Am zweiten Tag der Beratungen zur Energiestrategie stand ein Kernstück zur Debatte: der Ausbau der erneuerbaren Energien. Die Förderung von Energie aus Wind, Sonne oder Biomasse wird aus dem Netzzuschlag finanziert. Nach dem geltenden Gesetz darf dieser maximal 1,5 Rappen pro Kilowattstunde betragen. Künftig sollen es 2,3 Rappen sein.
Der Nationalrat hat sich mit 105 zu 75 Stimmen bei 8 Enthaltungen dafür ausgesprochen. Die Ratsrechte wollte den Deckel bei 1,5 Rappen belassen. Aus Sicht der Befürworter der Energiewende würde dies aber einem Förderstopp gleichkommen, da auf der Warteliste für die Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) bereits über 36'000 Projekte stehen.
Diese Projekte könnten die drei ältesten AKW ersetzen, gab Kommissionssprecher Roger Nordmann (SP/VD) zu bedenken. Die Ziele der Energiestrategie könnten nur erreicht werden, wenn der Fonds mit genügend Mitteln ausgestattet werde. Der Strom werde dadurch nicht erheblich teurer. Energieministerin Doris Leuthard rechnete vor, dass die neue Obergrenze für einen Vierpersonenhaushalt maximal Kosten von 100 Franken pro Jahr bedeute.
Für stromintensive Unternehmen gibt es Erleichterungen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass sie im internationalen Wettbewerb nicht benachteiligt sind. Unternehmen, deren Stromkosten mindestens 10 Prozent der Bruttowertschöpfung ausmachen, erhalten den Zuschlag vollumfänglich zurückerstattet.
Für die Förderung erneuerbarer Energien soll nicht nur mehr Geld zur Verfügung stehen. Das System soll neu auch Anreize bieten, den Strom dann einzuspeisen, wenn dieser am dringendsten gebraucht wird. Der Nationalrat sprach sich hier mit Stichentscheid von Ratspräsident Stéphane Rossini (SP/VS) für das Konzept seiner Kommission aus.
Der Strom aus erneuerbarer Energie soll zu einem vom Bundesrat im Voraus für ein Jahr festgelegten Preis vergütet werden, wobei der Preis nach Lieferzeiträumen differenziert werden kann. Hinzu kommt eine Einspeiseprämie, die den Erlös aus dem Verkauf ergänzt und die Erzeugung von Strom zu Gestehungskosten ermöglichen soll. Die SVP und die FDP plädierten vergeblich dafür, das Fördersystem abzuschaffen.
Der Nationalrat hat ausserdem beschlossen, die wegen der tiefen Strompreise unter Druck geratene Wasserkraft stärker zu unterstützen: Auch grosse und kleinste Wasserkraftwerke sollen Gelder aus dem Fördertopf erhalten.
Schliesslich stellte sich der Nationalrat gegen zu viel Einmischung des Bundes. Nach seinem Willen sollen ausschliesslich die Kantone für die Planung des Ausbaus der erneuerbaren Energien zuständig sein – und nicht der Bund und die Kantone gemeinsam. Gemäss dem Vorschlag des Bundesrates könnte der Bund die Federführung übernehmen, wenn die Kantone kein Konzept dazu vorlegen.
Der Nationalrat hatte die Beratungen am Montag aufgenommen. Er hat bisher zwölf Stunden diskutiert. Geschafft hat er etwa die Hälfte, wie Ratspräsident Stéphane Rossini (SP/VS) sagte. Der Rat werde noch einmal zwölf Stunden benötigen. Die Debatte geht am Mittwoch weiter. (wst/sda)