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Regierungsstatthalter müssen auf die Suche nach neuen Asylunterkünften

Im Kanton Bern werden 1200 Plätze für Asyl- und Schutzsuchende gesucht. (Symbolbild)
Im Kanton Bern werden 1200 Plätze für Asyl- und Schutzsuchende gesucht. (Symbolbild)Bild: Keystone/MARCEL BIERI

Regierungsstatthalter müssen auf die Suche nach neuen Asylunterkünften

1200 zusätzliche Plätze für Asylsuchende braucht der Kanton Bern bis Ende September. Liefern sollen diese die Regierungstatthalter, unter anderem Stefan Costa aus dem Oberaargau, wo sich Wolfisberg zuletzt gegen eine neue Unterkunft wehrte. Costa will den Konsens mit den Gemeinden suchen. Ob er diesen findet, ist fraglich.
12.08.2023, 05:0512.08.2023, 05:28
Matthias Fuchser / ch media
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Was die Berner Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI) bisher nicht schaffte, sollen nun die Regierungsstatthalterinnen und -statthalter tun: Weitere Unterkünfte für Asylsuchende finden. Im Notfall sollen die Gemeinden auf deren und der Anweisung der Kantonsregierung zur Schaffung geeigneter Unterbringungsmöglichkeiten verpflichtet werden, teilte die GSI gestern mit. Mit dieser Massnahme sollen 1200 zusätzliche Plätze für Asylsuchende gefunden werden.

Stefan Costa ist Regierungsstatthalter im Oberaargau, also in jenem Verwaltungskreis, wo sich das 180-Seelen-Dorf Wolfisberg oberhalb Niederbipp mit Händen und Füssen gegen die Aufnahme von rund 120 Asylsuchenden wehrte. Bei der Frage, ob der Kanton die Verantwortung und Herausforderungen nun einfach an ihn und seine Kolleginnen und Kollegen abschiebe, schmunzelt Costa kurz und sagt: «Wenn man das so sehen will.» Sofort fügt er aber an: «Selbstverständlich schaffen alle Verantwortlichen zusammen. Und ja, wir als Regierungsstatthalter sind nochmals näher an den Gemeinden dran und das ist sicher auch der Hintergedanke des Kantons.»

Auch unterirdische Zivilschutzanlagen kommen in Frage

Die Zeit drängt, denn nach wie vor flüchten Leute aus der Ukraine und anderen Krisenregionen in die Schweiz. Deshalb geht der Kanton Bern davon aus, dass die verfügbaren ordentlichen Plätze in den Unterkünften in den nächsten vier bis sechs Wochen alle belegt sein werden und Notunterkünfte zum Einsatz kommen müssen. Auf Stefan Costa und seine Kolleginnen und Kollegen in den anderen neun Verwaltungskreisen wartet eine Herkulesaufgabe.

Einfach mit dem Kopf durch die Wand und einzelne Gemeinden zur Aufnahme von Asylsuchenden zwingen, wolle man nicht, so Costa weiter. Erste Priorität habe nun, dass man mit den Gemeinden eine konsensuelle Lösung finde und gemeinsam nach neuen möglichen Standorten für Asylunterkünfte suche, so Costa weiter und er betont dabei: «Ich will ehrlich sein, es wird auch ganz konkret um die bisher unbeliebten unterirdischen Zivilschutzanlagen gehen.»

Unterkunft in Wolfisberg nicht vom Tisch

Nach wie vor nicht ausgeschlossen ist, dass eine Asylunterkunft im ehemaligen Hotel Alpenblick in Wolfisberg entsteht. Allerdings ist laut Stefan Costa diesbezüglich noch ein Verfahren am Laufen. Die Gemeinde Niederbipp hat einen baupolizeilichen Stopp erwirkt, wobei es aktuell offen ist, ob dies die kantonale Direktion akzeptiert oder ob sie den Rechtsweg einschlägt. Ein Entscheid, der aktuell noch hängig ist.

Auch nach einem allfälligen juristischen Entscheid gegen die Gemeinde und zu Gunsten des Kantons. Dass alle Asylsuchenden, die dem Oberaargau zugeteilt werden, einfach diskussionslos nach Wolfisberg kommen, nur da man bereits Kenntnis von der möglichen Unterkunft habe, ist laut Stefan Costa nicht der Plan.

Er betont, dass man in den Verwaltungskreisen Lösungen suche, die für alle tragbar sind. Eines ist jedoch klar: Wenn diese nicht gefunden werden, kann die Kantonsregierung Gemeinden verpflichten, für bis zu zwei Jahre Unterkünfte zu schaffen. Die Regierungsstatthalter haben die Kompetenz, die entsprechenden Unterkünfte ohne das Einverständnis der Gemeinde zu benennen.

Solidarität zwischen den Verwaltungskreisen

Um die Akzeptanz für solche Entscheide zu verbessern, hat der Kanton Bern einen Verteilschlüssel erarbeitet, der die Zahl der Asylsuchenden anhand der Bevölkerungszahlen in den entsprechenden Verwaltungskreisen definiert. Bereits bestehende Asylplätze werden berücksichtigt, was bedeutet, dass die Kreise Berner Jura, Emmental, Frutigen-Niedersimmental, Interlaken-Oberhasli aktuell keine neuen Plätze stellen müssten. In allen anderen fordert der Kanton zwischen 50 und 300 Plätze.

Ob diese vom Kanton kreierte Solidarität zwischen den Verwaltungskreisen, die Akzeptanz bei der Bevölkerung der konkreten Gemeinde steigert, die am Ende Standort einer neuen Asylunterkunft wird, ist fraglich. Ein ähnliches Prinzip innerhalb des Verwaltungskreises, sprich dass jede Gemeinde einen Teil der Asylsuchenden aufnehmen würde, ist laut Stefan Costa kein gangbarer Weg: «Die Verteilzahlen würden so klein, dass die Umsetzung nicht mit einem vertretbaren logistischen Aufwand vereinbar wäre.» Sprich: Gesucht sind grösser Gebäude oder Anlagen in einzelnen Gemeinden, die schnell zu Asylunterkünften umgenutzt werden können, denn die Zeit drängt, bis Ende September fordert der Kanton 1200 zusätzliche Plätze für Asylsuchende.

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