Gott habe die Republikaner erschaffen, um die Steuern zu senken, lautet ein beliebter Spruch in der amerikanischen Polit-Szene. Ob Ronald Reagan oder George W. Bush, die Grand Old Party (GOP) hat sich stets als Verbündete von Corporate America gesehen. Auch Donald Trump hat die Unternehmenssteuern massiv gesenkt.
Inzwischen weht jedoch ein anderer Wind in der GOP. In Florida hat Ron DeSantis soeben ein Gesetz unterzeichnet, das die Steuerprivilegien der Disney Corporation annullieren soll. Der Gouverneur ist erzürnt darüber, dass die Muttergesellschaft von Mickey Mouse sich gegen ein von ihm beschlossenes Gesetz ausgesprochen hat. Dieses Gesetz – «Don't say gay» genannt – verbietet es, Kinder auf Primarschulstufe über Homo- und Transsexualität aufzuklären.
Wirtschaftlich gesehen ist das Vorgehen von DeSantis hanebüchen. Disney ist nicht nur eine Ikone der amerikanischen und der globalen Populärkultur. Es ist auch einer der bedeutendsten Arbeitgeber des Sunshine States. Zudem wird das Anti-Disney-Gesetz – sollte es 2023 tatsächlich in Kraft treten – die Bewohner des Orange Countys Floridas mit einer Steuererhöhung von gegen 25 Prozent belasten.
Bisher ist das Gelände des Disney-Parks bei Orlando steuerlich gesehen eine autonome Republik. Fällt dieses Privileg, muss die Öffentlichkeit rund eine Milliarde Dollar Schulden übernehmen und zusätzlich für den Unterhalt der Infrastruktur aufkommen.
Warum macht DeSantis dies? Sollte Trump nicht mehr antreten, gilt er als aussichtsreichster Präsidentschaftskandidat der GOP. Er will sich bereits jetzt als Anti-Woke-Kämpfer profilieren. Deshalb hat er dafür gesorgt, dass in Florida die mildesten Lockdown-Regeln der USA beschlossen wurden. Dass sich der Sunshine State eine der höchsten Covid-Toten-Quoten in den USA eingehandelt hat, nahm er dabei billigend in Kauf.
Mit seinem Kulturkrieg gegen Disney will sich DeSantis nun Corporate America vorknöpfen. Viele Unternehmen wie Apple, Nike, Starbucks, etc. verkörpern heute die Werte der liberalen Städte. Sie sind «woke» geworden. Inzwischen sprechen die Republikaner auch ganz offen von einem «Woke-Kapitalismus». Diesem haben sie den Krieg erklärt. «Apple und Disney, wir kommen. Alles ist möglich», drohte jüngst die Fox-News-Moderatorin Laura Ingraham.
Wie in einem richtigen Krieg wird dabei keine Rücksicht auf wirtschaftliche Verluste genommen. Greg Abbott, Gouverneur von Texas, macht sich ebenfalls Hoffnungen, dereinst ins Weisse Haus einzuziehen, und will sich daher als Kämpfer gegen die Liberalen profilieren. Deshalb hat er eine strikte Kontrolle aller Lastwagen, welche die Grenze zu Mexiko passieren, angeordnet. Das Resultat war nicht nur ein Verkehrschaos. Abbott hat der texanischen Wirtschaft auch einen Verlust von rund vier Milliarden Dollar aufgebürdet. Inzwischen hat er die Übung wieder abgeblasen.
Der Kulturkrieg kostet nicht nur viel, er spült auch gefährliche Spinner in Positionen, die sie nicht innehaben sollten. Ein Beispiel ist Kristina Karamo. Sie ist soeben von den Republikanern in Michigan zu deren Kandidatin für das Amt als Secretary of State gekürt worden. In dieser Funktion ist sie – sollte sie tatsächlich gewählt werden – für den fairen Ablauf der Wahlen zuständig. Ob sie diese Aufgabe auch erfüllen würde, ist mehr als fraglich. Ms. Karamo ist QAnon-Anhängerin und erklärt, die Demokratische Partei sei «von einer satanischen Agenda» übernommen worden. Selbstredend ist sie auch von der Big Lie überzeugt, der These, wonach Trump die Wahlen gewonnen habe.
In Arizona macht sich derweil die ehemalige TV-Moderatorin Kari Lake Hoffnungen, die nächste Gouverneurin zu werden. Sollte ihr das tatsächlich gelingen, dann würde sie dafür sorgen, dass Hydroxychloroquin und Ivermectin – die beiden nutzlosen Präparate gegen Covid – allgemein zugänglich würden und Anthony Fauci verhaftet würde.
Schiessen sich die Republikaner mit ihrem absurden Kulturkrieg nicht selbst ins Knie? Die Frage ist berechtigt. Die Haltung der Amerikanerinnen und Amerikanern hat sich in den letzten Jahrzehnten massiv verändert. So haben 1996 bloss 26 Prozent die Homo-Ehe befürwortet, heute sind es über 70 Prozent. Und sollte der Supreme Court im Sommer tatsächlich Roe v. Wade – das Urteil, welches die Abtreibung landesweit legalisiert hat – revidieren, wird er dies gegen eine Mehrheit der Bevölkerung tun.
Davon lassen sich die Konservativen nicht beeindrucken. Im Gegenteil, die Tatsache, dass Elon Musk nun Twitter gekauft hat, feiern sie als einen wichtigen Sieg in ihrem Kampf gegen den Woke-Kapitalismus. Bereits fordern rechtsextreme Radiokommentatoren, dass Musk umgehend alle liberalen Twitter-Mitarbeiter feuert.
JD Vance ist mit seiner Biografie «Hillbilly Elegy» bekannt geworden. Nun will er seinen Ruhm nutzen und kandidiert in Ohio für den frei werdenden Senatssitz. Dabei hat er sich vom Saulus zum Paulus gewandelt. Der ehemalige Never-Trumper ist zum glühenden Trump-Fan geworden und hat sich mittlerweile auch die Unterstützung des Ex-Präsidenten gesichert.
Auch Vance will im Falle eines Sieges der Republikaner im Kulturkrieg keine Gefangenen machen. Sollte Trump 2024 wieder Präsident werden, müsse er alle «mittleren Beamten feuern und sie mit unseren Leuten ersetzen», so Vance.
Die Republikaner haben sich gewandelt. Aus den Kämpfern für tiefe Steuern und wenig Staat sind militante Kämpfer gegen einen angeblichen Woke-Kapitalismus geworden. Diesem Kampf ordnen sie alles andere unter – auch die Demokratie und den Rechtsstaat.
Paul Badman
Henzo
Was man hier sieht, ist genau das Resultat daraus. Beides ist idiotisch. Man soll nichts künstlich forcieren aber auch nichts unterdrücken. Das die Woke-Bewegung eine noch grössere Gegenbewegung auslöst verwundert mich überhaupt nicht.
Ich selbst interssiere mich weder für Geschlecht, Hautfarbe oder Herkunft. Trotzdem nervt mich Wokes Verhalten. So wie wahrscheinlich der grösste Teil der Bevölkerung weder mit Rassisten, Super-Wokes, etc. was anfangen kann, so wenig kanm ich das.
Glenn Quagmire