
Die Schauspielerin Grace Kelly, bevor sie Fürstin von Monaco wurde. In beiden Rollen war sie makellos. Bild: AP Lisa Lori Communications
23.03.2015, 14:4324.08.2018, 11:13
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Hundert Jahre Moderevolution
Coco Chanel findet Männermode die bessere Mode. Und gründet 1913 nicht nur Chanel, sondern erfindet auch die Bequemhose für die moderne Frau und das Deux Pièces mit Beinfreiheit.
Frivol und leicht: die Zwanziger
Die Schauspielerin Louise Brooks kommt zum Bubikopf. Und macht ihn durch ihren Film «Die Büchse der Pandora» zum Markenzeichen der vom Korsett befreiten Femme fatale. Oder des Vamps, der Männerverschlingerin, deren Namen seinen Ursprung im Wort Vampir hat.
Die Dandy-Dame der Dreissiger
Ganz im Sinn von Coco Chanel widmet sich die unkonventionelle Marlene Dietrich dem Hosenanzug. Der Great Gatsby kann auch eine Lady sein.

Marlene Dietrich.bild: bundesarchiv
Der erotische Augentrost der Vierziger
Rita Hayworth stript im Film «Gilda»! Allerdings legt sie dabei einzig einen schwarzen Handschuh ab. Aber das bringt die vom Krieg ausgelaugten Männer zur Raserei. Ihr Tanz ist das Vorbild von Bourlesque-Queen Ditta von Teese.

Rita Hayworth.Bild: AP
In den Fünzigern ist modisch vieles möglich
Im Westen viel Neues: Die putzige Balletttänzerin Audrey Hepburn, die es gern hochgeschlossen mag, präsentiert Ballerinas (von Ferragamo) und den süssen Gamine-Haarschnitt. Aber die Sexbomben greifen an: Brigitte Bardot brilliert mit Smokey Eyes, Dreiviertel-Jeans und zugespitztem BH, Marilyn Monroe macht auf dem Luftschacht in «Das verflixte 7. Jahr» das plissierte Halterneck-Kleid zum Must. Zum Glück gab's da noch Monacos makellose Fürstin Grace Kelly, der das Modehaus Hermès 1956 die Kelly Bag widmete.

Audrey Hepburn.Bild: KEYSTONE

Brigitte Bardot.Bild: EPA

Marilyn Monroe.Bild: AP NY

Grace Kelly.Bild: AP Lisa Lori Communications
Kürzer, dünner, Sechziger!
Eleganz hat einen Namen, nämlich Jaqueline Kennedy. Sie steht für Deux Pièce, schlichte Etuikleider und den Pillbox Hat, einen kleinen, randlosen Hut mit geraden Seiten und einem flachen Deckel. Sie macht den russisch stämmigen Modeschöpfer (und Ex-Verlobten von Grace Kelly!) Oleg Cassini zu ihrem Hausdesigner. Später werden die 60er zu den Sixties und die Mode flippt aus: Muster, Rüschen und Samt werden schick, Mary Quant erfindet den Minirock, die Augen werden riesig und die Frauen darin ganz knabenhaft gerade. Die Britin Twiggy wird zum Model der Stunde.

Jaqueline Kennedy (rechts) mit ihrer Schwester beim Staatsbesuch in Indien.Bild: AP

Mary Quant (rechts), die Erfinderin des Minirocks, mit ihren Models.Bild: AP

Twiggy.Bild: KEYSTONE
Die körperbetonten Siebziger
Veruschka war das Supermodel der 70er und schaffte es mit ihrer Grandezza, den Hippie-Chic der Strasse in die Sphäre der Haute Couture zu erheben. Doch das Jahrzehnt entwickelte sich weg vom Walle-Glitzer und hin zur körperbetonten Sportlichkeit: Die Schauspielerin Farrah Fawcett («Drei Engel für Charlie») machte den feuchten roten Badeanzug, der später «Baywatch» beherrschte und heute im Smithonian hängt, zum Signal für gesunden, föhn-ondulierten Sex. Und Jane Fonda brachte uns Aerobic, Trikots und Stulpen.
Thank God for PunkNEW WAVE!!!! – vor allem für Debbie Harry von Blondie, mit ihrem Leder, ihren Animal-Prints und ihren Wangenknochen, die uns auch heut noch erblassen lassen.

Veruschka von Lehndorff.bild: forum press/ rex features

Jane Fonda.Bild: AP

Debbie Harry.bild: Sheila Rock/Rex Features
In den Achtzigern ist die Postmoderne los
Die 80er erlauben alles und sind insgesamt nicht sehr geschmackssicher. Aber lustig und lustbetont. Lady Di trägt zwar auch noch Föhnfrisur, aber eine weitaus modernere, und ihre Kleider werden nach ihrem Tod wie Reliquien gehandelt. Das mitternachtsblaue Kleid von Victor Edelstein, in dem sie am 9. November 1985 beim Staatsbankett im Weissen Haus mit John Travolta tanzt, wird sofort als «Travolta Dress» weltberühmt. 2013 wird er für eine Viertelmillion Pfund versteigert.
Weniger Material gibt es bei Grace Jones zu sehen, aber die paar Gelenkschoner und das Brusttuch, die sie für ihr Plattencover zu «Island Life» trägt, illustrieren sehr schön ihren Sinn für körperliche und modische Geometrie und Assymetrie. Grace Jones ist die stilvollste Vertreterin der postmodernen Modemöglichkeiten der 80er. Ganz im Gegensatz zu Madonna, die damals noch restlos alles mixt, was die Mädchenfantasien hergeben. Und damit die Jeansläden der Welt restlos erobert.

Lady Di mit John Travolta.Bild: AP RONALD REAGAN LIBRARY

Madonna.Bild: AP
90er
Und dann kam Kate. Exakt 1990 eröffnete Kate Moss das neue Modejahrzehnt mit ihrem Indianerinnen-Cover von «The Face». Kate Moss, die vom Heroin Chic der kommenden Jahre verschattete Elfe, soviel mädchen- und zugleich jungenhafter als die anderen Supermodels, als Claudia Schiffer, Naomi Campbell oder Cindy Crawford. Soviel interessanter. Calvin Klein machte sie zur Ikone.
Und es kam Winona Ryder. Das Grunge-Mädchen, die Freundin von Johnny Depp (abgelöst wurde sie durch Kate Moss), die Heldin aus Slacker-Filmen wie «Reality Bites», aber auch aus grossen Kostümfilmen («The Age of Innocence», «Bram Stoker's Dracula», «Little Women») und aus «Alien: Resurrection». Wenn sie Armani trug, sehnten sich alle nach Armani. Und als sie später, nach ihrem Ladendiebstahl, in Marc Jacobs vor Gericht erschien, war das die beste Werbung für das Label.
Der Rest war Spass. Waren die Spice Girls, die wie britische Manga-Figuren auf die Welt niedersausten und sie für kurze Zeit zu ihrer Partyzone machten. Und Posh Spice Victoria entdeckte Ende der Neunziger, dass man aus diesem klobigen Fussballer namens Beckham ein ganz anständiges Sexsymbol basteln kann.

Kate Moss.Bild: the face

Winona Ryder.bild: jersey films

Die Spice Girls.Bild: AP PA
Die Hündchen und Schultern der Nullerjahre
Paris Hilton ist das erste grosse Ego-Projekt des neuen Jahrtausends und schafft es, immer auszusehen wie ihre eigene Wachsfigur. Ihr Stil: Irgendwie cheap. Ihr wichtigstes Accessoire: Das Handtaschenhündchen! Schon Tschechow schrieb eine Novelle mit dem Titel «Die Dame mit dem Hündchen», aber erst Paris Hilton machte dies zum Trend.
Tilda Swinton dagegen ist das Wesen vom Planeten Edel, vornehm von Geburt und von Gestalt. Sie verzichtet ganz auf Make-up und liebt die klare, strenge Linie. Ihre Auftritte sind ein Ereignis. Heute hat sie mehrere Werbeverträge.
Zum Ende des Jahrzehnts kommt Michelle, la belle, befreit die Schultern, zeigt Stärke, hat Mut zu ungewöhnlichen Farben wie Zitronengelb und Grasgrün. Sie beginnt mit dem Trend, den später Kate Middleton alias Duchess of Cambridge fortsetzen sollte, nämlich, ab und zu Kleider von der Stange zu kaufen.

Paris Hilton mit Hündchen.Bild: AP

Tilda Swinton.Bild: AP

Michelle Obama.Bild: EPA
Und heute?
Ob im Smoking, Männerhemd mit Krawatte oder Hoodie an der Comic-Con: Ellen Page ist das perfekte Nerd-Hipsterli-Mädchen. Patenter als Zooey Deschanel, die auch als Hipster-Ikone gilt, und stilistisch interessanter als Emma Watson, aber genauso engagiert.
Rasend traditionell dagegen die Duchess of Cambridge, aber Königshäuser sind nun mal die Horte einer hoffnungslos überlebten Gesellschaftsordnung. Und dafür macht es Kate doch ganz gut. An ihr sehen die klassischen Kleider, die an andern ältlich wirken würden, immer frisch und sehr elegant aus.
Keine andere rockt den Modezirkus heute derart wie Cara Delevingne. Ihre Grossmutter war Kammerzofe im Buckingham Palace, ihre Mutter Model. Sie selbst spielt gerne Schlagzeug und schafft eine Kreuzung zwischen den Po(p)-Posen einer Miley Cyrus und der Grandezza des Hauses Dior, dessen Botschafterin sie ist. Und damit schliessen wir – gute hundert Jahre nach Coco Chanel – mit einer weiteren Rebellin mit Stil. (sme)

Ellen Page.Bild: Getty Images North America

Kate, George und William.Bild: AP Pool PA

Cara Delevingne.Bild: Getty Images Europe