Digital
Online-Sicherheit

Nach Cyberangriff auf Adecco: Junge Hacker und Betrüger vor Gericht

Die Adecco-Gruppe mit Sitz in Zürich ist ein international tätiger Personalvermittler mit tausenden Niederlassungen in über 50 Ländern.
Die Adecco-Gruppe mit Sitz in Zürich ist ein international tätiger Personalvermittler mit tausenden Niederlassungen in über 50 Ländern.Bild: imago-images.de

Nach massivem Cyberangriff auf Adecco: Junge Hacker und Betrüger vor Gericht

An der Spitze des kriminellen Netzwerks stand ein jugendliches «Computergenie». Vorläufige Bilanz: Es soll mehr als 72'000 Opfer geben, darunter viele Arbeitnehmer, aber auch Banken und Versicherungen.
16.06.2025, 13:0116.06.2025, 17:40
Mehr «Digital»

In Lyon, der drittgrössten Stadt Frankreich, hat am Montag ein aussergewöhnlicher Prozess begonnen: 14 junge Hacker und Betrüger stehen wegen eines massiven Datenlecks beim Stellenvermittler Adecco und zahlreicher Online-Betrügereien vor Gericht. Mehr als 72'000 Menschen und zahlreiche Institutionen wurden zum Opfer, der Schaden geht in die Millionen.

Der Fall begann im November 2022, als eine französische Niederlassung des Schweizer Unternehmens eine Beschwerde einreichte. Das Unternehmen nahe Lyon fand heraus, dass es gehackt worden war, und Dutzende Leiharbeitnehmer beklagten sich in der Folge darüber, zu kleine Beträge erhalten zu haben.

Praktikant bot Zugangsdaten an

Rund 2400 Nebenkläger – darunter Privatpersonen, Banken, Versicherungen und der staatliche Einlagen- und Konsignationsfonds (CDC) – fordern Schadensersatz. Auch Adecco selbst gilt als Opfer: Laut dem Anwalt des Unternehmens gab es keine Sicherheitslücke, ein Praktikant habe seine Zugangsdaten verkauft.

Im Juni 2022 hatte der damals 19-Jährige seine Zugangsdaten im Darknet für 15'000 Euro angeboten – das Geld sah er nie. Mit den gestohlenen Daten führten die Täter massenhaft Abbuchungen unterhalb der Genehmigungsschwelle durch, vor allem bei Zeitarbeitern. Der Schaden allein daraus liegt bei 1,6 Millionen Euro.

Zudem fälschte die Gruppe Dokumente und erschlich staatliche Leistungen wie Urlaubsschecks. Sogar das Finanzinstitut CDC zahlte über 1,9 Millionen Euro an Scheinfirmen.

Minderjährige mutmassliche Mittäter

Fünf Angeklagte bleiben dem Prozess fern, einer sitzt in Untersuchungshaft: der Drahtzieher. Der 22-Jährige erklärte vor Gericht, er wolle «einen Schlussstrich ziehen» und habe damals «unreif» gehandelt. Die Staatsanwaltschaft lehnte seine Entlassung mit Verweis auf Fluchtgefahr und Bedrohung von Zeugen ab.

Der mutmassliche Drahtzieher hatte laut Ermittlern schon mit 17 begonnen, Schwachstellen zu suchen, getrieben von einer «suchtartigen Eskalation». Um ihn bildete sich ein loses Netzwerk junger Hacker und vorbestrafter Krimineller.

Eine Opfer-Anwältin spricht von «unseren eigenen Russen» – ein Hinweis darauf, dass die Täter aus Frankreich erstmals selbst Daten im Darknet weiterverkauften. «Normalerweise kaufen französische Internetbetrüger ihre Datenbanken im Darknet, wo die Russen das Sagen haben.»

Der Prozess dauert voraussichtlich zwei Wochen. Zwei mutmassliche Mittäter, zur Tatzeit minderjährig, werden getrennt vor dem Jugendgericht verhandelt.

(sda/awp/afp)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
26 Designs, die nicht komplett durchdacht wurden
1 / 52
26 Designs, die nicht komplett durchdacht wurden

Wer weiss, wie diese Religion heisst? Muschlimisch?

Auf Facebook teilenAuf X teilen
Diese Demonstrantinnen erklären, warum sie am Frauenstreik teilnehmen
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
0 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
    Dem Robotaxi-Dienst von Tesla bläst schon vor dem Start ein steifer Wind entgegen
    Techmilliardär Elon Musk liess schon öfter verlauten, dass die Zukunft von Tesla in Robotaxis liege. In wenigen Tagen sollen die ersten selbstfahrenden Taxis starten. Fachleute sind skeptisch. Und in Texas regt sich Widerstand.

    Tesla-Chef Elon Musk will ein erstes Robotaxi-Angebot des amerikanischen Elektroauto-Herstellers «voraussichtlich» am 22. Juni an den Start bringen.

    Zur Story