Wer sich ohne Abstecher ins Darknet einen Eindruck verschaffen möchte von den Angeboten der Dark Markets, kann dies dank des Künstlerkollektivs !Mediengruppe Bitnik tun. Die Gruppe hat ein Computerprogramm geschrieben, das automatisch Einkäufe tätigt. Und zwar bei Agora, einem der aktuell grössten Schwarzmärkte.
Das Programm namens Random Darknet Shopper durchstöbert das Angebot, das von illegalen Substanzen über Fälschungen bis zu gehackten Porno-Abos und dubiosen Dienstleistungen reicht, und kauft nach dem Zufallsprinzip ein. Bezahlt wird mit Bitcoin, die Lieferungen werden in der aktuellen Ausstellung The Darknet – from Memes to Onionland in der Kunsthalle St.Gallen gezeigt.
Die Idee dazu stammt von Domagoj Smoljo und Carmen Weisskopf, den Gründern von Bitnik. Auf Anfrage betonen die beiden Mittdreissiger, dass alles mit rechten Dingen zu und her gehe. Das Vorgehen sei mit einem Anwalt besprochen worden und die Ausstellungsmacher hätten sich juristisch abgesichert. Der renommierte Kunstrechtexperte Bruno Glaus habe ein Gutachten erstellt, wonach die Bestellung und anschliessende Ausstellung der Darknet-Güter legitim sei. Das öffentliche Interesse rechtfertige die künstlerische Aktion, die zeitlich befristet ist.
Die Bitnik-Gründer sagen, dass die Dark Markets grundlegende gesellschaftliche Fragen aufwerfen: «Wie wird in anonymen Netzwerken Vertrauen hergestellt? Wie lässt sich Identität konstruieren? Und inwiefern sind anonyme Räume ein gesellschaftliches Grundbedürfnis?»
Das Darknet sei daran, den Drogenhandel zu revolutionieren, indem der mit verschiedenen Risiken verbundene Zwischenhandel umgangen werde. «Wir wollen das nicht bewerten», sagen die Künstler und betonen, dass das Darknet eben viel mehr sei als ein Tummelplatz für illegale Aktivitäten. Das Tor-Netzwerk biete politischen Aktivisten und Journalisten Schutz vor Verfolgung und Bespitzelung.
Am interessantesten sind aus Sicht der Künstler sowieso nicht die Drogen, sondern «die obskuren Produkte». Wie zum Beispiel Generalschlüssel für die britische Feuerwehr oder eine Baseballmütze mit versteckter Kamera (siehe Bildstrecke oben).
Bis zum Ende der Ausstellung am 11. Januar 2015 wird der Darknet Shopper 12 mal einkaufen. «Bis jetzt ist alles angekommen, was wir bestellt haben.» Mit Ausnahme einer gefälschten Louis-Vuitton-Handtasche. Nachdem der Kauf fehlschlug, habe sich der Darknet-Händler gemeldet und die abgebuchten Bitcoins zurücküberwiesen. Später klappte es doch noch mit der Lieferung.
Spannend ist bei der ganzen Aktion nicht nur der Inhalt, sondern auch die Verpackung. Die Darknet-Verkäufer haben ihre eigenen Strategien, damit die per Post verschickten Produkte wirklich ankommen und nicht in den Zollkontrollen an den Landesgrenzen und in den Postämtern hängenbleiben. In den einschlägigen Foren werden immer wieder neue «Stealth»-Methoden zur perfekten Tarnung diskutiert. Ein Beispiel sind die zehn Ecstasy-Pillen, die in einer CD-Hülle steckten.