«Schwarze Löcher sind eigentlich nur grau», titelt Welt.de und Spiegel Online schreibt: «Hawking definiert Schwarze Löcher neu». Der britische Astrophysiker macht wieder mal Schlagzeilen mit seinen ausgefallenen Ideen.
Ein kurzer Blick in die Medienberichte zeigt mir schnell, dass es hier um schwer verdauliche Kost geht: Begriffe wie Ereignishorizont, Quantenfluktuation oder metastabile, gebundene Zustände des Gravitationsfeldes sind mir ungefähr so verständlich wie eine Gebrauchsanweisung auf Koreanisch.
Dabei spricht alle Welt von Schwarzen Löchern, als sei es vollkommen klar, was damit gemeint ist. Loch und schwarz sind ja Wörter, die man aus dem Alltag bestens kennt.
Doch was ist ein Schwarzes Loch denn wirklich?
Ich wende mich vertrauensvoll ans Internet, das bekanntlich alles weiss. Google führt mich schnurstraks zum entsprechenden Wikipedia-Eintrag.
«Ein Schwarzes Loch ist ein astronomisches Objekt, dessen Gravitation so extrem stark ist, dass aus diesem Raumbereich nichts – auch kein Lichtsignal – nach aussen gelangen kann», lese ich da.
Na, dieser erste Satz ist ja gar nicht so schwierig, finde ich, und lese hoffnungsvoll weiter. Doch dann kommen wieder diese Kopfweh-Wörter: Raumzeit, wieder dieser mysteriöse Ereignishorizont und schliesslich ein Ungetüm, das mir den Rest gibt: Krümmungssingularität.
Der Artikel hat kaum angefangen, und ich muss schon passen. Entnervt scrolle ich noch kurz nach unten und treffe dort auf das Keine-Haare-Theorem. Wie? Sollte die Tatsache, dass ich eine Glatze habe, etwas mit einem Schwarzen Loch zu tun haben? Ich klicke die Seite weg.
Der Fall ist klar: Ich benötige professionelle Hilfe. Ein Anruf bei Bruno Binggeli, Professor am Department Physik der Universität Basel, soll Licht ins Dunkel bringen. Ein Schwarzes Loch, beruhigt mich Binggeli, sei eigentlich ganz einfach zu erklären: «Wenn Sie Materie zusammenpressen, wird die Dichte irgendwann so gross, dass die Fluchtgeschwindigkeit die Lichtgeschwindigkeit erreicht.»
Fluchtgeschwindigkeit? «Ja, die Geschwindigkeit, die man zum Beispiel benötigt, um eine Rakete von der Erde wegzuschiessen», erklärt Binggeli. «Nehmen Sie unsere Sonne als Beispiel: Wenn man sie auf eine Kugel mit drei Kilometer Radius zusammendrücken könnte, würde die Fluchtgeschwindigkeit der Lichtgeschwindigkeit entsprechen, und nichts könnte die Sonne mehr verlassen.»
Und was passiert dann? Gemäss der Einstein'schen Relativitätstheorie müsste diese komprimierte Sonne dann kollabieren und auf einen Punkt zusammenfallen. «Sie wäre dann gewissermassen nicht mehr da, ein Loch eben. Eine Singularität.» Oha, wieder diese Singularität – ich bin überfordert.
«Eine Singularität», versucht Binggeli mir beizubringen, «ist ein physikalischer Zustand, in dem eine bestimmte Grösse unendlich oder Null ist. Damit ist es unmöglich, Aussagen über die physische Beschaffenheit einer solchen Singularität zu machen.»
Mir raucht der Kopf. Diese verflixte Singularität! Wieder ist es da, dieses Gefühl, das der österreichische Schriftsteller Robert Musil in seinem Roman «Die Verwirrungen des Zöglings Törless» – es ging dort um Kant – so schön beschrieben hat: «(Ihm war), als drehe eine alte, knöcherne Hand ihm das Gehirn in Schraubenwindungen aus dem Kopfe.»
Doch was ist ein Schwarzes Loch denn wirklich?