In Lyon, der drittgrössten Stadt Frankreich, hat am Montag ein aussergewöhnlicher Prozess begonnen: 14 junge Hacker und Betrüger stehen wegen eines massiven Datenlecks beim Stellenvermittler Adecco und zahlreicher Online-Betrügereien vor Gericht. Mehr als 72'000 Menschen und zahlreiche Institutionen wurden zum Opfer, der Schaden geht in die Millionen.
Der Fall begann im November 2022, als eine französische Niederlassung des Schweizer Unternehmens eine Beschwerde einreichte. Das Unternehmen nahe Lyon fand heraus, dass es gehackt worden war, und Dutzende Leiharbeitnehmer beklagten sich in der Folge darüber, zu kleine Beträge erhalten zu haben.
Rund 2400 Nebenkläger – darunter Privatpersonen, Banken, Versicherungen und der staatliche Einlagen- und Konsignationsfonds (CDC) – fordern Schadensersatz. Auch Adecco selbst gilt als Opfer: Laut dem Anwalt des Unternehmens gab es keine Sicherheitslücke, ein Praktikant habe seine Zugangsdaten verkauft.
Im Juni 2022 hatte der damals 19-Jährige seine Zugangsdaten im Darknet für 15'000 Euro angeboten – das Geld sah er nie. Mit den gestohlenen Daten führten die Täter massenhaft Abbuchungen unterhalb der Genehmigungsschwelle durch, vor allem bei Zeitarbeitern. Der Schaden allein daraus liegt bei 1,6 Millionen Euro.
Zudem fälschte die Gruppe Dokumente und erschlich staatliche Leistungen wie Urlaubsschecks. Sogar das Finanzinstitut CDC zahlte über 1,9 Millionen Euro an Scheinfirmen.
Fünf Angeklagte bleiben dem Prozess fern, einer sitzt in Untersuchungshaft: der Drahtzieher. Der 22-Jährige erklärte vor Gericht, er wolle «einen Schlussstrich ziehen» und habe damals «unreif» gehandelt. Die Staatsanwaltschaft lehnte seine Entlassung mit Verweis auf Fluchtgefahr und Bedrohung von Zeugen ab.
Der mutmassliche Drahtzieher hatte laut Ermittlern schon mit 17 begonnen, Schwachstellen zu suchen, getrieben von einer «suchtartigen Eskalation». Um ihn bildete sich ein loses Netzwerk junger Hacker und vorbestrafter Krimineller.
Eine Opfer-Anwältin spricht von «unseren eigenen Russen» – ein Hinweis darauf, dass die Täter aus Frankreich erstmals selbst Daten im Darknet weiterverkauften. «Normalerweise kaufen französische Internetbetrüger ihre Datenbanken im Darknet, wo die Russen das Sagen haben.»
Der Prozess dauert voraussichtlich zwei Wochen. Zwei mutmassliche Mittäter, zur Tatzeit minderjährig, werden getrennt vor dem Jugendgericht verhandelt.
(sda/awp/afp)