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Nachgewiesen: Kiffen erhöht Risiko für Schizophrenie

Schweizer Forscher beweisen definitiv: Kiffen kann schizophren machen

24.01.2017, 09:0024.01.2017, 15:25
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Kiffen erhöht tatsächlich das Risiko, an Schizophrenie zu erkranken. Eine internationale Studie mit Beteiligung von Lausanner Forschern weist einen ursächlichen Zusammenhang nach.

Epidemiologische Daten aus über 40 Jahren haben bereits stark darauf hingewiesen, dass ein Zusammenhang zwischen Cannabis und dem Schizophrenierisiko besteht – auch abhängig von der Dosis. Aber bisher konnte keine Studie nachweisen, dass Kiffen direkt für das Auftreten der Krankheit verantwortlich war.

Dies ist nun aber mit einer neuen Untersuchung gelungen, an der das Universitätsspital Lausanne (CHUV) beteiligt war. Die Studie basiert auf einer Methode, die als «Mendelsche Randomisierung» bezeichnet wird. Damit lässt sich der Einfluss eines Risikofaktors – in diesem Fall Cannabiskonsum – auf das Auftreten von Krankheiten – hier Schizophrenie – untersuchen.

epa05731095 (FILE) - The file picture dated 29 February 2016 shows medical cannabis in the Tikun Olam nursery in Birya, outside Safed, northern Israel. The German parliament legalized cannabis for med ...
Nicht nur heilbringendes Kraut: Forscher haben einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Cannabis und Schizophrenie nachgewiesen.Bild: JIM HOLLANDER/EPA/KEYSTONE

Falsche Rückschlüsse ausgeschlossen

Mit dieser Methode lassen sich falsche Rückschlüsse vermeiden, zum Beispiel, dass die Wirkung fälschlicherweise für die Ursache gehalten wird – in diesem Fall, dass ein erhöhtes Schizophrenierisiko der Grund für stärkeren Cannabiskonsum sein könnte. Der Trick besteht darin, genetische Marker zu verwenden, die statistisch mit dem Risikofaktor (Cannabiskonsum) in starkem Zusammenhang stehen.

Der Vorteil davon ist die Tatsache, dass diese genetischen Marker angeboren und zufällig in der Bevölkerung verteilt sind. Sie seien zudem nicht durch Umweltfaktoren beeinflusst, wie beispielsweise das familiäre Umfeld oder die sozioökonomische Situation, erklärte Studienerstautor Julien Vaucher vom CHUV gegenüber der Nachrichtenagentur SDA.

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Die Wissenschaftler stützten sich auf Daten aus einer Publikation von 2016, die einen Zusammenhang zwischen bestimmten Genvarianten und dem Cannabiskonsum bei 32'000 Studienteilnehmenden nachgewiesen hat. Die gleichen genetischen Marker wurden anschliessend in einem separaten Datensatz gesucht, der Erbinformation von 34'000 Patienten und 45'000 Gesunden umfasste.

An unnamed worker waters cannabis plants on Steve Dillon's farm in Humboldt County, California, U.S. August 28, 2016. REUTERS/Rory Carroll/File Photo
In einigen Staaten der USA und auch in Kanada ist die Legalisierung von Cannabis auf dem Vormarsch.Bild: STAFF/REUTERS

Risiko um 37 Prozent erhöht

Durch Kombination dieser Informationen aus zwei separaten Quellen kamen die Forschenden zum Schluss, dass Cannabiskonsum mit einem um 37 Prozent erhöhten Schizophrenierisiko einhergeht. Ähnliche Zahlen hatten auch frühere Beobachtungsstudien ergeben. Darüber hinaus wird der Zusammenhang auch nicht von anderen Faktoren beeinflusst, zum Beispiel Tabakkonsum.

«Diese robusten Resultate ergänzen die zahlreichen Studien auf diesem Gebiet und zeigen, dass die Verbindung zwischen Cannabiskonsum und einem erhöhten Schizophrenierisiko eine ursächliche ist», betonte Vaucher. Sie seien zudem wichtig für die öffentliche Gesundheit, um über die Risiken des Kiffens zu informieren.

Gerade weil diese Substanz eine Welle der Liberalisierung erlebt und zunehmend auch für therapeutische Zwecke verwendet wird, brauche es ein genaues Verständnis der Wirkmechanismen. Weitere Studien könnten beispielsweise ermöglichen, Warnhinweise für Gruppen mit hohem Risiko für Schizophrenie oder andere Störungen zu formulieren, so der Lausanner Experte.

Einfluss der Dosis nicht untersucht

Die in der Studie verwendete Methode erlaubte allerdings nicht, das Risiko in Abhängigkeit von der konsumierten Menge, der Art von Cannabis, der Art und Weise der Verabreichung oder dem Alter der Konsumierenden zu bestimmen, gab der Forscher zu bedenken.

Cannabis ist die am weitesten verbreitete illegale Droge mit schätzungsweise 182 Millionen Konsumenten im Jahr 2013. Andere Studien hatten bereits eine Beeinträchtigung der Signalübertragung im Nervensystem nachgewiesen, die mit der Entstehung psychotischer Störungen in Verbindung stehen, sowie einen Einfluss auf die Reifung der Hirnrinde bei Jugendlichen.

Ebenfalls zu der neuen Studie beigetragen haben britische und amerikanische Forschergruppen. Die Ergebnisse sind im Fachblatt «Molecular Psychiatry» erschienen.

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(leo/sda)

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121 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ruffy
24.01.2017 09:20registriert Januar 2015
Das Zebra neben mir meint das sei blödsinn..
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4-HO-MET
24.01.2017 09:31registriert April 2016
Wrong.
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tooempty
24.01.2017 11:00registriert Februar 2014
Ich bin ein dezidierter Befürworter der Legalisierung bzw. Entkriminalisierung von Cannabis, insbesondere aufgrund solcher Studienresultate. Es braucht zwingend mehr Forschung, um die langfristigen Auswirkungen des Konsums zu erfahren. Vor allem auch in Bezug auf die Höhe der Dosis.
Es ist unverantwortlich zu glauben, dass Cannabis keine negativen Auswirkungen haben kann. Aber weil die Substanz ohnehin konsumiert wird, braucht es gesicherte Informationen sowie Aufklärung darüber.
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