SGB-Delegierte unterstützen Reform der Altersvorsorge

SGB-Delegierte unterstützen Reform der Altersvorsorge

24.03.2017, 16:56

Die Delegierten des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) beschliessen die Ja-Parole zur Reform der Altersvorsorge. Der Entscheid fiel am Freitag mit 98 zu 21 Stimmen. Gleichentags gründeten linke Gegner der Reform aus der Westschweiz ein Referendumskomitee.

Die Rentenreform wird von SVP, FDP und Wirtschaftsverbänden bekämpft. Sie lehnen die Aufstockung der AHV-Renten um 70 Franken ab. Für SP, CVP und Grüne ist der Zuschlag das Zückerchen, das der linken Basis die bitteren Pillen der Reform versüssen soll: Frauen müssen künftig wie Männer bis 65 Jahre arbeiten. Zudem wird der Mindestumwandlungssatz in der obligatorischen beruflichen Vorsorge gesenkt, was zu 12 Prozent tieferen Renten führt.

Zahltag für Rechsteiner

Einer der Architekten dieser Lösung ist der SGB-Präsident Paul Rechsteiner. Für ihn ging es am Freitag um viel. Mit der Referendumskeule hatte der St. Galler SP-Ständerat das bürgerliche Lager gespalten und ein Bündnis mit der CVP geschmiedet.

Rechsteiner brauchte die Unterstützung der Delegierten, um sich und seinen Alliierten eine Blamage zu ersparen. Doch bei der eigenen Basis hatte er sich mit dem Einsatz für das höhere Frauenrentenalter und dem tieferen Umwandlungssatz angreifbar gemacht.

An der Delegiertenversammlung war von einer «antisozialen» Vorlage zu Lasten der Frauen die Rede. Die Kritik kam vor allem aus der Romandie. Der vom Parlament beschlossene Ausgleich für den tieferen Umwandlungssatz und das höhere Frauenrentenalter genüge nicht, sagte ein Genfer Delegierter. Daher brauche es ein Referendum.

Ein Waadtländer Gewerkschafter witterte Verrat. Die Delegierten hätten dem Vorstand nie den Auftrag gegeben, tieferen Renten und einem höheren Frauenrentenalter zuzustimmen.

Stunde der Pragmatiker

Das seien bittere Pillen, aber nur Teilaspekte der Vorlage, hielten andere entgegen. Heute gehe es um das politisch Machbare. Es gelte, die Reihen der Linken zu schliessen, sonst drohe ein Scherbenhaufen. Ein Nein würde nur der Rechten nützen und zu einer noch schlechteren Reform führen.

Begeistert war niemand, doch viele Delegierte hoben die Vorzüge der Vorlage hervor: Dank des gewerkschaftlichen Einsatzes und der guten Arbeit im Ständerat sei aus einer Abbau- eine Ausbauvorlage geworden. «Es ist vorbei mit dem Aushungern der AHV», stellte der Berner SP-Nationalrat Corrado Pardini mit Blick auf den Zuschlag fest.

Rechsteiner sprach von einer Weichenstellung für die Stärkung der AHV. Erstmals seit Jahrzehnten gebe es wieder mehr Lohnprozente für die Sozialversicherung. Die Vorlage sei ein«Mischpaket», doch sie lege den Grundstein für sozialen Fortschritt.

Gespaltene Linke

Am vergangenen Samstag hatten bereits die SGB-Mitglieder Unia und VPOD beschlossen, die Rentenreform zu unterstützen. Die SP will eine Urabstimmung durchführen. Geschlossen wird die Linke aber auf keinen Fall marschieren.

Noch am Freitag schlossen sich in Bern verschiedene Westschweizer Organisationen zu einem Referendumskomitee zusammen. «Die Reform, die vom Parlament beschlossen wurde, ist keine gute Reform, weder für die Rentner, noch für die Frauen oder für die Arbeitnehmenden», erklärte Manuela Cattani, Präsidentin der Genfer Gewerkschafts-Dachorganisation CGAS, vor den Medien.

Für sie steht die Angleichung des Frauenrentenalters nicht zur Debatte, so lange die Lohngleichheit nicht umgesetzt ist. Valérie Borloz vom Gewerkschaftsbund Waadt bezeichnete die Reform der Altersvorsorge als «Operation zur Rettung der zweiten Säule». Bei der AHV hätten sich bisher alle Katastrophenszenarien als falsch erwiesen.

Im Referendumskomitee vertreten sind derzeit neben der CGAS und dem Gewerkschaftsbund Waadt die VPOD-Sektionen Waadt und Genf, die Organisation solidaritéS, das Mouvement Populaire des Familles, die Partei der Arbeit oder die Rentnerorganisation AVIVO.

Ein Referendum wäre gar nicht nötig, um die Vorlage an die Urne zu bringen. Über die Verfassungsänderung, die für die Erhöhung der Mehrwertsteuer nötig ist, muss ohnehin abgestimmt werden. Weil das Parlament diesen Erlass mit der Gesetzesänderung verknüpft hat, gilt der Urnengang für beide Vorlagen. Die Gegner wollen trotzdem Unterschriften sammeln. Die Volksabstimmung findet am 24. September statt. (sda)

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