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Tim Cook steckt mächtig in der Klemme – zwischen China und Trump

President Donald Trump tours an Apple manufacturing plant, Wednesday, Nov. 20, 2019, in Austin with Apple CEO Tim Cook and Ivanka Trump, the daughter and adviser of President Donald Trump, left. (AP P ...
Der US-Präsident beim Plaudern in der Mac-Fabrik, beäugt von Tochter Ivanka und dem Apple-Chef.Bild: AP

Tim Cook steckt mächtig in der Klemme – und Trump lässt ihn zappeln

Der US-Präsident nutzt den Erfolg des iPhone-Herstellers für Wahlkampfauftritte. Und Konzernchef Tim Cook «muss» wohl oder übel mitspielen.
21.11.2019, 18:5821.11.2019, 19:29
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Die Aktie von Apple eilt derzeit von einem Allzeithoch zum nächsten. Dabei wirft der Handelskrieg der USA mit China dunkle Wolken auf die Geschäftsaussichten des iPhone-Herstellers. Deshalb schmiedet der liberale Apple-Chef Cook eine ungewöhnliche Allianz.

Für US-Präsident Donald Trump war der Abstecher zur neuen Mac-Fabrik im texanischen Austin eine willkommene Ablenkung vom laufenden Amtsenthebungsverfahren in Washington. Hier konnte er stolz Erfolge seiner Wirtschaftspolitik anpreisen.

«Ich habe immer gesagt, es wird den Tag geben, an dem Apple Fabriken in unserem Land eröffnet und nicht in China. Und dass passiert gerade», sprach Trump in die TV-Kameras. Die neue Apple-Fabrik sei Teil des amerikanischen Traums. Wobei anzumerken ist, dass Apple schon seit 2013 in Texas seinen Desktop-Rechner Mac Pro zusammenbauen lässt. Und dass die Fabrik nicht von Apple selbst betrieben wird...

«Unserem Land ging es noch nie so gut. Die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie nie zuvor.»
Donald Trump

Festzuhalten ist auch: Die Arbeitsplätze in der Fertigungshalle des Apple-Dienstleisters Flex in Austin haben nur in einem bescheidenen Mass zum Aufschwung auf dem US-Arbeitsmarkt beigetragen: Gerade mal gut 500 Jobs sind hier nach Angaben von Apple entstanden, um den neuen Spitzencomputer von Apple zusammenzumontieren.

Warum Texas?

Bei der Vorstellung des Rechners auf der Entwicklerkonferenz WWDC im vergangenen Juni hatte sich das Apple-Management noch in Schweigen gehüllt, ob die Neuauflage des Mac Pro wie das Vorgängermodell in Texas produziert wird.

Vor dem Hintergrund des von US-Präsident Trump angezettelten Handelskriegs mit China hat sich in der Konzernzentrale im kalifornischen Cupertino aber schnell die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine Entscheidung gegen Texas grossen politischen Ärger auslösen würde.

Die symbolische Entscheidung für den Standort Austin wird wegen der vergleichsweise geringen Stückzahlen des Mac Pro kaum Spuren in der Apple-Bilanz hinterlassen, auch wenn die Produktionskosten in Texas höher sind als in einer asiatischen Fabrik. Um so wichtiger ist die Standortauswahl für den US-Präsidenten, der bei seiner Kampagne zur Wiederwahl im Jahr 2020 immer wieder betont, wie positiv sich die US-Wirtschaft unter seiner Regentschaft entwickelt hat.

Schwul und liberal

Apple-Chef Tim Cook steht nicht im Verdacht, aus eigener politischen Überzeugung heraus dem konservativen US-Präsidenten leichtfertig Punkte im Wahlkampf zuzuschanzen. Cook gilt als liberal und hat in seinem Büro ein Porträt des US-amerikanischen Bürgerrechtlers Martin Luther King Jr. hängen.

Als offen homosexuell lebender Mann spricht er oft über die Diskriminierungen, die er als Jugendlicher wegen seiner sexuellen Orientierung erlebt hat. Cook setzt sich auch dafür ein, dass Migranten, die als Kinder in die USA kamen, eine sichere Zukunft in den Vereinigten Staaten haben.

Als Konzernchef von Apple ist Cook allerdings auf den guten Willen des US-Präsidenten angewiesen. Sollten alle angekündigten Strafzölle gegen Produkte aus China hart durchgesetzt werden, würde vor allem das iPhone getroffen und in den USA spürbar teurer werden. Gleichzeitig bedroht der Handelskrieg die Stellung von Apple in China.

Die Volksrepublik ist für den iPhone-Hersteller ein riesiger Absatzmarkt. Allein im jüngsten Geschäftsquartal machte Apple in «Greater China» (inklusive Taiwan) 9.2 Milliarden US-Dollar Umsatz. Das entspricht 17 Prozent des Gesamtumsatzes. Sollte sich der Handelskrieg weiter verschärfen, könnten sich die Verbraucher in China schon aus patriotischen Gründen gegen Apple-Produkte entscheiden. Der von US-Sanktionen betroffene einheimische Rivale Huawei verbucht bereits Absatzsprünge.

Tim und Ivanka

Der Apple-Chef hat also handfeste wirtschaftliche Interessen, Gehör bei Trump zu finden. Deshalb hat er auch die Einladungen von Trump zu verschiedenen Beraterrunden im Weissen Haus und im Trump Tower an der 5th Avenue in New York angenommen.

Cook wurde auch zwei Mal zu Abendessen in den Trump-Golfclub in Bedminster im US-Bundesstaat New Jersey eingeladen. Bei diesen Gelegenheiten sucht er insbesondere die Nähe zu Trumps Tochter Ivanka, die als Beraterin im Weissen Haus agiert. Cook begleitete Ivanka Trump auch auf einer Reise, um Schulen im US-Bundesstaat Idaho zu besuchen. Nebenbei konnte er auch Werbung für den Einsatz von iPads und MacBooks an den US-Schulen machen.

«Ein Tiefpunkt in Apples stolzer Geschichte und ein trauriger ikonischer Moment für Tim Cook. Ich hoffe, das Vermeiden der Zölle ist es wert.»
Apple-Blogger John Gruber über den Fabrikbesuch von Donald Trump in Texas.quelle: daringfireball.net

Wie wichtig sind die USA als Produktionsstandort?

Bei der Fabrikbesichtigung am Mittwoch in Austin hielt Cook dem US-Präsidenten einen längeren Vortrag darüber, wie wichtig der Produktionsstandort USA für Apple sei. Das Unternehmen beziehe Teile von rund 9000 amerikanischen Zulieferbetrieben und werde bis zum Jahr 2023 für eine Wirtschaftsleistung von rund 350 Milliarden Dollar im Heimatland verantwortlich sein.

Hoffnungen, dass die Produktion des iPhones von Asien in die USA verlagert wird, kann Trump sich nicht machen. Das mit Abstand wichtigste Apple-Produkt wird vor allem in chinesischen Fabriken des taiwanesischen Produktionsgiganten Foxconn hergestellt. Dort sind nicht nur hunderttausende Arbeiter mit der Montage beschäftigt, sondern auch unzählige hochqualifizierte Ingenieure.

Vor zwei Jahren hat Cook auch ausführlich erläutert, warum Apple weiterhin vor allem in China produzieren lässt. Dabei spielten die niedrigeren Montagekosten nur eine untergeordnete Rolle, sagte er auf dem Fortune Global Forum im chinesischen Guangzhou.

«In China findet man die Schnittstelle zwischen handwerklicher Kompetenz, anspruchsvoller Robotik und der Welt der Informatik.»
Tim Cook

Diese Art von Geschicklichkeit sei für das Geschäft von Apple sehr wichtig. «Uns gefällt die Präzision und das Qualitätsniveau.» Viele China-Pläne von Unternehmen richteten sich an der Grösse des chinesischen Marktes aus. «Aber für uns ist die Attraktion Nummer eins die Qualität der Leute.»

Im Vorfeld des Trump-Besuchs in Austin schlug Cook einen anderen Ton an. Eigentlich werde das iPhone überall produziert, sagte Cook dem TV-Sender ABC News:

«Das Glas des iPhone, das jeder den ganzen Tag berührt, wird in Kentucky hergestellt. Wenn man das iPhone auseinandernehmen würde, würde man viele Chips sehen, die auch in den Vereinigten Staaten hergestellt werden. Das iPhone ist das Produkt einer globalen Lieferkette.»

Fakt ist auch: Trump lässt den Apple-Chef nicht mehr vom Haken. In einem aktuellen Tweet erwähnt der US-Präsident, dass Apple beim Bau der 5G-Mobilfunknetze helfen könnte. Bekanntlich hat die US-Regierung Huawei ausgebootet. Wegen des Wirtschaftskrieges mit China.

(dsc/sda/awp/dpa)

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24 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Gurgelhals
21.11.2019 19:27registriert Mai 2015
Tim Apple, Mann! Der Typ heisst Tim Apple! 🍎
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Petoman
21.11.2019 19:50registriert Mai 2015
Als ob Gefälligkeiten bei Trumpel Eindruck hinterlassen. Beim erstbesten besseren Deal rammt er dir das Messer in den Hals und lässt dich fallen. Die Kurden oder sein, wohl zum 10x ersetzter Stab, können da ein Liedlein singen.
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Las Palmas
21.11.2019 20:31registriert November 2014
Hat zwar nichts direkt mit diesem Artikel zu tun, aber trotzdem möchte ich mal meine Bedenken dazu äussern:
Durch die Cloud-First (bald Cloud-Only?) Strategie von Microsoft, gehen immer mehr Unternehmen/Gemeinden/Behörden der Schweiz in den nächsten Monaten/Jahren in die Microsoft Cloud.

Obwohl Datenhaltung in der Schweiz, habe ich grösste Bedenken! (Cloud-Act und totale Abhängigkeit zu einem US-Unternehmen)

Es fehlt auch ein politisches Statement der Schweizer Politiker (überfordert?)

Oder sehe ich das viel zu schwarz?
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