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Irak

Abu Azrael, der irakische Rambo, lehrt den IS das Fürchten

Abu Azrael (vorne, zweiter von rechts) posiert mit seinen Fans.
Abu Azrael (vorne, zweiter von rechts) posiert mit seinen Fans.bild via Facebook

Gestatten, Abu Azrael: Der «irakische Rambo», der IS-Kämpfer «zu Mehl verarbeiten» will – und dies auch tut

01.09.2015, 06:5602.09.2015, 10:13
Kian Ramezani
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Wo Abu Azrael auftaucht, feiern ihn seine Fans und rufen «Illa Tahin!», arabisch für «Nichts ausser Mehl!». Doch der 40-jährige ist kein Popstar, sondern Offizier des Imam-Ali-Bataillons, einer mächtigen Schiitenmiliz im Irak. Abu Azrael bedeutet «Vater des Todesengels», und «Nichts ausser Mehl!» ist sein Wahlspruch: Genau das gelobt er mit seinen Feinden, den Kämpfern des Islamischen Staats zu machen. Sie zu pulverisieren.

Derlei martialische Rhetorik gepaart mit seiner Hünenstatur und regelmässigen Video-Updates von der Front haben ihm einen weiteren Übernamen eingetragen: Irakischer Rambo. Mit seiner Präsenz in den Sozialen Medien will er der IS-Propaganda-Maschinerie etwas entgegensetzen. Seine Facebookseite hat über 130'000 Likes.

An der Front mit Abu Azrael

«Wir übermitteln dem Feind eine Botschaft. Die sind nur hier, um zu töten und zu zerstören und filmen alles. Wir filmen auch, aber wir verteidigen die irakische Bevölkerung», sagte er kürzlich dem französischen Nachrichtensender France24, der ihn auf dem Weg an die Front begleitete.

«Wenn der Imam uns befiehlt, Richtung Saudiarabien und Mekka zu marschieren, dann werden wir das tun.»
Abu Azrael
Abu Azrael in einem Feuergefecht mit dem IS.YouTube/Stahlgewitter Syrien

Die irakische Armee, die im Verlauf des Eroberungsfeldzugs des IS einige schmähliche Niederlagen erlitten hat, ist für Verteidigung und Rückgewinn von Territorium auf die Hilfe von Schiitenmilizen wie jene Abu Azraels angewiesen. Darüber hinaus hoffen die Generäle, dass «Iraks Rambo» die Moral der Truppe hebt.

Das ist auch bitter nötig, wie eine Episode zeigt, die das Team von France24 an der Front erlebte: Plötzlich sind Schüsse zu hören, worauf Abu Azrael und seine Kämpfer losrennen und das Feuer erwidern. Die regulären Soldaten bleiben mehrheitlich stehen, einige wenige folgen ihm und feuern in die Luft. Ein weiterer geht mit, aber nur um die Szene mit seinem Handy zu filmen.

Bild
bild via facebook

Befehle aus Teheran

Abu Azraels Biografie illustriert die vielen Widersprüche und die vertrackte Situation im Irak: Seine ersten Kampferfahrungen sammelte er im Aufstand gegen die amerikanischen Besatzer, die heute den gemeinsamen Gegner IS aus der Luft angreifen. Ausgebildet wurde er laut eigenen Angaben von der Hisbollah im Libanon sowie im benachbarten Iran, das seine Miliz finanziert und vermutlich auch befehligt. Das ist vielen vor allem sunnitischen Irakern und auch den USA ein Dorn im Auge.

Aus seinen Sympathien für den Iran macht Abu Azrael keinen Hehl. In seinem einfach eingerichteten Wohnzimmer fallen zwei Fotos des iranischen Revolutionsführers Ajatollah Chomeini auf. Eines davon küsste er vor laufender Kamera. «Wenn der Imam uns befiehlt, Richtung Saudiarabien und Mekka zu marschieren, dann werden wir das tun. Ich verlange nur, als Märtyrer zu sterben», sagt er.

Kürzlich hat Abu Azraels Image als irakischer Nationalheld Risse bekommen, als er ein Video veröffentlichte, das punkto Grausamkeit jenen des IS in nichts nachsteht. Darin ist zu sehen, wie er eine verkohlte Leiche eines feindlichen Kämpfers in Stücke hackt. Unter dem Hashtag «Sunni verbrannt und mit Schwert in Stücke gehackt» wurde er dafür heftig kritisiert. Seine Replik: «Warum sollte ich einen [irakischen] Sunni verbrennen? Die waren aus dem Kaukasus.»

Menschenrechtsverletzungen hin oder her, momentan ist der irakische Rambo unverzichtbar. Ohne den 40-jährigen Familienvater und seine Kameraden in den zahlreichen Schiitenmilizen hat Bagdad dem Islamischen Staat, der noch immer weite Teile des Landes kontrolliert, wenig entgegenzusetzen.

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8 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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nixxda
01.09.2015 09:32registriert Juli 2014
Was für schwachsinnige Gefechte sind denn im Video zu sehen. Da wird sinnlos in die Luft geballert. Wenn der IS auch so schießt, trifft keine Seite den Gegner. Kein Wunder wenn die Gefechte noch lange weiter gehen. Es ist offensichtlich, dass diese Leute niemals richtig ausgebildet wurden. Die Gewehrmündung berührt niemals den Boden. Aber dem "Rambo" ist seine Knarre auf Dauer wohl zu schwer. Hauptsache als Märtyrer den Löffel abgegeben und vorher noch in sozialen Netzwerken zum Helden stilisiert werden.
Aber so funktionieren wohl die modernen Kriege.
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