Dass Mark Zuckerberg Whatsapp für 19 Milliarden Dollar gekauft hat, zeigt: Er hat begriffen, wie wichtig mobile Kommunikation ist. Was aber vom Facebook-Messenger seither zu sehen war, kann man beim besten Willen nicht als innovativ bezeichnen.
Nun hat Zuckerberg angekündigt, die App mit einer Bezahlfunktion auszustatten und sie für aussenstehende Entwickler zu öffnen. Offensichtlich im Bestreben, daraus mehr zu machen als nur ein SMS-Programm.
Diese Vision hat der chinesische Konzern Tencent mit Wechat auch – nur ist er um Längen voraus. Mit der Gratis-App kann man Taxis bestellen, Kaffees bezahlen und auf Jobsuche gehen.
Wechat hat gemäss der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua 600 Millionen User, das sind in etwa gleich viele wie der Facebook Messenger hat. Der Grossteil der User stammt aus China, aber auch in Indien verbreitet sich der Messenger rasant.
Wechat ist auch in der Schweiz verfügbar. Viele der speziellen Features funktionieren hier aber nicht. Und wer sie herunterlädt, muss sich bewusst sein: Die chinesische Regierung liest und hört bestimmt mit.
Bei den meisten Messengern kann man Text und Bilder verschicken. Auch Sprachnachrichten (die beim Facebook-Messenger übrigens eher schlecht als recht funktionieren) gehören zum Standartrepertoire.
Mit Wechat können User auch übers Internet telefonieren – wahlweise mit Bewegtbild. Zusätzlich gibt es eine «Walkie-Talkie»-Funktion für ein Live-Gruppengespräch.
Wechat ist ein Messenger, macht aber Sozialen Netzwerken direkt Konkurrenz. User können Statusmeldungen, Links und Bilder veröffentlichen, die bei ihren Freunden in einem Stream namens «Moments» angezeigt werden – bei dem sie liken und kommentieren können.
Dabei kann man Freunde taggen und Inhalte vor bestimmten Freunden verstecken.
Sogar Apps wie Uber macht Wechat Konkurrenz. Im Januar 2014 spannte Wechat mit der beliebten chinesischen Taxi-App «Didi Dache» zusammen.
Mit grossem Erfolg: Einen Monat später sind schon über 20 Millionen Taxis über Wechat bestellt worden, das sind durchschnittlich 700'000 Buchungen pro Tag.
Im Frühling des vergangenen Jahres führte Wechat schliesslich die Bezahlfunktion ein. Essenslieferdienste greifen darauf zurück und zum Beispiel auch der Starbucks-Konkurrent Pacific Coffee. Man braucht im Café das Portemonnaie gar nicht zu zücken.
Fastfood-Ketten und Restaurants benutzen Wechat auch, um virtuelle Gutscheine auszustellen. Dafür müssen die User einfach einen QR-Code einscannen.
Die kommerzielle Nutzung des Messengers, die Mark Zuckerberg anstrebt, ist in China schon weit fortgeschritten. Marken benutzen Wechat, um mit (potentiellen) Kunden zu kommunizieren und Marketing-Aktionen zu starten.
Im Rahmen einer Wechat-Kampagne zeigte zum Beispiel die Schweizer Uhrenmarke Montblanc den Usern Mondphasen an – die in der chinesischen Kultur eine grosse Bedeutung haben.
Weitere Beispiele, die der Blog Marketing China auflistet:
Unter dem Motto «Offline 2 Online» präsentierte eine Berufsmesse in Shanxi eine Wand voller QR-Codes: Wer sie mit Wechat einscannt, erhält Informationen zu offenen Stellen.
Wechat-QR-Codes sind in China sehr verbreitet. Man findet sie in Magazinen und Werbeplakaten. Wer sie einscannt, kann an Wettbewerben teilnehmen, erhält virtuelle Gutscheine oder kommt an zusätzliche Informationen.
Für alle, die keine Datenschutzbedenken haben (und das sollte man in China), bietet Wechat ein paar spannende soziale Funktionen. Zum einen den «Freund-Radar», der einem anzeigt, wer gerade in der Nähe ist. Es werden nur Kontakte angezeigt, die das Feature auch aktiviert haben.
Wer neue Leute kennenlernen möchte, hat zwei Möglichkeiten: Einerseits kann man sehen, wer sich gerade in der Nähe befindet und selbst auf der Suche nach neuen Kontakten ist. Oder man kann sich mit der «Schüttel»-Funktion mit jemandem irgendwo auf der Welt verbinden lassen, der sein Handy im gleichen Moment schüttelt.