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Das bittere Scheitern, das nicht einmal Stoff für eine kernige Polemik gibt

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Simpson denkt über Rücktritt nach

Das bittere Scheitern, das nicht einmal Stoff für eine kernige Polemik gibt

Aus. Vorbei. Sean Simpson hat heute um 12.30 Uhr Sotschi-Zeit nach einem letzten Zusammenzug in der Kabine das olympische Abenteuer offiziell beendet. Nun überlegt er sich, ob er weitermachen soll.
19.02.2014, 12:0819.02.2014, 12:59
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Am Mittag kamen die Spieler noch einmal in die Kabine. Zu einer letzten Zusammenkunft. Und aus organisatorischen Gründen. Wer fliegt wann? Die NHL-Spieler fliegen heute Abend zurück. Die Schweizer am Donnerstag kurz nach Mittag.

Sean Simpson sagt, die Stimmung sei sehr gedrückt gewesen. Die Enttäuschung habe sozusagen die ganze Kabine gefüllt. «Wir sind alle sehr enttäuscht. Die Trainer, die Helfer und die Spieler.» Anschliessend gingen alle ihren Weg. Kein gemeinsames Essen. Sean Simpson sagt, die Leere sei schmerzhaft. «Es ist wie das Ausscheiden aus den Playoffs. Auf einmal ist alles vorbei und es gibt keine tägliche Routine mehr. Wir hatten ja wirklich für Mittwoch keinen freien Tag geplant, sondern das Spiel gegen Kanada.»

Wenn er jetzt zurückblickt, so bereut er nichts. «Ich würde alles wieder gleich machen. Die Selektion war richtig und wir haben während des Turniers alles getan, was möglich war.» Im Training sei intensiv an der Verbesserung der Chancenauswertung gearbeitet worden. «Wir haben alles getan, was möglich war. Aber so, wie in Stockholm alles für uns gelaufen ist, so war jetzt alles gegen uns. Nehmen wir als Beispiel die Linie mit Simon Moser, Martin Plüss und Nino Niederreiter. Vielleicht eine der besten Linien in diesem Turnier. Aber in dieser Zusammensetzung erzielten sie nur ein einziges Tor…»

Simpson weiss: Nur das Resultat zählt

Sean Simpson sagt, es habe keinen Versager gegeben. Er könne niemandem einen Vorwurf machen. «Wir haben vier gute Partien gespielt. Auch das letzte Spiel gegen Lettland war nicht so schlecht wie es sich wegen der Niederlage anfühlt. Die Letten haben so defensiv gespielt wie wir 15 Jahre lang.»

Die Partien gegen Schweden (0:1) und Tschechien (1:0) seien Spiele auf höchstem Niveau gewesen. «Wir hatten genug Chancen um gegen Schweden zu gewinnen – und dann wäre es möglich gewesen, die Vorrunde auf Platz 1 zu beenden, wir wären direkt im Viertelfinale gewesen und hätten gegen Slowenien ums Halbfinale gespielt. Ich will das nicht als Ausrede verstanden wissen und weiss sehr wohl: Nur das Resultat zählt. Ich will bloss zeigen, wie ausgeglichen ein solches Turnier ist und wie nahe Erfolg und Enttäuschung sind.» Er sagt, nicht ohne Sarkasmus: «Wir haben alles richtig gemacht und alles war gut. Bis auf das Resultat…»

Sinnbildlich für das Scheitern: Jonas Hiller und Roman Josi liegen im eigenen Tor.Bild: Reuters

Oder wäre es besser gewesen, die Mannschaft nach dem 1:0 gegen Lettland nicht umzustellen? Einfach cool weiterzuspielen und sich keine Gedanken über die Chancenauswertung zu machen? «Hinterher kann man alles in Frage stellen. Wir lernen aus diesem Turnier. Aber es bringt nichts, auf jedes ‹Hätte› und ‹Könnte› einzugehen und am Ende meine ganze Arbeit zu hinterfragen. Wie ich schon sagte: Ich bin überzeugt, dass unsere Selektion richtig war, dass wir uns nichts vorwerfen müssen. Ich werde nach meinen Grundsätzen weiter arbeiten.»

Tatsächlich gibt es keinen Grund für grundsätzliche Kritik. Sean Simpson hat keine Fehler gemacht, aus denen sich eine kernige Polemik machen liesse. Es gibt auch keinen Grund, einen Alarm auszulösen und den Untergang des Hockey-Landes auszurufen. Das Scheitern an diesem Turnier gibt dem Chronisten nicht einmal Gelegenheit, Konsequenzen zu fordern, Sündenböcke anzuprangern und Polemik zu entfachen. Wahrlich ein bitteres Ausscheiden.

Tritt Simpson jetzt zurück?

Und doch wird das bittere Scheitern in Sotschi womöglich weitreichende Folgen haben. Das Ende der «Ära Simpson», die mit der WM 2010 begann, ist nicht auszuschliessen. Zum ersten Mal sagt Sean Simpson, dass er vielleicht den Job als Nationaltrainer aufgibt. «Ich bin stolz, Nationaltrainer zu sein. Aber ich bin auch ein Coach, der die tägliche Arbeit mit einem Klubteam mag.»

Sean Simpson hat nichts falsch gemacht.
Sean Simpson hat nichts falsch gemacht.Bild: Keystone

Will das also heissen, dass er sich überlegt, den Ende Saison auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern? «Ja. Ich werde in den nächsten zehn Tagen einen Entscheid fällen.» Es sei absolut offen, wie dieser Entscheid ausfallen werde. Aber könnte er denn die Nationalmannschaft an der WM noch führen, wenn er bereits vorher entscheiden würde, nach dieser Saison nicht mehr weiterzumachen? «Ich habe mich ja noch nicht entschieden und deshalb habe ich mir diese Gedanken noch nicht gemacht…»

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