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5 Gründe, warum es mich keine Sekunde überraschen würde, wenn Blocher die NZZ nimmt

Christoph Blocher am Rednerpult. 
Christoph Blocher am Rednerpult. Bild: KEYSTONE
Somm oder nicht Somm

5 Gründe, warum es mich keine Sekunde überraschen würde, wenn Blocher die NZZ nimmt

Christoph Blocher gehört die «Basler Zeitung». Und damit das Pfand, um seinen Intimus Markus Somm auf den NZZ-Chefposten zu hieven. 
12.12.2014, 18:2714.12.2014, 11:31
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Der NZZ-Chefredaktor Markus Spillmann ist zurückgetreten. Er wird per Ende Dezember sein Amt abgeben. So etwas hat es in der Geschichte der NZZ noch nie gegeben und bereits bevor die Meldung offiziell verbreitet wurde, machte das Gerücht die Runde, dass «Basler Zeitung»-Chefredaktor Markus Somm als Nachfolger Spillmanns gehandelt werde. Die Aufregung war sofort gross, denn Somm ist Blochers medialer Intimus. Somm in der NZZ bedeutet Blocher in der NZZ. 

Unmöglich sei dies, was nicht sein darf, kann nicht sein, rumort es auf allen Kanälen durch Branche und Wandelhalle. Tatsächlich ist es unwahrscheinlich, dass die NZZ-Führung gegen den Willen des Aktionariats einen so kontroversen Chefredaktor wie Markus Somm installiert. 

Aber es gibt gute fünf Gründe, sich ein bisschen auch auf das Undenkbare vorzubereiten: 

1. Wir reden von Blocher

Christoph Blocher befindet sich in seiner letzten Abwehrschlacht gegen sein Schreckgespenst EU. Er will Einfluss auf Leitmedien gewinnen. Dabei geht er geschickt vor und bis es irgendjemand merkt, ist es schon zu spät. Blocher hat sich über komplizierte Strohmannskonstrukte bereits die «Weltwoche» und die «Basler Zeitung» (BaZ) gekapert. 

Noch in bester Erinnerung sind die Medienkonferenzen zum Verkauf der Basler Zeitung Medien AG von der Basler Besitzerfamilie an angeblich den Anwalt Martin Wagner und den Financier Tito Tettamanti und später, als Blocher aufflog, zum angeblichen Weiterverkauf an Moritz Suter, der nie stattgefunden hatte. Kein noch so gescheiter und spezialisierter Medienjournalist hat durchschaut, was gespielt wird. Wirklich keiner. Deshalb ist es in der jetzigen Situation angezeigt, nichts auszuschliessen. Wirklich nichts. 

2. Die «Basler Zeitung»

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Bild: KEYSTONE

Die jüngste Finte Blochers war der angebliche Verkauf einer Zweidrittels-Mehrheit der BaZ an Chefredaktor Markus Somm und CEO Rolf Bollmann. Es ist aber natürlich nur auf dem Papier so, dass Somm und Bollmann zwei Drittel der Firma besitzen. Blocher steht mit seiner Robestate AG und den Liegenschaften der BaZ noch immer für Verbindlichkeiten bei Banken in Höhe von mehreren Dutzend Millionen gerade. 

Falls der NZZ-Verwaltungsratspräsident Etienne Jornod und CEO Veit Dengler sich die «Basler Zeitung» und damit den kommerziell interessanten Wirtschaftsraum 42 einverleiben wollen, dann hat Blocher ein schönes Pfand in der Hand. Jornod und Dengler kriegen die BaZ, Somm kriegt den Posten des publizistischen Leiters in der NZZ Mediengruppe. Einen ähnlichen Deal strebte Blocher bereits 2011 mit dem Verlagshaus AZ Medien (Mehrheitseigner an watson) an: Kommerzielle Hoheit beim Vertragspartner, publizistische Hoheit bei Blocher. 

3. Roger Köppels Editorial 

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Spillmanns Rücktritt machte die NZZ am Dienstagnachmittag um 15.04 Uhr publik. Die «Weltwoche» geht Dienstagnacht in Druck. Auch für Schnellschreiber Köppel ist es eine Herausforderung, nebst der Produktion eines Heftes in so kurzer Zeit ein neues Editorial zu schreiben. Aber er hat es geschafft und genau beschrieben, wer der neue Chefredaktor der NZZ werden müsste. Nach oberflächlicher Lektüre kann man sagen, Köppel habe sich mit dem Editorial selbst beworben. Wer es genau liest, kann keinen Zweifel daran haben, wen Köppel auf den NZZ-Thron schreiben will: Markus Somm.  

Es wäre nicht das erste Mal, dass Köppel in einem Editorial durchgibt, was Blocher bereits beschlossen hat. So hat Köppel die abrupten SVP-Kehrtwenden zur Herausgabe der UBS-Kundendaten an die Amerikaner und in der Abzocker-Initiative im Editorial der «Weltwoche» vorbereitet

4. Spillmanns Abgang 

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NZZ-Chefredaktor Spillmann ist tatsächlich zurückgetreten. Zwar hätte er aktiv vom Chefposten wegbefördert werden sollen, aber da hat er nicht mitgespielt. Ein Abgang innert eines Monats nach 12 Jahren Amtszeit ohne Präsentation eines Nachfolgers deutet darauf hin, dass der Verwaltungsrat Spillmann ein absolutes Horror-Szenario eröffnet hat. 

Offensichtlich will er sich nicht vorwerfen lassen müssen, er habe da noch mitgespielt und gute Miene zum bösen Spiel gemacht, bis allfällige Deals in trockenen Tüchern sind. Lieber verzichtet er auf Schweigegeld und lässt sein Management hängen, das nun unter grossem Druck und öffentlicher Beobachtung die Details seiner Nachfolge regeln muss. 

5. Blochers «Arena»-Bemerkung

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Bild: KEYSTONE

Auf die Frage von Moderator Jonas Projer, wann er das letzte mal richtig hart habe verhandeln müssen, sagt Blocher in der Arena vom 5. Dezember: «Darüber kann ich jetzt nicht reden, das sehen Sie dann in vier Wochen.»

Wer den Film gesehen hat, erinnert sich an die Szene in «L' Expérience Blocher», als sich Blocher im Fonds seines Wagens am Telefon diebisch über einen ganz grossen Coup freut. Es handelt sich offensichtlich um den bevorstehenden Angriff auf den Nationalbank-Präsidenten Philipp Hildebrand. Auf die Frage des Dok-Filmers, worum es bei dem Telefonat gegangen sei, sagt Blocher: «Darüber kann ich jetzt nicht reden, das sehen Sie dann am Freitag.»

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61 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Stefan Rüegger
12.12.2014 09:00registriert Januar 2014
Somm ist ein Marktschreier Blochers. Ihm fehlt nicht nur die Unabhängigkeit, sondern auch das Format, um Chefredaktor der NZZ zu werden.
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Hummuspolizei
12.12.2014 22:04registriert November 2014
Aufhören! Jemand sollte diesen irren, durchgeknallten Krawallanten rechts von der FDP mal endlich sagen, sie mögen sich eintun. Kein Tag vergeht ohne ihr primitives Mobbing! (oder hat das vermögende liberale Bürgertum zu sehr von neoliberalen Deregulierungsexzessen der letzten 30 Jahre profitiert?)
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hektor7
12.12.2014 07:57registriert August 2014
Es zeigt sich immer deutlicher, dass Blocher und seine Jünger für die Schweizer Printmedien die noch grössere Gefahr darstellen als die Digitalisierung.
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