
Die SCL Tigers wollen den NLB-Titel im Hinblick auf die anstehende Liga-Qualifikation gegen die Lakers nur kurz feiern.Bild: KEYSTONE
Eismeister Zaugg
Nach einem grandiosen, hochstehenden
NLB-Finale gegen Olten haben wir endlich
Gewissheit: Diese SCL Tigers sind gut
genug, um in die NLA aufzusteigen.
Lakers, hütet euch an der Ilfis!
01.04.2015, 08:3601.04.2015, 10:54
Monatelang hatten wir nicht so recht
gewusst, wie wir diese Langnauer
einschätzen sollen. Sie dominierten die
NLB nach Belieben, standen schon im
Oktober praktisch als Qualifikationssieger
fest und sind erst im NLB-Final von
einem starken Olten erstmals in dieser
Saison echt gefordert worden. Aber nach dem
Final-Triumph über die famosen Oltner
wissen wir endlich, was diese Langnauer
sind. Chimären.
Chimären? Dieses Wesen ist nicht etwa
mit einer Mähre zu verwechseln. Der im
Emmental gebräuchlichen Bezeichnung
für eine Stute oder ein weibliches
Kaninchen. Eine Chimäre ist ein Fabelwesen aus der
griechischen Mythologie. Ein Link zu
dieser Mythologie passt ja gut zum
anstehenden grossen Drama um Triumph
oder Untergang gegen die Lakers.

Etruskische Bronze-Skulptur einer Chimäre aus dem 4. Jahrhundert vor Christus.Bild: De Agostini Editorial
Die Chimäre ist ein feuerspeiendes
Ungeheuer mit dem furchterregenden
Kopf eines Löwen und dem
zerbrechlichen Hinterleib einer Ziege. Besser könnten wir die Langnauer gar
nicht charakterisieren. Vorne ist diese
Mannschaft ein feuerspeiendes offensives
Ungeheuer. Rollende Angriffe mit vier
Linien haben diese Saison in der
zweithöchsten Liga jeden Gegner
zermürbt. Im siebten NLB-Finalspiel auch noch
die tapferen Oltner.
Fast wie das Tika-Taka des FC Barcelona
Diese Hockey-Fabelwesen von der Ilfis
mahnen an eine «Lite-Version» der ZSC
Lions. Der Schlüssel zu Langnaus Spiel ist
der Puckbesitz. Eine Hockey-Variante des
Tiki-Taka des FC Barcelona. Dieser
Spielstil basiert auf einem hohen Ballbesitzanteil der angreifenden
Mannschaft. Dabei befindet sich fast die
gesamte Mannschaft fortwährend in
Bewegung und lässt den Ball durch ihre
Reihen zirkulieren. Genau das tun die
Langnauer mit dem Puck und dominieren
so den Gegner.
Gesteuert wird dieses Spiel nicht von
Lionel Messi, sondern vom grossen
Steuermann Kevin Hecquefeuille. So wie
erst die Bassgeige Struktur in die
Örgelimusik bringt, so strukturiert der
Franzose das Offensivspektakel. Mit
einem Passspiel, das in seiner
Genauigkeit an einen Landvermesser aus
Hans Grunders Büro gemahnt.

Kevin Hecquefeuille mit dem NLB-Meisterpokal.Bild: Christian Pfander/freshfocus
Selbst mit grösster taktischer Klugheit
und Disziplin und hartem Einsteigen war
es den tapferen Oltnern nicht möglich,
die Emmentaler in einem hochstehenden
letzten Finalspiel aufzuhalten und den
feuerköpfigen Leitwolf Chris DiDomenico
zu neutralisieren und zu provozieren. Der
Kanadier fädelte das 1:0 ein und zog
fortan immer wieder so viele Gegner auf
sich, dass der von hinten aufrückende
Spielgestalter Kevin Hecquefeuille gleich
dreimal ins Netz traf.
Seine erste Strafe
kassierte Langnaus Topskorer erst im
Schlussdrittel. Als beim Stande von 5:2
alles schon entschieden war. Wahrlich,
diese feuerspeiende Offensive müssen
auch die Lakers in der Liga-Qualifikation
fürchten. Lakers, hütet euch an der Ilfis!
Hält Torhüter Ciaccio dem Druck stand?
Aber eben: Es gibt auch Schwächen.
Michel Zeiter, Vize-Bandengeneral bei
den Lakers, wohnte dem finalen
Schauspiel als Beobachter bei. Eine seiner
Schlussfolgerungen: «Hinten sind die
Langnauer verwundbar.» Man werde
deshalb am Donnerstag wohl mit zwei
ausländischen Stürmern antreten. «Es
wäre ein Fehlentscheid, als A-Klub zu
Hause gegen Langnau hinten reinzustehen.» Ein vorwitziger
Zaungast konterte diese Analyse mit der
Feststellung, die defensive
Verwundbarkeit treffe wohl auch auf die
Lakers zu – und Zeiter mochte nicht
widersprechen.

Die Defensive um Torhüter Damiano Ciaccio ist die grosse Schwäche der SCL Tigers.Bild: KEYSTONE
Aber wo der ehemalige ZSC-Kultstürmer
Recht hat, da hat er Recht. Die grosse
Schwäche der Langnauer ist die
Defensive. Das feuerspeiende offensive
Löwenhaupt hat nur den defensiven Leib
einer mageren Ziege. Eher schwach auf
den Beinen und beim Verteidigen des
Tores existenziell auf die Mithilfe der
Stürmer angewiesen.
Und der
unkonventionelle Torhüter-Stilist Damiano Ciaccio
kann zwar die unmöglichsten Dinger
halten. Aber er ist nicht gegen haltbare
Treffer gefeit. Immerhin hat er im siebten Spiel unter maximalem Erwartungsdruck
nicht versagt. Vielleicht doch ein
Hinweis, dass er mental robust genug ist,
um die Langnauer in die NLA zu bringen.
Zeiters Respekt ist gross
Und dann ist ja auch noch die kurze
Zündschnur von Chris DiDomenico. Frage
deshalb an Michel Zeiter: Welcher Spieler
der Lakers wird am Donnerstag den
Auftrag haben, den Kanadier zu provozieren?
Seine Antwort, kurz und bündig. «Alle.»
Die Frage ist allerdings: Werden wir am
Donnerstag zum Auftakt in der Diners Club Arena böse,
einschüchternde oder eher verzweifelte
Lakers sehen? Michel Zeiter ist sich seiner
Sache nicht ganz sicher. Er sagt: «Wir
müssen viel disziplinierter spielen als in
den Playouts gegen Ambri.» Es dürfe
nicht mehr vorkommen, dass einer so
ausraste wie Nicklas Danielsson im
letzten Spiel. Er lasse auch keine Kritik
an den Schiedsrichtern gelten. «Es mag
sein, dass dieses oder jenes Foul von
Ambri nicht gepfiffen worden ist. Aber
alle Strafen gegen uns waren korrekt. Wir
sind selber schuld.»

Michel Zeiter hat an der Ilfis spioniert und will seinen Spielern nun den richtigen Rat geben.Bild: Daniela Frutiger/freshfocus
Michel Zeiter ist nach seiner Entlassung
als Cheftrainer in Visp am 9. Dezember
2013 bei den Lakers Assistent von Anders
Eldebrink geworden. Er kennt die NLB
bestens und ahnt, dass es schwierig wird. «Als NLA-Team sind wir schneller und
robuster. Aber das Niveau dieses NLB-Finals war gut und die NLB-Spitzenteams
spielen inzwischen mit einer höheren
Intensität als noch vor zwei, drei
Jahren.»
Lahme Gäule statt Pegasus bei den Lakers
Eine wichtige Frage auch: Gelingt es den
Langauern bis zur ersten Partie am
Donnerstag in Rapperswil-Jona wieder «nachzuladen»? Die Spannung wieder
aufzubauen? Der NLB-Titel ist ein grosser
Triumph und doch nur ein Etappenziel auf
dem Weg zurück in die höchste Liga.
Sandro Moggi sagt, das sei möglich: «Wir
sind uns bewusst, dass es weitergeht und
haben uns auf diese Situation eingestellt. Wir gönnen uns nicht mehr als eine halbe
Stunde zum Feiern und dann beginnt
bereits die Konzentration auf das Spiel
am Donnerstag.»

Kann ein Lakers-Stürmer den Unterschied ausmachen?Bild: Michela Locatelli/freshfocus
Wenn wir schon die Langnauer mit dem
Fabelwesen Chimäre vergleichen, so
wollen wir doch nachsehen, ob wir in der
griechischen Sagenwelt auch die Antwort
auf die Frage finden, wie die Chimäre
besiegt werden kann.
Es ist nur möglich, die Chimäre mit Hilfe
des fliegenden Pferdes Pegasus zu
besiegen. Also ist es hilfreich, die
Kaderliste der Lakers hervorzukramen
und nachzusehen, ob wir darauf einen
Flügel oder Center finden, der uns
spontan an ein fliegendes Pferd denken
lässt. Aber die Schweizer Stürmer
mahnen irgendwie eher an, na ja, lahme
Gäule.
Alle Schweizer Eishockey-Meister seit Einführung der Playoffs 1985/86
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Alle Schweizer Eishockey-Meister seit Einführung der Playoffs 1985/86
2024: ZSC Lions, Finalserie: 4:3 gegen den Lausanne HC.
quelle: keystone / urs flueeler
Die Vegas Golden Knights mit Ersatzkeeper Akira Schmid gewannen in der dritten Partie der Playoffs-Viertelfinals erstmals. Der NHL-Champion aus dem Jahr 2023 besiegte die Edmonton Oilers 4:3.
In der Serie steht es nur noch 2:1 für die Kanadier, die die beiden ersten Spiele auswärts in Las Vegas gewonnen hatten.