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Vor neuer Saison: Liebhaberbühne Bern kämpft ums Überleben

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Bild: zvg Liebhaberbühne

Vor neuer Saison: Liebhaberbühne Bern kämpft ums Überleben

Die Liebhaberbühne hat sich zum Ziel gesetzt, das gute alte «Bärndütsch» als Kulturgut zu erhalten. Der rund 70-jährige Verein kämpft vor der neuen Saison aber mit finanziellen Problemen.
06.10.2024, 11:3225.10.2024, 07:57
David Kocher / ch media
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«Z Bümpliz ladet Ändi Oktober d Bärner Liebhaberbüni zunere schampbar chöschtleche Komedi y. Es wird e Gaudi für jungi Schnuufer u alti Froue und Manne.» Etwa so würde es klingen, wenn man auf Berndeutsch Werbung für das neue Stück der Berner Liebhaberbühne machen würde. Am 24. Oktober geht es im Sternensaal in Bümpliz los mit dem Stück «Proscht Nägeli» – und Werbung hat die Laientheatergruppe bitter nötig.

Bangen um die Zukunft

«Seit etwa fünf Jahren haben wir ein Defizit. Lange geht das nicht mehr so weiter», sagt Urs Schwarz, Vorstandsmitglied und Schauspieler der Berner Liebhaberbühne. Mit der diesjährigen Inszenierung steht viel auf dem Spiel. «Wenn wir dieses Jahr finanziell nicht rauskommen, wissen wir nicht, wie und ob wir das nächste Jahr in Angriff nehmen können.»

Dabei kann die Berner Liebhaberbühne auf eine lange Geschichte zurückblicken. Die Gruppe stammt aus den 1950er-Jahren. 1952 wurde die Theatergruppe Mercuria Novia gegrünet, aus welcher 6 Jahre später die Berner Liebhaberbühne hervorging. Gespielt wurden damals hauptsächlich Wohltätigkeitsveranstaltungen und Theaterabende für Vereine; 1996 wurde im Schloss Bümpliz erstmals eine eigene Vorstellung aufgeführt. Seit 1998 spielt die Gruppe im Sternensaal in Bümpliz.

Mit der Zeit musste man sich anpassen, wie Urs Schwarz erklärt. «Was wir inszeniert haben, hat sich verändert. Ursprünglich waren das die guten alten Berner Klassiker wie ‹Ueli der Knecht› oder ‹Anne Bäbi Jowäger›.» Diese Stücke habe man aber langsam gesehen – und das Publikum, das die Stücke kennt und schätzt, sterbe langsam aus. Um ein breiteres Publikum anzusprechen, musste sich die Berner Liebhaberbühne neu orientieren und auch modernere Stücke ins Repertoire aufnehmen. Dieser Wandlungsprozess laufe nun seit einigen Jahren.

Was sind die Gründe für das rückläufige Interesse?

Finanziell saniert hat dieser Programmwechsel die Laientheatergruppe aber noch nicht – immer noch kämpft man mit einem deutlichen Zuschauerschwund. «Früher hatten wir Spitzen von bis zu 1600 Zuschauern, heute müssten wir die Hälfte haben und auch das haben wir in den letzten vier Jahren nicht erreicht», so Urs Schwarz.

Gründe dazu sieht der Laienschauspieler unter anderem im Überangebot an Veranstaltungen und der veränderten Demografie in Bümpliz. «Es braucht noch mehr Zeit, bis wir wieder so ein Publikum haben, dass wir in die Runde kommen. Vielleicht stimmt die Ausrichtung des Theaters noch nicht perfekt.»

Eine Liebeserklärung an das Berndeutsch

Etwas, das bei der Berner Liebhaberbühne über all die Jahre gleich geblieben ist, ist die Liebe zum Berndeutsch. Das ist auch tief verankert: «Der Vereinszweck ist nach wie vor, über das Theater das gute alte Berndeutsch am Leben zu halten, zu pflegen und zu vermitteln. Das ist heute noch so, wie vor 70 Jahren», erklärt das Vorstandsmitglied.

Man wolle sich dabei nicht dem Fortschritt verschliessen, aber das Schöne dieser Sprache hervorheben. «Diese ursprüngliche Sprache ist doch ‹lässig› und hat so viel Liebenswertes. Wenn man das über ein Theaterstück vermitteln kann, ist das ganz, ganz toll. Das treibt uns an», schwärmt Urs Schwarz.

Die Frage, ob man nach Aufführungen auf die Bedeutung von altmodischen Berndeutschen Wörtern angesprochen werde, bejaht der Laienschauspieler: «Ehrlich gesagt passiert uns das auch bei der Arbeit am Stück. Wir haben auch junge Leute unter uns, die viele Begriffe gar nicht kennen. Da müssen wir dann im Berndeutschen Wörterbuch nachschlagen.»

Keine Profis, aber mit viel Herz

Aufgestellt ist die Berner Liebhaberbühne dabei als Laientheater. Früher habe man den Schauspielerinnen und Schauspielern noch Gage gezahlt. «Seit einigen Jahren liegt das nicht mehr drin», sagt Urs Schwarz. Er selbst ist seit sechs Jahren dabei. Mit Saalmiete, Werbekosten, Kostümen und Bühnenbild liege man bei einem Budget zwischen 15'000 bis 20'000 Franken. «Das muss man zuerst wieder hereinspielen», weiss Schwarz. Der Eintrittspreis von 30 Franken hat man aber nicht angehoben: «Es ist uns wichtig, dass es sich alle leisten können, uns zu besuchen.»

Der Status als Laientheater ist Urs Schwarz besonders wichtig: «Wir sind ein Laientheater und wollen das auch bleiben – aber mit einer gewissen Qualität. Wir sind nicht so professionell wie Produktionen, die das ganze Jahr nichts anderes machen, aber man spürt bei uns auch das Herz auf der Bühne. Und ich glaube, dass es das wert ist, zu unterstützen.»

Dieses Stück soll die Gruppe retten

So steckt der Verein diese Saison besonders viel Hoffnung in das neue Stück. Aufgeführt wird die Komödie «Proscht Nägeli», auch bekannt als «Rent a Family» oder vom Film «Tante Jutta aus Kalkutta». Urs Schweizer spielt dabei den titelgebenden Thomas Nägeli.

Thomas Nägeli lebt einen ausschweifenden Lebensstil, den er mit seinem Einkommen als Pflichtverteidiger aber nicht finanzieren kann. Seine reiche Erbtante aus Indien schickt Nägeli aber regelmässig Geld für sich und seine – erfundene – Familie. Plötzlich steht die Tante aber vor seiner Tür. «Es hat sehr viel Witz, viele Pointen und tolle Charaktere. Es ist auf alle Fälle einen Besuch wert», schwärmt der Nägeli-Schauspieler.

Zwischen 24. Oktober und 3. November finden 6 Vorstellungen statt, allesamt im Sternensaal des Restaurant Sternen in Bümpliz. Weitere Informationen und Tickets gibt es auf der Website der Berner Liebhaberbühne.

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