Der aus den USA «importierte» Black Friday hat sich innerhalb weniger Jahre zum vielleicht wichtigsten Shopping-Event des Jahres entwickelt. Kaum ein Geschäft kann es sich leisten, die Kundschaft am Tag nach Thanksgiving nicht mit Rabatten anzulocken. Und nach zwei Jahren Corona-Pandemie scheint die Ausgabefreudigkeit trotz Inflation besonders hoch zu sein.
So planen die Konsumentinnen und Konsumenten höhere Ausgaben als im vergangenen Jahr, ergab eine von der Prospekte-App Profital und dem Detailhandelsverband Swiss Retail Federation durchgeführte Umfrage. Am Black Friday möchten sie demnach durchschnittlich 427 Franken ausgeben. Männer zeigen sich dabei um einen Drittel spendabler als Frauen.
Die beiden letzten Jahre waren allerdings auch geprägt durch grosse Lieferprobleme, bedingt durch Corona-Lockdowns und «zerbrochene» Lieferketten. Gewisse Produkte waren gar nicht oder nur mit Verzögerung erhältlich. Zwar steht der Black Friday im Zeichen der Schnäppchenjagd, doch Lieferschwierigkeiten können sich auch darauf auswirken.
Wer ein bestimmtes Produkt sucht, hat unter Umständen nur eine bedingte Auswahl, und die angebotene Ware ist vielleicht schnell weg. Was aber ist 2022 zu erwarten? Die gute Nachricht: Es gibt weiterhin Engpässe vor allem bei Waren aus Asien, aber die Situation hat sich gegenüber den beiden vergangenen Corona-Jahren deutlich entspannt.
Die Lager sind häufig gut gefüllt. Was nicht heisst, dass das Problem überwunden ist. Laut der im September veröffentlichten Onlinehändlerbefragung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) klagt jeder vierte Anbieter über lange Lieferzeiten und Verzögerungen, und jeder fünfte über Rohstoffknappheit oder Verfügbarkeitsprobleme.
Die Schwierigkeiten werden auch in dieser Befragung vor allen in Fernost lokalisiert. China hält an seiner Zero-Covid-Politik fest, und die Überseefracht hat Schwierigkeiten wegen gesperrten Häfen und fehlenden Containern. Was aber heisst das konkret für den diesjährigen Black Friday? Ein Blick auf einige besonders «sensible» Produkte:
Haushalts- und Unterhaltungselektronik ist am Black Friday besonders begehrt. Und gerade in diesem Bereich ist am ehesten mit Engpässen zu rechnen. Die Lage habe sich gegenüber dem letzten Jahr «leicht verbessert, bleibt aber angespannt», heisst es auf der Website des Online-Händlers Digitec. Vor allem der Mangel an Halbleitern sorge in der Elektronikbranche für Probleme.
Die Chipkrise, die auch in der Autoproduktion für lange Lieferfristen sorgt, ist nicht überwunden. Besonders betroffen sind laut Digitec derzeit Smartphones, Tablets und Spielkonsolen. Hier könnte die Schnäppchenjagd schwierig werden. Digitec Galaxus verspricht dennoch in einer allgemein schwierigen Situation ein attraktives Sortiment.
Wer nicht auf ein bestimmtes Produkt fixiert und zu gewissen Abstrichen bereit ist, dürfte auch am Black Friday fündig werden. Ein Beispiel ist Apple, dessen Produkte eher im Premium-Segment angesiedelt sind. Wer nicht auf das neue iPhone 14 fixiert ist, kann bei älteren Apple-Modellen am Black Friday auf teilweise ansehnliche Rabatte hoffen.
Bei den Velos waren die Lieferengpässe im letzten Jahr teilweise dramatisch. Derzeit aber kämpft die Branche «eher mit dem Problem, dass für den Frühling georderte Ware wegen der Lieferprobleme erst im Herbst eingetroffen ist», teilte die Schweizer Fachstelle Velo & E-Bike mit. Also dann, wenn das Geschäft eigentlich gelaufen sei.
Die Fahrradlager seien entsprechend vielerorts gut gefüllt, heisst es weiter. Für die Branche ist das mühsam, für die Konsumenten aber keine schlechte Nachricht. Volle Lager bedeuten, dass sie am Black Friday unter Umständen mit schönen Rabatten rechnen können. Wer mit der Anschaffung eines neuen Velos liebäugelt, sollte die Augen offenhalten.
Das Weihnachtsgeschäft ist die Hochsaison der Spielzeugverkäufer. Da erstaunt es wenig, dass Eltern und Grosseltern schon am Black Friday Ausschau halten nach günstigen Angeboten. In den letzten beiden Jahren war das auch in diesem Bereich nicht einfach, denn ein beträchtlicher Teil der Spielwaren wird in fernöstlichen Ländern hergestellt.
Nun sind die Lieferschwierigkeiten nicht vollständig überwunden, sie sind jedoch «weniger kritisch als letztes Jahr», teilte der Spielwaren Verband Schweiz SVS auf Anfrage mit. Die Chance, etwas Schönes zu finden, sind somit intakt. Und wer für den Nachwuchs ein ganz bestimmtes Produkt sucht, wird sich kaum auf die Rabattschlacht einlassen.
Generell lässt sich somit sagen, dass das Problem nicht verschwunden ist, die Lage sich jedoch entspannt hat. Engpässe sind vor allem bei elektronischen Geräten zu erwarten. Viele Händler haben sich darauf eingestellt und frühzeitig ihre Waren bestellt. Der Schnäppchenjagd am Black Friday steht kaum etwas im Weg. Ob sie auch Sinn macht, steht auf einem anderen Blatt.
(pbl)