Die BDP-Spitze sieht im Rücktritt von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf auch eine Chance für die Partei. Weniger optimistisch beurteilt Politologe Georg Lutz die neue Ausgangslage für die Partei: Für die BDP gehe es nun ums Überleben.
«Die BDP verliert mit Widmer-Schlumpf ihre wichtigste, bekannteste Identifikationsfigur», sagte Lutz am Donnerstag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda. Widmer-Schlumpf habe der Partei regelmässig zu Aufmerksamkeit verholfen. «Das wird jetzt sehr viel schwieriger.»
Kleine Parteien hätten es allgemein sehr schwer zu überleben, sagte Lutz. Der BDP fehle es auch an Alleinstellungsmerkmalen. Die Schwierigkeit für die BDP liege jedoch nicht darin, Themen zu setzen, «sondern wie sie diese unter die Leute bringen kann».
Für die BDP werde es zudem schwierig, politisches Personal zu rekrutieren. In den BDP-Hochburgen Bern und Graubünden dürfte dies gemäss Lutz noch klappen, in den anderen Kantonen könnte es aber schwierig werden. Denn wer politische Ambitionen habe, beispielsweise auf ein Exekutivamt, werde vielleicht eher zur FDP oder zur CVP gehen, weil er sich dort bessere Chancen erhofft. «Das Anziehungspotenzial der BDP sinkt.»
Schwache Partner werden zusammen nicht stark
Dass die BDP vergangenes Jahr eine Union mit der CVP abgelehnt hat, bezeichnet Lutz als «verpasste Chance». Sie habe damit die CVP vor den Kopf gestossen und sei nun in einer schlechteren Position - umso mehr, als sie bei den Wahlen zu den Verlierern gehörte. «Das ist die Tragik: Fusionen kommen erst zustande, wenn beide Partner schwach sind.» Daraus entstehe keine starke Union, sondern eine schwache.
Lutz sieht angesichts der zersplitterten Mitte und ihren Verlusten bei den Wahlen grossen Handlungsbedarf für eine engere Zusammenarbeit. Dennoch sei er nicht sicher, ob der Leidensdruck gross genug sei, sagte Lutz. Die CVP sei in ihren Stammlanden nach wie vor in einer guten Position. «Das hält die Illusion aufrecht, dass sie eine wichtige Partei ist, und sie sich nicht bewegen muss.»
«Gut für die BDP»
Widmer-Schlumpf selbst sieht die Zukunft jener Partei, die ohne sie gar nie entstanden wäre, durchaus positiv. Sie sei überzeugt, dass der Rücktritt «gut für die BDP ist», sagte sie an ihrer Medienkonferenz vom Mittwoch.
Auch BDP-Präsident Martin Landolt sieht das Ausscheiden von Widmer-Schlumpf als Chance. «Wir waren in der Vergangenheit oft bloss die Widmer-Schlumpf-Partei», sagte der Glarner Nationalrat am Mittwochabend der sda. Er hofft, dass sich die Partei in Zukunft wieder mehr über Themen und eigenständige Positionen Gehör verschafft. (sda)