Gleich über zwei Volksinitiativen aus dem Gebiet des Tierschutzes darf das Schweizer Stimmvolk in den nächsten Jahren befinden. Vor zwei Wochen hat die Bundeskanzlei bekannt gegeben, dass sowohl die Pelz-Initiative als auch die Stopfleber-Initiative zustande gekommen sind.
Hinter den Anliegen steht der nicht gewinnorientierte Verein Alliance Animale Suisse. Er will sowohl den Import von Pelz als auch von Stopfleber aus tierquälerischer Produktion verbieten.
Wie eine repräsentative watson-Umfrage zeigt, befürwortet eine deutliche Mehrheit der Schweizer Bevölkerung ein Importverbot von Pelzprodukten, die von misshandelten Tieren stammen.
Signifikante Unterschiede zeigen sich beim Import von Stopfleber, die durch Zwangsfütterung von Tieren gewonnen wird. Während die Deutschschweizer Bevölkerung ein Verbot klar unterstützt, sind zwei Drittel der Romandie gegen ein solches Verbot.
Die Umfrage wurde zwischen dem 23. und dem 27. Februar in Zusammenarbeit mit dem Sozialforschungsinstitut DemoSCOPE durchgeführt. Teilgenommen haben 6248 Personen, sie ist repräsentativ für die Deutsch- und Westschweiz (mehr zur Methodik am Ende des Artikels).
Die wichtigsten Erkenntnisse der Umfrage:
Die Pelz-Initiative fordert, dass der Import von Pelzprodukten, die von misshandelten Tieren stammen, verboten wird. Zu den tierquälerisch erzeugten Produkten gehören alle Pelze, welche auf Pelzfarmen gewonnen werden und nicht dem Schweizer Standard entsprechen. Derzeit seien im Ausland keine Pelzfarmen bekannt, welche die Schweizer Standards einhalten würden, schreiben die Initianten.
Wie es weiter heisst, importiert die Schweiz pro Jahr rund 350 Tonnen Pelz, die Hälfte davon aus China. Rund 1,5 Millionen Tiere haben dadurch ein qualvolles Leben. Sie werden vergast, durch Elektroschocks getötet oder lebendig gehäutet.
Die Initianten betonen, dass die Initiative für ein Pelzverbot mit den internationalen Handelsverpflichtungen der Schweiz vereinbar ist. Die Fellverarbeitung von Schweizer Nutztieren oder rechtmässig erlegtem Jagdwild sei von der Vorlage ausgeschlossen.
Die Resultate der watson-Umfrage zeigen, dass eine Mehrheit der Schweizer Bevölkerung ein Importverbot für Pelz befürwortet. Allerdings ist die Zustimmung in der Deutschschweiz mit 93 Prozent («Eher Ja» und «Ja») bedeutend höher als in der Romandie (71 Prozent).
Die beiden Sprachregionen zeigen auch Unterschiede in Bezug auf die Entschlossenheit. In der Deutschschweiz wählten nur sechs Prozent die Optionen «Eher Nein» und «Eher Ja». In der Romandie waren es 24 Prozent.
Die Aufschlüsselung nach Parteinähe zeigt, dass die Initiative in allen politischen Lagern auf Unterstützung zählen kann. Am stärksten ist die Zustimmung bei den Wählenden der Grünen, dort sagen 97 Prozent «Eher Ja» oder «Ja» zu einem Importverbot von Pelz. Am geringsten ist die Zustimmung bei der FDP mit 71 Prozent.
Die stärkste Opposition («Nein» und «Eher Nein») gegen die Vorlage findet sich im Umkehrschluss ebenfalls bei der FDP (28 Prozent). Auch knapp jede vierte Person, welche die SVP wählt, ist gegen ein Importverbot für Pelz (23 Prozent).
Die Teilnehmenden wurden nach den Gründen für ihre Zustimmung bzw. Ablehnung der Initiative befragt und konnten jeweils sechs unterschiedliche Argumente der Wichtigkeit nach in eine Reihenfolge bringen.
Bei jenen Teilnehmenden, die die Initiative unterstützen, war der häufigste erstgenannte Grund, dass die Initiative das Tierleid reduziert – über alle politischen Lager betrachtet war dies das wichtigste Argument.
Danach folgen «Pelz ist unnötig» und «Pelz stammt aus Ländern mit wenig Tierschutz». Interessant ist der Ausreisser der FDP-Wählerschaft. Im Lager des Freisinns ist «Pelz stammt aus Ländern mit wenig Tierschutz» der zweitwichtigste Grund, die Initiative zu unterstützen.
Dass Pelz nicht mehr zeitgemäss ist, spielt bei den Umfrageteilnehmenden eine untergeordnete Rolle.
«Mir war nicht bewusst, wie tief die Stopfleber in die DNA des Welschen greift», sagte Martin Haab im vergangenen Jahr. Damals hat eine Motion des SVP-Parlamentariers im Nationalrat für hitzige Diskussionen gesorgt. Mit einem Vorstoss forderte Haab ein Importverbot für Stopfleber. Am Ende hat das Parlament lediglich eine Deklarationspflicht mit Hinweis auf Stopfmast verabschiedet.
Der oft zitierte Röstigraben zeigt sich auch in der watson-Umfrage – und wie. Während in der Deutschschweiz 89 Prozent ein Importverbot für Stopfleber unterstützen («Eher Ja» und «Ja»), lehnen 65 Prozent der Romands diese Vorlage ab («Nein» und «Eher Nein»).
Schaut man sich die Auswertung aufgeschlüsselt nach Parteien an, treten mehrere interessante Erkenntnisse hervor. Mehr als die Hälfte der Wählenden im Lager der FDP – 56 Prozent – ist gegen die Initiative («Nein» und «Eher Nein»). Dann folgt die Anhängerschaft der SVP mit 38 Prozent.
Im Gegenzug sind auch nur 44 Prozent des FDP-Lagers für ein Importverbot von Stopfleber («Eher Ja» und «Ja»). Bei der SVP ist die Unterstützung fast 20 Prozentpunkte höher (61 Prozent).
Die mit Abstand höchste Zustimmung für ein Stopfleber-Importverbot kommt aus dem Lager der Grünen (94 Prozent), bei der SP liegt dieser Wert bei 85, bei den Grünliberalen bei 87 Prozent.
Die Umfrage zeigt auch, dass die Meinungen Stand jetzt gemacht sind. Ausser bei den Wählenden der FDP beträgt der addierte Wert von «Eher Nein» und «Eher Ja» bei keiner Partei mehr als zehn Prozent.
Eindrücklich sind die Umfrage-Resultate in Bezug auf den wichtigsten Grund für ein Stopfleber-Importverbot. Über alle politischen Lager hinweg steht das Tierwohl im Zentrum, bei keiner Partei liegt der Wert unter 86 Prozent. Sämtliche restlichen Gründe sind nur von untergeordneter Relevanz.
Die beiden wichtigsten Gründe für eine Ablehnung sind bei beiden Initiativen liberaler Natur. Die Umfrage-Teilnehmenden sind der Meinung, dass ein Importverbot für Stopfleber und für Pelz nicht in die Verfassung gehört und generell nicht alles staatlich geregelt sein müsse.
Beide Volksinitiativen wurden vom Verein Alliance Animal Suisse lanciert, dahinter stehen mehrere Tierschutzorganisationen.
Die inhaltliche Nähe der beiden Vorlagen zeigt sich denn auch bei den Umfrageresultaten. Rund 73 Prozent der Teilnehmenden befürworten sowohl die Pelz- als auch die Stopfleber-Initiative. Berücksichtigt man zusätzlich diejenigen Personen, die bei einer oder beiden Initiativen «Eher Ja» ausgewählt haben, liegt die Übereinstimmung sogar bei fast 77 Prozent.
7,5 Prozent der Umfrageteilnehmenden lehnen beide Volksinitiativen klar ab («Nein»).
Durch die Importe in die Schweiz schaffen wir eine Nachfrage. Bei einem Importverbot sinkt die Nachfrage, daher müssen weniger Tiere leiden.