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Brotz teilt in der Medienpaket-«Arena» aus

Sandro Brotz war in der Mediengesetz-«Arena» darauf erpicht, die Zügel nicht zu verlieren.
Sandro Brotz war in der Mediengesetz-«Arena» darauf erpicht, die Zügel nicht zu verlieren.Bild: screenshot: srf

«Sie spielen hier den weissen Ritter der Medienvielfalt»: «Arena»-Moderator teilt aus

Die Diskussionen um das Medienpaket waren schon vor der «Arena»-Sendung emotional. Besonders für einen Gast war Moderator Brotz gewappnet, unter Beschuss geriet allerdings ein anderer.
22.01.2022, 08:5425.01.2022, 23:46
Vanessa Hann
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Die Gemüter waren beim Schweizer Radio und Fernsehen schon vor der «Arena» zum Mediengesetz erhitzt. Ein Grund dafür war der kürzliche Auftritt von Ex-«Weltwoche»-Chef und Referendumsunterstützer Philipp Gut, der nun am Freitagabend erneut als Gast geladen war. Um kurz zu rekapitulieren: Guts Redeschwall führte die «Club»-Moderatorin Barbara Lüthi irgendwann dazu, ihn mit energischem Klopfen gegen die Plexiglasscheibe zum Schweigen zu bringen.

Hinzu kam der Streit darüber, ob der Mitte-Nationalrat Martin Candinas in der «Arena» auftreten darf. Die Regeln besagen eigentlich, dass in der ersten Reihe nur Politiker und Politikerinnen sprechen, welche die Meinung ihrer Partei vertreten. Die Mitte hat ihre Parole noch nicht gefasst, Candinas spricht sich für ein Ja zum Medienpaket aus.

Die Redaktionsleitung machte schliesslich eine Ausnahme mit der Voraussetzung, dass eine äquivalente Gegenpartei auftreten darf. Die verkörperte Marc Rüdisüli, Präsident Die Junge Mitte. Er sass zusammen mit Philipp Gut in der zweiten Reihe.

Im Ring selber traten SVP-Nationalrätin Esther Friedli und Peter Weigelt gegen die Vorlage an. Weigelt ist Präsident des Referendumskomitees. Für das Medienpaket argumentierte Candinas neben der Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Unterstützt wurden sie von der Rückbank aus von Martina Fehr, Direktorin des Medienausbildungszentrums MAZ und Presserat-Präsidentin, sowie Andrea Masüger, der im Präsidium des Verlegerverbandes sowie im Somedia-Verwaltungsrat sitzt.

watson und das Mediengesetz
Das Mediengesetz will zukünftig auch Online-Medien mit 30 Millionen Franken jährlich unterstützen. Online-Plattformen mit Einkünften aus Abos, Mitgliedschafts- oder anderen Beiträgen aus dem Publikum sollen für sieben Jahre Geld vom Bund erhalten. Für watson gilt dies nur theoretisch, weil die Förderung sich einerseits an den publikumsgenerierten Einnahmen bemisst (bei watson gering) und andererseits mit Höhe des Gesamtumsatzes inklusive Werbung (bei watson nicht gering) abnimmt.

Sollen die Schweizer Medien mit zusätzlichem Geld unterstützt werden oder wären das bloss verpulverte Steuergelder? Diese Frage wollte Moderator Brotz als Erstes mit der Medienministerin diskutieren. Sommaruga repetierte fast mantramässig, wie wichtig das Paket für den Erhalt von Lokalzeitungen, -radios und -fernsehen sei.

Ebenso repetitiv hielt die Gegenseite hoch, dass nicht die regionalen, sondern die grossen Verlagshäuser das meiste Geld absahnen würden. Mit diesem Hin und Her verging das erste Drittel der Sendung.

Erst als MAZ-Direktorin Fehr zu Wort kam, gewann die Diskussion an neuem Fahrtwind. Sie bezog sich auf das oft genannte Kontraargument, die Medien würden durch staatliche Subvention abhängig und unglaubwürdig. «Mir macht nicht der Staat Angst. Wer sich einmischt, ist der Werbekunde», so die Presserat-Präsidentin. Die Einflussnahme durch die Privaten sieht sie als grosses Problem.

Video: srf

Privatwirtschaftliche Abhängigkeit versus staatliche: Das ruft Ex-«Weltwoche»-Chef Philipp Gut auf den Plan. Es ist die Gelegenheit für ihn, den Ringier-Skandal nochmals aufzuwärmen. Wir erinnern uns: CEO Marc Walder sagte an einer Telefonkonferenz, die Ringier-Titel sollten die Pandemiepolitik der Regierung unterstützen. Für Gut das Zeichen einer gefährlichen Entwicklung: «Bereits jetzt rücken Konzernmedien nahe an den Staat.»

Brotz ist in Stellung, damit sein Berufskollege Gut nicht wieder in Monologe abschweift. Als Gut die nächste Anekdote beginnt von einem Kommentar, den er bei «20 Minuten» gelesen habe, stichelt Brotz: «Ist das für Sie eine Quelle als Journalist, eine Userin auf ‹20 Minuten›?»

Video: srf

Es war der erste Scharfschuss von Brotz, dem noch weitere folgen sollten. Für das «Eins gegen Eins» schnappte er sich nun den Chef des Referendumskomitees.

Weigelt war bis zu dem Zeitpunkt sehr zurückhaltend und sagte kaum etwas. Der ursprüngliche Primarlehrer und alt Nationalrat war selber einst Journalist und ist jetzt Verwaltungsratspräsident der Ostschweizer Medien AG. Zudem ist er Jäger, was Brotz zu Flachwitzen veranlasst: Weigelt habe das Mediengesetz «ins Visier genommen», allerdings «schiesse» er in der Beweisführung «daneben».

Weigelt gibt sich gelassen und gesteht auf Brotz' Frage hin, dass auch er vom Mediengesetz profitieren und er bei einem Ja ein Gesuch um Unterstützung stellen würde. Brotz hakt nach: «Wären Sie dann nicht abhängig vom Staat?» Weigelt entgegnet: «Die Abhängigkeit ist dort, wo die grossen Beträge hinfliessen. Das sind nicht wir.»

Brotz gibt nicht auf. Er verweist darauf, dass Weigelt die «Wiler Zeitung» verkauft habe: Ein grosser Verlag vereinnahmte ein kleines Regionalblatt. «Sie präsentieren sich hier als weissen Ritter der Medienvielfalt, aber als Unternehmer machen sie das Gegenteil», so Brotz.

Video: srf

Der Verleger verteidigt sich, er hätte sie nicht verkauft, wäre er von den Grossen nicht unter Druck gesetzt worden. «Wir wurden ausgetrocknet!» Brotz attackiert den Referendums-Chef weitere Male mit Fehltritten der Vergangenheit, die dieser mehr schlecht als recht rechtfertigen konnte.

Trotzdem zeigt sich Weigelt zufrieden. Es seien keine Mainstream-Fragen gewesen, bestätigt er auf die Nachfrage des Moderators. Überhaupt lief die «Arena» an diesem Freitagabend gesittet ab. Die Teilnehmenden liessen sich gegenseitig ausreden, die Argumente der Gegner waren etwas verzettelt, die der Befürworter repetitiv.

Die Gäste auf der Rückbank schafften es, viel mehr zu überzeugen als die in der ersten Reihe. Aufgefallen war auch Moderator Brotz. Er behielt die Zügel in den Händen und musste auf keine der Plexiglasscheiben im Studio 8 einhämmern.

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quelle: shutterstock / screenshot blick / bearbeitung watson
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114 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Massalia
22.01.2022 08:30registriert Juni 2021
Gut, Somm, Köppel und der ganze Rest der rechten "Journalisten"- bzw. Mediensippe sind doch einfach nicht ehrlich. Wenn nicht der reiche Märchenonkel aus Herrliberg ihren geistigen Erguss berappen würde, wären sie auch für Medienförderung. Dass die sich vermeintlich für staatliche Unabhängigkeit einsetzen würden, ist doch ein Witz. Gleichschaltung ist bei denen doch Programm, die Meinung soll aber eben nicht Bern, sondern Herrliberg vorgeben.
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FamilyGuy
22.01.2022 10:18registriert März 2020
Die Werbeeinnahmen gehen auf die Konten der internationalen Social-Media-Unternehmen, die in der Schweiz sehr locker besteuert werden. Mit gerechten Steuereinnahmen, könnte man die Pressevielfalt (nicht die Grossunternehmen) locker finanzieren… Die Film- und Kulturförderung wär auch gleich gedeckt.
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Thomas Melone
22.01.2022 14:19registriert Mai 2014
Am eigenartigsten fand ich Esther Friedli, die Frau eines Bauern, die sich vehement gegen Subventionen ausgesprochen hat.
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