Die USA schicken 200 weitere Soldaten nach Bagdad, um dort für die Sicherheit ihrer Landsleute zu sorgen. Das teilte das Pentagon am Montag in Washington mit. Hintergrund ist das Erstarken der Terrorgruppe ISIS im Irak. Bei den Gefechten sind im Juni mehr als 2400 Menschen ums Leben gekommen und fast 2300 verletzt worden. 1531 der Toten und 1763 der Verletzten seien Zivilisten, teilte die UNO-Mission im Irak (UNAMI) am Dienstag mit. Besonders viele Opfer gab es in Bagdad sowie in den Provinzen Al-Anbar im Westen und Ninawa im Norden des Landes.
Die von den USA entsandten Soldaten sollen den Schutz der Botschaft und des Flughafens verstärken und sind dafür auch mit Helikoptern und unbemannten Flugzeugen ausgestattet. Die am Montag angekündigten Soldaten kommen unabhängig von den bis zu 300 Militärberatern, die Präsident Barack Obama vor anderthalb Wochen angekündigt hatte und auch von den Truppen, die sich zuvor bereits im Land aufhielten.
Damit steigt die Zahl der im Irak stationierten US-Soldaten auf etwa 800. Obama kündigte den Schritt parallel in einem Brief an den Kongress an. «Angesichts der Sicherheitslage in Bagdad habe ich bis zu rund 200 Angehörige der US-Streitkräfte in den Irak beordert, um die Sicherheit an der US-Botschaft, deren Einrichtungen und dem internationalen Flughafen Bagdad zu stärken», schrieb Obama.
Im Irak wurden im Juni fast 2000 Menschen bei Gefechten und Anschlägen getötet. Dies seien die meisten Opfer in dem Konflikt seit der Hochzeit des Bürgerkriegs im Mai 2007, erklärte die Regierung.
Auch einen Tag vor der ersten Sitzung des neu gewählten irakischen Parlaments lieferten sich die irakische Armee und Kämpfer der sunnitischen Terrorgruppe ISIS am Montag schwere Gefechte. Einheiten der Regierung setzten ihre Offensive auf Tikrit nordwestlich von Bagdad fort und nahmen nach eigenen Angaben Teile der strategisch wichtigen Stadt ein.
Der «Allgemeine Militärrat der irakischen Aufständischen» teilte am Montag mit, Regierungsgegner hätten die volle Kontrolle über den Luftwaffenstützpunkt «Camp Speicher» in der Nähe von Tikrit. Bei den Gefechten habe es viele Tote gegeben. Die Angaben liessen sich von unabhängiger Seite nicht überprüfen.
In Bagdad tritt an diesem Dienstag erstmals das neu gewählte Parlament zusammen. Es soll einen Regierungschef wählen. Ministerpräsident Nuri al-Maliki ist seit 2006 im Amt und möchte trotz scharfer Kritik wiedergewählt werden. Kritiker werfen ihm vor, seine von Schiiten dominierte Regierung diskriminiere Sunniten und habe so den Boden für den Vormarsch der extremistischen ISIS-Milizen bereitet.
Unterdessen wiesen die wichtigsten islamistischen Rebellengruppen in Syrien die Ausrufung eines «Kalifats» im Irak und Syrien durch ISIS zurück. Die Erklärung sei «null und nichtig», erklärten die Gruppen am Montag in einer gemeinsamen Mitteilung.
Zu den Unterzeichnern gehören die Islamische Front, die grösste Rebellenkoalition in Syrien, und die Madschlis Schura Mudschaheddin al-Scharkija aus der östlichen Provinz Deir Essor, zu der auch die al-Nusra-Front gehört. In der Erklärung werden zudem alle Muslime und Dschihadistengruppen gewarnt, sich in den Dienst des Islamischen Staats (IS) zu stellen, der vorher Islamischer Staat im Irak und in der Levante (ISIS) hiess.
Die Unterzeichner befinden sich seit Januar im Krieg mit den Dschihadisten. Ursprünglich hatten die syrischen Rebellen die ISIS-Männer in ihren Reihen akzeptiert, um gegen Präsident Baschar al-Assad zu kämpfen. Angesichts des Strebens von ISIS nach einer Vormachtstellung und deren systematischen gewalttätigen Übergriffen wandten sich die Rebellen jedoch von den Dschihadisten ab.
Nach ihrem Vormarsch im Norden und Westen im Irak hatte ISIS am Sonntag einen grenzüberschreitenden islamischen Gottesstaat ausgerufen. Das «Kalifat» erstrecke sich von der Region Aleppo im Norden Syriens bis zur Region Dijala im Osten des Irak, teilte die radikalsunnitische Organisation mit. (rey/sda/dpa/afp/reu)