Joachim Ringelnatz war nicht nur Dichter, sondern auch ein erfolgreicher Maler. Doch im heutigen Kunstkanon kommt er kaum vor. Viele seiner Bilder sind verschollen. Eine Ausstellung im deutschen Solingen will das nun ändern.
Dichter humoriger Reime, anarchistischer Entertainer auf den Kabarett-Bühnen in Berlin, das ist das heutige Bild von Joachim Ringelnatz (1883-1934). Dass der ehemalige Seemann mit seinen sarkastischen Versen in der Weimarer Republik auch ein erfolgreicher Maler war, Freund von Otto Dix und George Grosz, weiss kaum noch jemand. Während die Gedichtbände bis heute verlegt werden, taucht der Name Ringelnatz im Kanon der Malerei nicht auf.
Kein Wunder, denn ein grosser Teil der von den Nazis als «entartet» gebrandmarkten Werke ist seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen. Nur bei knapp zwei Dritteln des Ringelnatz-Gesamtwerks von 213 Kunstwerken kennt man den Standort: Oft sind es Depots von Museen oder private Besitzer. Das im Dezember offiziell eröffnete Zentrum für verfolgte Künste in Solingen will Ringelnatz nun mit einer grossen Retrospektive als Maler rehabilitieren.
Für die Schau «War einmal ein Bumerang. Der Maler Joachim Ringelnatz kehrt zurück» hat das Zentrum Werke von Museen und privaten Sammlern bekommen, etwa aus dem Nachlass des 2015 gestorbenen Harry Rowohlt. Dessen Vater Ernst Rowohlt hatte die Gedichtbände von Ringelnatz auch nach der Machtübernahme der Nazis 1933 weiter verlegt - und dessen Bilder gesammelt.
Überhaupt nicht lustig
Schon 1923 stellte Ringelnatz bei dem berühmten Galeristen Alfred Flechtheim aus und verkaufte seine Kunst höchst erfolgreich. Der jüdische Sammler Westheim etwa erwarb den «Dachgarten der Irrsinnigen» (1925), ein Schlüsselwerk Ringelnatz' auf dem Weg zum eigenständigen Maler.
Auf dem Bild feiern Verrückte und Unglückliche ein makabres Fest, eine Mutter erschiesst ihre bereits strangulierte Tochter, einer springt in die Tiefe, Betrunkene werden zu Geistern. Die Bilder von Ringelnatz sind überhaupt nicht lustig, sondern oft unheimlich und beängstigend. (sda/dpa)