Keine langfristige Prognose zum Angeklagten im Adeline-Prozess

Keine langfristige Prognose zum Angeklagten im Adeline-Prozess

16.05.2017, 17:20

Am zweiten Tag der Gerichtsverhandlung zum Tötungsdelikt Adeline haben zwei französische Experten keine langfristige Prognose zur Therapierbarkeit des Täters gestellt. Dieser verharrte am Dienstag auf seiner Verteidigungslinie.

Die beiden französischen Experten sehen den Angeklagten nicht im psychiatrischen Sinne als krank an, sprachen jedoch von einer krankhaften Persönlichkeit. Der 42-Jährige sei ein pervers gestörter Psychopath.

Die beiden Experten sehen ein hohes Risiko für Wiederholungstaten. «Kurzfristig ist die Gefahr sehr hoch, mittelfristig ist es schwierig- und langfristig unmöglich zu sagen», gaben die beiden Experten Daniel Zagury und Pierre Lamothe dem Gericht an.

Man müsse seine Entwicklung regelmässig überprüfen, sagten die beiden Gutachter. Diese Frage ist entscheidend bezüglich der Verurteilung zu einer lebenslänglichen Verwahrung. Am Vormittag wurde der Angeklagte erneut zum Vorwurf des Vorsatzes befragt.

Er beharrte auf seiner Verteidigungsstrategie, wonach er einzig die Flucht während des Freigangs geplant habe, nicht aber die Bluttat an der Sozialtherapeutin. Dabei verstrickte er sich aber in Widersprüche.

In seinem Tagebuch wurde nach dem Tötungsdelikt die Notiz «try to slayer before» (versuche vorher zu schlachten) gefunden. Das bezog sich auf den Fluchtplan, welcher vorsah, seine Ex-Freundin in Polen ausfindig zu machen.

Tötung auf Flucht «wahrscheinlich»

Laut Anklageschrift wollte der französisch-schweizerische Doppelbürger die junge Frau töten. Auf die Notiz angesprochen, sagte der Angeklagte am Dienstag, jemand auf der Flucht zu töten sei eine «wahrscheinliche Möglichkeit» gewesen.

Eine Tötungsabsicht wies der Angeklagte jedoch sofort zurück. «Das betraf nicht unbedingt Adeline», sagte er. Im Gefängnis hatte er sich wiederholt eine Szene aus dem Film «Braveheart» angeschaut, in der einer Frau die Kehle durchgeschnitten wird.

Der Angeklagte wies einen Zusammenhang mit den geschauten Filmszenen und dem Tötungsdelikt zurück. Bei Nachfragen wirkte der 42-Jährige am zweiten Prozesstag selbstbewusster und verschärfte den Tonfall, wenn ihm Fragen nicht passten.

Tötungsdelikt während Freigang

Der Angeklagte war wegen zwei Vergewaltigungen bereits zu insgesamt 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Vor dem Tötungsdelikt an Adeline befand er sich in Haft im Zentrum «La Pâquerette». Zur Bluttat kam es im September 2013 während eines Freigangs, bei dem der Angeklagte eine Reittherapie absolvieren hätte sollen.

Stattdessen bedrohte er die Sozialtherapeutin im Auto mit einem Messer und zwang sie, in einen Wald zu fahren, fesselte sie an einen Baum und schnitt ihr die Kehle durch. Danach flüchtete er nach Polen und wurde drei Tage später an der deutsch-polnischen Grenze festgenommen. (sda)

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