Der südkoreanische Präsident Yoon Suk Yeol hat am frühen Mittwochmorgen (Ortszeit) das Kriegsrecht nach einer Kabinettssitzung wieder aufgehoben.
Der Schritt erfolgte einerseits als Reaktion auf das klare Parlamentsvotum, welches eine Aufhebung durch den Präsidenten verlangte. Andererseits reagiert der Präsident so auch auf die massiven Bürgerproteste in Seoul und Umgebung.
Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol hatte am Dienstagabend (Schweizer Zeit) notfallmässig das Kriegsrecht ausgerufen – das erste Mal seit 1980. Er warf der südkoreanischen Opposition vor, das Parlament zu kontrollieren, mit Nordkorea zu sympathisieren und die Regierung mit staatsgefährdenden Aktivitäten zu paralysieren. Dies berichten verschiedene Nachrichtenagenturen.
Yoon machte die Ankündigung im Fernsehen. Der Schritt sei notwendig, um die verfassungsmässige Ordnung in Südkorea aufrechtzuerhalten:
#BREAKING: The #SouthKorean Army Special Forces broke windows of the Parliament building in #Seoul in order to enter it and prevent Parliament members from holding a session on order of the commander of the Martial Law, General Park An-Soo. pic.twitter.com/BBpe3V3xN2
— Babak Taghvaee - The Crisis Watch (@BabakTaghvaee1) December 3, 2024
Wie die Nachrichtenagentur Yonhap berichtete, stimmte das südkoreanische Parlament im Anschluss einstimmig dafür, das Kriegsrecht wieder aufzuheben. Die Armee hatte laut lokalen Medien verkündet, das Kriegsrecht trotzdem aufrechtzuerhalten, bis es der Präsident selbst wieder aufhebt.
Gemäss der südkoreanischen Verfassung ist der Präsident dazu verpflichtet, das Kriegsrecht aufzuheben, sobald das Parlament dagegen stimmt.
Das Parlament war zwischenzeitlich verriegelt worden, weder Abgeordneten noch sonst jemandem wurde Zutritt gewährt. Der Oppositionsführer richtete sich an das südkoreanische Volk mit den Worten: «Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, bitte kommen Sie zur Nationalversammlung.» Die Südkoreaner leisteten seinem Aufruf Folgeund zogen zu Tausenden zum Regierungsgebäude. Dort skandierten sie unter anderem «Verhaftet Yoon Suk Yeol!»
Protesters and soldiers are clashing in front of the parliament building in Seoul. pic.twitter.com/7gWAQfrAEk
— Clash Report (@clashreport) December 3, 2024
Zuerst war die konkrete Bedeutung des Kriegsrechts unklar. Der zum Oberbefehlshaber berufene General Park An-Su hatte im Anschluss «sämtliche politischen Aktivitäten» verboten – inklusive Parteiversammlungen und Bürgerprotesten. In einer Mitteilung verkündete der General, alle Medien und Nachrichtenportale stünden unter Kontrolle der Kriegsrechtlichen Kommandanten. Wer «fake News» verbreite, könnte ohne Haftbefehl verhaftet werden.
Auf Fotos und Videoaufnahmen war zu sehen, wie sich Militärfahrzeuge und Helikopter um das Regierungsgebäude positionieren. Die südkoreanische Währung Won hatte als Direkte Auswirkung der Ausrufung des Kriegsrechts massiv an Wert verloren, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete.
#BREAKING: Parliament building of #SouthKorea in #Seoul is now captured by the South Korean Army Special Forces. They used UH-60P Black Hawks helicopters for heliborne operation. pic.twitter.com/2dOQzaIBOw
— Babak Taghvaee - The Crisis Watch (@BabakTaghvaee1) December 3, 2024
Allen voran kritisierte die wichtigste Oppositionspartei den Schritt des Präsidenten: «Das Kriegsrecht ist ungültig und illegal, und der Präsident sollte zur Rechenschaft gezogen werden», hiess es in einer Erklärung der Partei, die von der Nachrichtenagentur Reuters veröffentlicht wurde.
Die Partei erklärte ausserdem, dass die Verhängung des Kriegsrechts verfahrensrechtlich ungültig sei, da sie ohne Kabinettssitzung erfolgt sei, und dass die derzeitige politische und soziale Lage nicht den in der Verfassung des Landes festgelegten Kriterien entspreche.
Kritik kam auch aus Yoons Regierung selbst. Der Vorsitzende der regierenden Partei, Han Dong Hoon, bezeichnete das Kriegsrecht laut lokalen Medienberichten als «falsch». Man werde es «gemeinsam mit dem Volk stoppen», sagte Han.
Die US-Regierung zeigte sich derweil beunruhigt. «Wir sind ernsthaft besorgt über die Entwicklungen, die wir vor Ort in Südkorea beobachten», hiess es vom Weissen Haus. Man stehe in Kontakt mit der südkoreanischen Regierung und verfolge die Situation genau, um mehr zu erfahren.
Die US-Regierung sei nicht im Voraus über die Ankündigung des südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol informiert worden, das Kriegsrecht auszurufen. US-Präsident Joe Biden wurde über die Ereignisse informiert, hiess es. Die USA sind der engste Verbündete Südkoreas. Fast 30.000 US-Soldaten sind dort stationiert.
Russland schaute nach Kremlangaben besorgt auf die Lage in Südkorea nach Verhängung des Kriegsrechts durch Präsident Yoon Suk Yeol. «Die Situation ist alarmierend. Wir beobachten das aufmerksam», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Russland und Nordkorea sind enge Verbündete. Die beiden Atommächte haben gerade eine strategische Partnerschaft besiegelt, die auch einen gegenseitigen militärischen Beistand im Fall eines Angriffs durch einen Drittstaat beinhaltet.
Präsident Yoon steht seit Monaten innenpolitisch unter Druck. Zuletzt hat ein mutmasslicher Korruptionsskandal rund um seine Ehefrau seine Beliebtheitswerte weiter gedrückt. Zudem streitet die amtierende Partei mit der Opposition um das Haushaltsgesetz für das kommende Jahr.
Seit Monaten haben sich zudem die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel erhöht. Nordkorea baute in den vergangenen zwei Jahren seine Raketentests deutlich aus und verschärfte seine Rhetorik gegen die USA und Südkorea. Zudem schickte Nordkorea laut Angaben des südkoreanischen Geheimdienstes und des US-Verteidigungsministeriums mehrere Tausend Soldaten nach Russland, wo diese mutmasslich auf einen Einsatz gegen die Ukraine vorbereitet werden.
(rbu/cpf) mit Material von sda und dpa
Südkorea hat ja selber eine zwiegespaltene Geschichte bezüglich Demokratie und Diktatur. Denke nicht, dass sich die jungen Südkoreaner die Demokratie einfach so nehmen lassen werden. Und von den Wehrpflichtigen sollte man eigentlich auch mehr Loyalität zur Demokratie als zu einem Präsidenten erwarten dürfen.
Oder für Star Wars Fans, ein Palpatine Move.