Wirtschaft
Blogs

Bitcoin: Wie du ganz einfach von der Kryptowährung profitieren kannst

Bitcoin Experten Schweiz
Meine Interview-Partner von links nach rechts: Sina Meier, Rino Borini, Julian Liniger, Marc Steinerbilder: zvg
MoneyTalks

Wie auch du in Bitcoin & Co. anlegen kannst – und Fehltritte vermeidest

Ist Bitcoin reine Spekulation, Geld oder ein Ersatz für das klassische Sparen? Hast du nach dem letzten Hoch den Zug verpasst? Wie können «ganz normale Menschen» von Kryptowährungen profitieren? Experten geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.
21.01.2021, 13:5121.01.2021, 15:15
Olga Miler
Olga Miler
Olga Miler
Folge mir
Mehr «Wirtschaft»

«Ich kann mir eine Zukunft vorstellen, in der Bitcoin die Rolle als Weltwährung und als Wertspeicher übernimmt», sagt Julian Liniger, Gründer und Managing Partner bei Bravis und Mitgründer der App Relai. Marc Steiner, Bitcoinberater und Buchautor ergänzt: «Ich selbst habe einen signifikanten Teil meines Vermögens in Bitcoin investiert, ich sehe das für mich als eine einmalige Möglichkeit».

Visionäre? Idealisten? Oder ist da doch was dran an den Schlagzeilen und wir alle sollten uns mit Bitcoin & Co. beschäftigen, um den Zug nicht zu verpassen? Ich wollte wissen, wohin die Reise gehen kann und welche Möglichkeiten es heute für ganz normale Menschen gibt, in Bitcoin & Co. zu investieren.

Dazu habe ich Experten befragt, hier ist, was sie zu sagen hatten.

Was sind Kryptowährungen?

Kryptowährungen beruhen auf den Prinzipien von Verschlüsselung von Informationen (Kryptografie). Sie benötigen keine Banken, sondern die Daten von Inhabern und Transaktionen werden dezentral in einem Netzwerk (Blockchain) gespeichert. Angefangen hat das Ganze in den 90er-Jahren, 2008 stellte dann ein Mensch oder eine Gruppe von Menschen (die Identität kennt man bis heute nicht) unter dem Pseudonym «Satoshi Nakamoto» die Idee einer Kryptowährung vor: Der Bitcoin war geboren und macht eine rasante Entwicklung durch.

Welche Vor- und Nachteile hat der Bitcoin?

Heute gibt es viele und ganz unterschiedliche Kryptowährungen mit unterschiedlichen Charakteristiken, einige der grössten sind Ethereum, Dash, Ripple und wie sie alle heissen. Aber wie es Marc Steiner ausdrückt: «Bei Bitcoin spielt die Musik». In den letzten 5 Jahren ist der Bitcoin um mehr als 8000% gestiegen (BTC-EUR, Stand Jan 2021).

Die Experten waren sich einig, dass der Bitcoin viele Vorteile gegenüber anderen Kryptowährungen, aber auch traditionellen Anlagen und sogar Geld mit sich bringt:

  • Knapp: Mit 21 Millionen Bitcoins ist die Anzahl beschränkt, in diesem Sinn hat Bitcoin ähnliche Charakteristiken wie Gold. Wenn die Nachfrage steigt, steigt auch der Preis.
  • Dezentral: unabhängig von Banken und Regierungen, daher auch keiner Inflation und Negativzinsen ausgesetzt und zensurresistent.
  • Weltweit: Jeder kann mitmachen, in verschiedenen Teilen der Welt kann man nicht nur in Bitcoin anlegen, sondern auch wirklich damit bezahlen, sogar wenn man ein Haus kauft.

«Die anderen Kryptowährungen haben diese Charakteristika nicht. Sie eignen sich für kurzfristige Spekulation, aber nicht für langfristiges Sparen», sagt Julian Liniger. Das bestätigt Sina Meier, Managing Director, Head of Switzerland 21Shares AG: «Es gibt tausende verschiedene Kryptowährungen und die meisten davon sind nutzlos. Die, die ein reales Problem lösen (z.B. Ethereum), haben eine grosse Zukunft.»

Gegenüber traditionellen Anlagen hat der Bitcoin natürlich auch Nachteile: Er ist relativ neu und experimentell, die Regulierung ist noch in der Entstehung und kurzfristig gibt es sehr grosse Kursschwankungen. «Verluste von 40-50% sind realistisch», sagt Rino Borini, Gründer Finance 2.0, Unternehmer und Studiengangsleiter HWZ Zürich. Das muss man aushalten können.

Wie kannst du Kryptowährungen nutzen?

Zum einen sind Kryptowährungen wie Geld ein Zahlungsmittel, zum anderen kann vor allem der Bitcoin als Wertanlage sinnvoll sein. Die häufigsten Formen sind:

  • Direkt: Du kaufst direkt über einen Broker oder über eine Börse als Anlage oder als Zahlungsmittel. Schnellentschlossene können beim House of Satoshi an der Zürcher Langstrasse auch Geld in einem Bankomaten in Bitcoin umtauschen.
  • Indirekt: Du kaufst ein Zertifikat, das den Kurs nachbildet, oder du investierst in einen Fonds. Bei den Fonds gibt es z.B. aktive Fonds und ETP (Exchange Traded Product).

Was ist ein «ETP»?

Sina Meier erklärt: «Ein Exchange Traded Product ist ein Finanzinstrument, um Zugang zu exotischeren Anlageklassen wie zum Beispiel Gold, Rohstoffe oder eben Kryptowährungen zu erhalten. Da es für viele Anleger schwierig ist, direkt Gold oder Bitcoin zu kaufen, verpacken wir diese in eine ETP-Struktur, notieren diese an regulierten Börsen, so dass Anleger sicher in neue Anlageklassen investieren können. ETPs gelten überall als alternative Anlageklassen und haben in normalen Portfolios eher einen kleinen Anteil unter 5%.»

Allerdings sind die ETPs deutlich teurer als herkömmliche Exchange Traded Funds. Was erklärt den Preisunterschied?

Sina: «Unsere Produkte sind in der Tat deutlich teurer als normale ETFs, die gewöhnlicherweise 15 – 50 Basispunkte kosten. Der Grund für die erhöhten Kosten ist hauptsächlich, dass es eine komplett neue Infrastruktur benötigt, um einen ETP für Kryptowährungen aufzusetzen. Zudem sind die Returns in der Krypto-Asset-Industrie in der Tat deutlich höher (oder wenn es fällt, auch deutlich niedriger) als bei traditionellen Anlageklassen.»

Wieviel Bitcoin solltest du haben?

Untersuchungen haben gezeigt, dass sich eine Beimischung von Bitcoin positiv auf die Rendite auswirkt und das Risiko nicht erhöht. Bei einem Portfolio, welchem 5% Bitcoin beigemischt wurden, stieg die Rendite von 6,2% auf 7%, wobei das Risiko unverändert blieb. Der Grund dafür ist die geringe Wechselwirkung von Bitcoin mit anderen Anlagen. «Für diejenigen, welche an Bitcoin glauben, ist es das Sparkonto», sagt Julian Liniger.

Die Experten empfehlen:

  • Für alle, die beginnen: Mit einem Betrag anfangen, der nicht schmerzt, wenn du ihn verlierst.
  • Für das Portfolio: Je nach persönlicher Risikobereitschaft zwischen 1-5% in Bitcoin.
  • Langfristig anlegen: Hier unterschieden sich die Meinungen etwas und langfristig wurde als Zeitraum zwischen 3, 5 und 10 Jahren genannt.
  • Gestaffelt anlegen: Aufgrund der starken Kursschwankungen, ideal täglich, gut wöchentlich mit einem fixen Betrag.

Für fortgeschrittene Anleger empfiehlt Rino Borini die Core-Sattelite Strategie der klassischen Finanztheorie: Bitcoin beimischen zu den breit gestreuten Kernanlagen und experimentelle Satelliten nutzen für kurzfristigere Wertsteigerungen.

Zum Jahresbeginn war die letzte grosse Party, lohnt es sich noch einzusteigen?

Die grosse Kurssteigerung, die Bitcoin Ende Dezember/Anfang Januar durchgemacht hat, wurde durch Aktivitäten von institutionellen Investoren wie PayPal und grossen Versicherungen v.a. in den USA ausgelöst. Das steigert die Glaubwürdigkeit und erhöht die Nachfrage. Lohnt es sich, jetzt noch einzusteigen? Marc Steiner: «Wenn du zurückschaust, dann gab es immer Zeitpunkte, wo du wieder das Gefühl hattest, dass du es verpasst hast, egal was der Kurs damals war.»

Rino Borini meint: «Sich nicht von den Headlines leiten lassen. Wichtiger ist es, sich mit dem Narrativ von Bitcoin auseinander zu setzen. Glaubst du daran, was der Bitcoin ist? Wenn du davon überzeugt bist, dann ist langfristig ausgelegt und gestaffelt zu investieren extrem sinnvoll.»

Für eine langfristige Anlage empfiehlt Rino: «Bei einer diversifizierten Strategie, die professionell verwaltet ist, können 1-5% in Bitcoin sinnvoll sein.» Einig waren sich alle, dass die Marktkapitalisierung z.B. im Vergleich zu Gold noch relativ tief ist und weitere Kurssteigerungen möglich sind.

Auswahl an Tools und Büchern

Banken: Swissquote, SEBA (für Mittel-/Grossinvestoren und Fortgeschrittene geeignet), Maerki Baumann (Privatbank, für Grossinvestoren und Fortgeschrittene geeignet).

Broker: Bity, Bitcoin Suisse.

Crypto Finance Apps:
Relai (für Kleininvestoren und Anfänger sehr gut geeignet), Swissborg, Lykke.

Automaten: SBB, Vaerdex, Bity.

Bücher: Bitcoins verwahren und vererben, Marc Steiner; Der Bitcoin Standard, Saifedean Ammous.

Welche Fehler solltest du vermeiden?

Die am häufigsten genannten Fehler beim Einstieg in Bitcoin sind:

  • Nur investieren, ohne die Geschichte und die Philosophie von Bitcoin zu verstehen und ein Grundwissen darüber zu haben, wie du Bitcoin nutzen kannst und sicher damit umgehst.
  • Wegen der starken Kursschwankungen in Panik ausbrechen. Hier hilft, gestaffelt und regelmässig anzulegen. Wissensquellen und Empfehlungen nicht blind vertrauen: das Impressum prüfen, Standardwerke nutzen und mehrere Quellen konsultieren. Gute Inhalte gibt es z.B. bei 10x10.ch, BTCEcho.
  • Einem Betrug auf den Leim zu gehen. Leider gibt es das zu oft. Betrügerische Absichten erkennst du vor allem an Versprechen von grossen kurzfristigen Gewinnen und der Nachfrage nach immer grösseren Beträgen. Daher: Immer den Anbieter prüfen und sofort nachfragen, warum und für was überhaupt zusätzliches Geld benötigt wird.

Wohin wird die Reise gehen?

Bitcoin ist für diejenigen, die daran glauben, ein Game-Changer. «Ich habe viele spannende Technologien in meiner Ingenieurskarriere gesehen und mich hat nichts so sehr reingezogen wie der Bitcoin. Weil es menschlich und sozial so eine Sprengkraft hat. Ohne Gatekeeper, ohne Zentralbanken, es ist wie eine Revolution von unten. Ich glaube, Bitcoin wird sich als eine spannende alternative Währung etablieren», sagt Marc Steiner. Rino Borini sieht dazu zwei Entwicklungen: Konsolidierung, sprich Kryptowährungen, die auch wieder verschwinden, und solche wie der Bitcoin, die sich immer mehr etablieren – «das ist gekommen, um zu bleiben».

Und was meint Ihr?

olga miler, frauen und geld, blog, watson
bild: zvg
Olga Miler ...
... war über zehn Jahre in verschiedenen Funktionen bei der UBS tätig, unter anderem hat sie dort das Frauenförderungsprogramm und den UBS Gender ETF aufgebaut. Jüngst gründete sie das Start-up SmartPurse, eine Plattform, auf der sie digitale Kurse und Workshops zum Thema Finanzen für Frauen anbietet. Letztes Jahr schrieb Miler den watson-Blog «Frauen und Geld» und wird uns dieses Jahr mit «MoneyTalks» an ihrer Expertise teilhaben lassen.

Die reichsten acht Männer besitzen soviel wie die halbe Welt

Video: watson/Lya Saxer

Die grössten Spekulationsblasen und Börsen-Crashs

1 / 18
Die grössten Spekulationsblasen und Börsen-Crashs
Der Tulpenwahn in den Niederlanden gilt als die Mutter aller Finanzkrisen. Schon im 16. Jahrhundert entwickelte sich dort ein blühendes Terminwarengeschäft mit Blumenzwiebeln.
quelle: keystone / jean-christophe bott
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
82 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Myk38
21.01.2021 15:39registriert Juli 2017
@Olga Miler. Wiso immer nur Bitcoin? Was ist mit Bitcoin Cash oder Ethereum? Welche Börsen, Wallets würdest du vorschlagen betrf. Nutzerfreundlichkeit, Gebühren, einfache Auszahlung etc.? Du erwähnst ja bereits, das Grundlagenwissen wichtig ist, dann gib auch ratschläge.
969
Melden
Zum Kommentar
avatar
Flexon
21.01.2021 15:48registriert Februar 2014
Grösster Nachteil von Bitcoin ein komplettes No-Go in Klimaschutzzeiten: Energieverbrauch, der jedes Mass überschreitet. Wofür? Für nichts.
14467
Melden
Zum Kommentar
avatar
Ueli der Knecht
21.01.2021 15:46registriert April 2017
"häufigsten Fehler beim Einstieg in Bitcoin sind:
Nur investieren, ohne die Geschichte und die Philosophie von Bitcoin zu verstehen"

Genau! Wer Bitcoin wir die Autorin vorallem als Investment versteht, und die Möglichkeiten als Zahlungsmittel praktisch aussen vor lässt, der/die hat vom Evangelium reichlich wenig verstanden.

Um das Krypto-Evangelium zu verstehen, wäre besser, Blockchains wie Ethereum zu beleuchten, die besser für Smart-Contracts passen. Die sind schliesslich das Revolutionäre daran.

ETPs, die nicht als Blockchain-Smart-Contracts realisiert sind, sind Käse. Nix verstanden.
6921
Melden
Zum Kommentar
82
Gott lebt auch in 500 Jahren noch – zumindest in unseren Köpfen
Erstmals gibt es in der Schweiz mehr Religionslose als Katholiken. Was passiert, wenn die Säkularisierung weiter fortschreitet?

Eine Studie zur Entwicklung der Glaubensgemeinschaften in der Schweiz machte in diesen Tagen Schlagzeilen, weil erstmals Atheisten und Religionslose an der Spitze des Rankings auftauchten. Damit haben Menschen ohne Religionszugehörigkeit die Katholiken überholt.

Zur Story