushten Super-Picante-Saucen würde ich die Finger bzw. den Mund lassen.
Das gilt insbesondere auch dann, wenn man nach dem Essen noch anderes vorhat mit Mund und Zunge ...
* Welches ist dein bevorzugter Chili-Dealer? Hinweise (bitte mit Begründung) via Kommentarfeld!
Capsaicin steigert die Libido. Das Herz-Kreislauf-System wird stimuliert und gleichzeitig schüttet das Hirn Glückshormone (Endorphine) aus. Die Poren der Haut öffnen sich. Sie wird sensibler und reagiert empfindlicher auf Berührungen.
Und gegen die Erweiterung der Blutgefässe im ganzen Körper ist auch nichts einzuwenden, liebe Geschlechtsgenossen.
Interessant: Chilis heben den Testosteron-Spiegel. Oder ist es umgekehrt und steigert ein hoher Testosteron-Wert die Lust auf Scharfes? Forscher sind sich nicht sicher. Egal!
Mit Chili-Spuren an den Fingern sollte man keinesfalls intimere Körperregionen berühren. Wer für die Liebste oder den Liebsten kocht, trägt beim Chili-Rüsten Handschuhe!
Eiskaltes Bier. Spätestens beim zweiten Liter! 😉
Gut zu wissen: Capsaicin ist nicht wasserlöslich. Es löst sich aber sowohl in Alkohol wie in Fett.
Wer im Oktober Zeit hat, reist in die Toscana. Dort findet im historischen Stadtzentrum von Camaiore das «Festa Pic» statt. Ein zweitägiger Anlass, an dem sich alles um Chilis dreht. Informationen dazu gibts auf comune.camaiore.lu.it.