Bei einem Doppelanschlag der afghanischen Taliban in der Hauptstadt Kabul sind am Dienstag mehr als 20 Menschen getötet worden. Dutzende weitere wurden verletzt, wie die Behörden mitteilten.
Die Taliban erklärten, Ziel des Anschlags sei ein mit Mitarbeitern des Geheimdienstes NDS besetzter Minibus gewesen. Die Tat ereignete sich in der Nähe des afghanischen Parlaments während des nachmittäglichen Berufsverkehrs.
Unklar blieb zunächst die genaue Zahl der Opfer. Der Sprecher des Innenministeriums, Sedik Seddiki, sprach von 28 Toten, darunter 22 Zivilisten und Polizisten. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sprach von 30 Toten und 63 bis 78 Verletzten. Andere Behörden sprachen zunächst von 21 Toten.
Koordinierte Aktion
Offiziellen Angaben zufolge sprengte sich zunächst ein Selbstmordattentäter nahe des Parlamentsgebäudes in die Luft. Er sei zu Fuss gewesen. Als Sicherheitskräfte gekommen seien, sei eine Autobombe gezündet worden. Offensichtlich habe es sich um eine koordinierte Aktion gehandelt.
Innenministeriumssprecher Sedikki sagte, die erste Explosion sei vor einem Kleinbus, der vor dem Gebäude auf Mitarbeiter wartete, ausgelöst worden. Die meisten Opfer habe es an Bord des Busses gegeben. Die Opfer sollten nun identifiziert werden. Ob sich unter ihnen auch Abgeordnete befanden, konnte der Sprecher zunächst nicht sagen.
Nach Angaben eines Fotografen der Nachrichtenagentur AFP handelte es sich bei dem nachher explodierten Fahrzeug um einen Geländewagen. Der Parlamentsanbau liegt gegenüber der Amerikanischen Universität von Kabul, die im September Ziel eines schweren Attentats mit 16 Toten war.
«Riesige Explosion»
Ein Augenzeuge erzählte von einer «riesigen Explosion» am Tor des Parlaments. «Wir wollten gerade nach Hause gehen, da passierte es. Wir haben allein am Tor mindestens sieben Verwundete gesehen», sagte der Mann, der im Parlament arbeitet und ungenannt bleiben will. Zwei Parlamentarier seien mit ihren Leibwächtern ins Freie gelaufen. «Da kam, nach etwa fünf Minuten, eine zweite Explosion.»
Zur Zeit des Anschlags am späten Nachmittag standen an der Strasse wie immer viele Sammeltaxis und Minibusse, die auf Passagiere warteten. Weil Kabul kein funktionierendes Nahverkehrssystem hat, bringen private und staatliche Arbeitgeber ihre Angestellten in Bussen nach Hause.
Schlechtere Sicherheitslage
Der Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid erklärte, die Angriffe hätten auf ein Fahrzeug des afghanischen Geheimdienstes gezielt. Die Taliban-Rebellen hatten zuletzt im ganzen Land trotz des Winters ihre Angriffe verstärkt. Am Dienstag sprengte sich auch in Laschkar Gah in der südlichen Provinz Helmand ein Selbstmordattentäter in die Luft und tötete nach Polizeiangaben sieben Menschen.
Die wiederholten Angriffe verstärken die Sorge um die Verschlechterung der Sicherheitslage in Afghanistan. Die NATO hatte ihre Kampftruppen Ende 2014 vom Hindukusch abgezogen. Die US-Armee hat aber noch rund 10'000 Soldaten im Land stationiert, um die afghanischen Truppen in ihrem Kampf gegen die Aufständischen zu unterstützen.
Im Land tobt seit Jahren der Konflikt zwischen den Regierungstruppen und den radikalislamischen Taliban, die schätzungsweise etwa ein Drittel des Landes beherrschen. Zehntausende Afghanen haben deshalb Zuflucht in Europa gesucht. (sda/afp/reu/dpa)