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Wirtschaft

Immobilienmarkt Schweiz: Darum stehen Hochhäuser in der Agglo leer

Der Franklinturm in Zuerich Oerlikon des Architekten Armon Semadeni, fotografiert am Montag, 5. Februar 2024. (KEYSTONE/Christian Beutler)
An Bahnhöfen – wie hier in Zürich-Oerlikon – gehen auch neue Büroflächen gut weg. Schon in der Agglomeration sieht es schlechter aus.Bild: KEYSTONE

Firmen wollen moderne Büros an bester Lage – doch in der Agglo stehen die Hochhäuser leer

Firmen in der Schweiz mieten vermehrt kleinere, aber zentrale und moderne Büros. Davon profitieren nur einige wenige Städte, während in den Agglomerationen die Leerstände zunehmen. Für kleinere Firmen ist das eine gute Nachricht, für die Gemeinden nicht.
16.02.2025, 21:1516.02.2025, 21:15
Stefan Ehrbar / ch media
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Wer mit dem Tram vom Bahnhof Zürich-Oerlikon an den Flughafen Zürich fährt, wähnt sich in einem wirtschaftlichen Krisengebiet. In Dutzenden zum Teil brandneuen Bürogebäuden brennt kein Licht, an den Fassaden hängen Plakate: «zu vermieten». Fast nirgends in der Schweiz steht so viel Bürofläche leer wie im Zürcher Norden. Doch eine Ausnahme ist die Gegend nicht.

In der Schweiz gibt es insgesamt eine Bürofläche von etwa 60 Millionen Quadratmetern. Das entspricht etwa zweimal der Fläche der Stadt Luzern. Fast 3 Millionen Quadratmeter, also etwa 5 Prozent dieser Fläche, wurden laut der Immobilienfirma CSL im Jahr 2024 zur Vermietung ausgeschrieben. Damit standen noch einmal 5 Prozent mehr frei als 2023. CSL vergleicht jeweils den Zeitraum von April bis September.

Die Gründe für die Zunahme an nicht vermieteten Büroflächen sind vielfältig. In den letzten beiden Jahren wurden zwar weniger neue Büros gebaut als zuvor, doch noch immer resultierte ein Nettozuwachs. Gleichzeitig schwächte sich die Konjunktur ab. Weil mehr Angestellte im Homeoffice arbeiten, brauchen Firmen zudem weniger Büroflächen.

Keine Probleme an Bahnhöfen

Wenn sie Büros mieten, ist ihnen dafür eine zentrale Lage umso wichtiger. Davon profitieren einige wenige Orte: Die Stadt Zürich etwa, in der 2024 laut CSL 11 Prozent weniger Büroflächen leer standen respektive angeboten wurden als im Vorjahr, oder die Städte Lausanne und Genf mit 19 und 28 Prozent weniger Fläche im Angebot. In Agglomerationen und kleineren Städten hingegen sieht es düster aus.

Die CSL-Analysten schreiben in ihrem neuesten Bericht zum Immobilienmarkt, dass der Fokus der Mieter mehr denn je auf der Standortqualität liege. «Lieber etwas weniger Fläche, dafür perfekt gelegen, mit modernen Grundrissen und nachhaltiger Bauweise, lautet die Devise.»

Im Zürcher Norden zeigt sich exemplarisch sowohl die grosse Nachfrage an zentralen Standorten als auch die Misere in den Zwischenräumen. Am Bahnhof Zürich-Oerlikon, dem siebtgrössten der Schweiz, haben die SBB zwei Bürohochhäuser gebaut, die sie problemlos vermieten konnten. Nun planen sie bereits ein drittes. Der Flughafen Zürich, Inbegriff der guten Erschliessung, brachte 70'000 Quadratmeter Bürofläche in der neuen Riesenüberbauung «The Circle» ebenfalls problemlos unter die Leute.

Schon einige hundert Meter davon entfernt verwaisen die Büros. In Opfikon ZH stehen laut Daten des Immobiliendienstleisters JLL über 30 Prozent der Büros leer, Schweizer Rekord. In Zürich-Seebach, gerade mal 700 Meter vom Bahnhof Zürich-Oerlikon entfernt, hat die BVK die Reissleine gezogen. Nachdem die Credit Suisse als Mieterin zweier Bürohochhäuser wegfiel, baut die grösste Pensionskasse der Schweiz und wichtige Anbieterin von Gewerbeimmobilien einen grossen Teil der Fläche zu Wohnungen um, wie der «Tages-Anzeiger» berichtete.

Ähnliche Entwicklungen gibt es überall in der Schweiz. In der Agglomeration von St.Gallen verzeichnete CSL vergangenes Jahr eine Zunahme von 48 Prozent der ausgeschriebenen Büroflächen, in der Agglomeration Luzern eine von 24 Prozent. Vielerorts sinken deshalb auch die Mieten: Rund um Aarau, Chur, Schaffhausen oder Thun registrierte CSL einen sinkenden Trend. Flächen stehen zudem länger leer. Wer etwa Büros in der Berner Peripherie vermieten wolle, brauche «viel Geduld».

Rasche Entspannung ist nicht in Sicht. In den nächsten Jahren dürfte die Bautätigkeit eher wieder zunehmen. Eine gute Nachricht ist das immerhin für kleinere Firmen und Start-ups. Sie suchen oft günstigeren Büroraum in den Agglomerationen und sorgen «in der Peripherie für eine gewisse Nachfrage», wie CSL festhält.

Vermieter müssen mehr Risiken eingehen

Sie könnten nun «ihre Muskeln spielen lassen»: 80 bis 90 Prozent der Geschäftsmieter erwarteten mittlerweile Anreize von ihren Vermietern – etwa die Möglichkeit, Verträge nach wenigen Jahren auflösen zu können oder keine Rückbaupflicht nach dem Auszug. Vermieter auf der anderen Seite müssten «immer grössere Risiken eingehen, um ihre Flächen zu füllen».

Angesichts der Wohnungsnot in vielen Städten könnten sie sich die Frage stellen, ob sie dem Beispiel der BVK folgen und Büroräume in Wohnungen umwandeln wollen. Doch solche Projekte sind teuer und nicht automatisch rentabel. Wohnungen brauchen mehr Küchen, sanitäre Anlagen und Zugänge als Büros – und weil man Umnutzungen die Vergangenheit als Büros oft ansieht, gelten solche Wohnungen als schwieriger zu vermieten.

In Zürich-Seebach etwa wurde ein früher vom SRF genutztes Bürogebäude umgewandelt. Es entstanden 110 Loftwohnungen, die fast alle vermietet sind. Doch dafür brauchte der Vermieter für die Stadt Zürich unüblich viel Geduld – und erliess zwischendurch sogar zwei Nettomieten. Manche Immobilienbesitzer gehen deshalb rabiater vor: 300 Meter davon entfernt lässt die Pensionskasse von Coop mehrere Bürogebäude gleich komplett abreissen und stattdessen neue Wohnhochhäuser bauen.

Gemeinden leiden unter Büro-Flaute

Möglich ist dieses Vorgehen aber nur, wenn die Zonenordnung der jeweiligen Gemeinde eine Wohnnutzung erlaubt. Daran dürften viele Gemeinden ein Interesse haben. Leer stehende Büros werden für sie zum Problem – nicht nur wegen der fehlenden Steuereinnahmen, sondern auch wegen der Standortqualität.

Wenn weniger Angestellte in die Büros pendeln, besuchen auch weniger Menschen die Restaurants und Läden in deren Umgebung. Friseurgeschäfte, Fitnesscenter oder Bars haben weniger Kunden, die vor oder nach der Arbeit vorbeischauen, und müssen im schlimmsten Fall dichtmachen. Im öffentlichen Verkehr sind weniger Leute unterwegs, was zu einer Reduktion des Angebots führen kann.

Vor allem Agglomerationsgemeinden, die in den Boomjahren stark auf Büroliegenschaften gesetzt haben, leiden unter dieser Abwärtsspirale. Für sie kann es attraktiv sein, stattdessen neue Wohnquartiere zu entwickeln. Ansonsten bleibt nämlich nur die Hoffnung auf einen Aufschwung – oder dass den Firmen die Lust aufs Homeoffice vergeht. (aargauerzeitung.ch)

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61 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Stadt Luzerner
16.02.2025 23:17registriert Oktober 2021
Nutzt den Leerlauf und macht Wohnungen draus… Günstig vermieten. Sollte sich mehr lohnen als leerstände.
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Nirantali
16.02.2025 22:51registriert Juli 2020
Sinkende Mieten und in Wohnungen umbauen tönt doch gut, da hat es ja zu wenige.
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Th. Bollinger
17.02.2025 00:05registriert April 2018
umgekehrt gibt es jede Menge Villen, zum Beispiel hier in Bern, oder Altstadthäuser, die vollständig von Büros besetzt sind. Nie spielt dort ein Kind im Garten und die Liegenschaften sind am Wochenende total verwaist.
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