
Javier Milei setzt am Rednerpult auf vollen Einsatz – und «Inspiration» aus einer TV-Serie.Bild: keystone
Der argentinische Präsident Javier Milei ist bekannt für seine radikalen, libertären politischen Positionen und seine feurigen Reden. Nun ist auch klar, woher die Inspiration für letztere stammt ...
07.10.2024, 07:5907.10.2024, 15:46
Sagt dir der Name Josiah «Jed» Bartlet etwas? Wenn du dir deine Zeit bereits um die Jahrtausendwende vor dem TV um die Ohren geschlagen hast, dann ist die Chance relativ hoch. Jed Bartlet ist nämlich der fiktive US-Präsident aus der damals sehr populären Politserie «The West Wing», die im Weissen Haus spielt. (Für die Gen Z: Das war so ähnlich wie «House of Cards» auf Netflix.)
Was das ganze Serien-Zeug mit Milei zu tun hat: Der argentinische Rambo-Präsident ist bekannt für seine Reden, die er mit einer Menge Superlativen, wilder Gestik und noch wilderer Mimik vorträgt. Milei weiss seine Anhängerschaft damit durchaus zu begeistern.
Etwa so sieht das aus:

Milei bei einer Rede in Buenos Aires.Bild: keystone
Doch nun rückt ein Bericht von «La Nación», einer Tageszeitung aus Buenos Aires, Mileis feurige Ansprachen in ein schiefes Licht. So soll der argentinische Präsident abgeschrieben haben – und zwar bei eben jenem Jed Bartlet.
Der Nación-Kolumnist Carlos Pagni erklärte, dass ihm ein Teil einer Rede Mileis – die dieser notabene nicht in der Heimat, sondern vor der versammelten Weltöffentlichkeit, an der UN-Generaldebatte in New York am 24. September hielt, – irgendwie vertraut vorkam. Daraufhin wurde er bei West Wing fündig. Pagni transkribierte eine Ansprache von Serien-Präsident Bartlet aus der 15. Episode der vierten Staffel – und stellte erstaunliche Parallelen fest.
Hier der Vergleich:
Mileis Rede vor den UN:
«Wir glauben daran, dass das Leben aller Menschen geschützt werden muss. Wir glauben daran, dass das Eigentum aller Menschen geschützt werden muss. Wir glauben an die Redefreiheit für alle. Wir glauben an die Religionsfreiheit für alle. Wir glauben an die Handelsfreiheit für alle … und weil in diesen Zeiten das, was in einem Land geschieht, schnell Auswirkungen auf andere hat, glauben wir, dass alle Menschen frei von Tyrannei und Unterdrückung leben sollten, sei es in Form politischer Unterdrückung, wirtschaftlicher Sklaverei oder religiösem Fanatismus. Diese grundlegende Idee darf nicht nur aus Worten bestehen – sie muss durch Taten unterstützt werden: diplomatisch, wirtschaftlich und materiell.»

Martin Sheen als Jed Bartlet in «The West Wing».Bild: www.imago-images.de
Bartlet sagte in der West-Wing-Folge:
«Wir sind für Redefreiheit überall. Wir sind für Religionsfreiheit überall. Wir sind für die Freiheit zu lernen … für alle. Und weil Sie in unserer Zeit eine Bombe in Ihrem Land bauen und in mein Land bringen können, geht mich das, was in Ihrem Land passiert, sehr wohl etwas an. Und deshalb sind wir für Freiheit von Tyrannei überall, ob in Gestalt politischer Unterdrückung … oder wirtschaftlicher Sklaverei … oder religiösem Fanatismus … diesem grundlegenden Gedanken können wir nicht nur mit unserer Unterstützung begegnen. Wir müssen ihm mit unserer Stärke begegnen: diplomatisch, wirtschaftlich, materiell.»
Der Vergleich der beiden Reden im Video:
Eine Erklärung für die verblüffende Ähnlichkeit einiger Aussagen fanden die argentinischen Journalisten in der Person Santiago Caputo. Caputo ist Mileis Chefstratege und schreibt teils auch die Reden des Präsidenten.
Caputo soll ein eingefleischter West-Wing-Fan sein. Laut «La Nación» verehrt Mileis Chefberater insbesondere Aaron Sorkin, den Drehbuchautor und Serienschöpfer von «The West Wing».

Der Mann hinter Milei: Santiago Caputo.Bild: www.imago-images.de
Amüsant an der Sache ist, dass Milei ein extremer Libertärer ist, der sich im Dunstkreis von Figuren wie Donald Trump oder Jair Bolsonaro bewegt. Serien-Präsident Bartlet jedoch verkörpert einen demokratischen Politiker, der für seine Progressivität und Konsensorientierung bekannt ist. Dass Milei ausgerechnet von einer solchen Figur abkupfert, besitzt eine gewisse Ironie.
Dass Politiker sich von TV-Serien inspirieren lassen oder Reden daraus sogar plagieren, ist keine Seltenheit, wie der «Guardian» schreibt. Auch der ehemaligen britischen Premierministerin Theresa May wurde schon vorgeworfen, sich bei West-Wing-Inhalten bedient zu haben, genauso wie dem australischen Präsidenten Anthony Albanese, der beim Film «The American President» mit Michael Douglas abgeschaut haben soll.
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West Wing übrigens grossartig, mit einem Präsidenten, der für all das steht, was vor Trump das absolute Ideal war. Gerade in diesem Kontrast ist es einfach krass, wie Trump die Institution dieses Amtes komplett zerstört hat.
Ich würde sogar sagen, solche Serien haben dazu beigetragen, dass wir uns schlicht nicht vorstellen konnten, dass Trump so Präsident sein könnte, wie er es dann aber war.
In der Rhetorik und im Stil ähnelt er natürlich durchaus Trump. Es gibt allerdings einen fundamentalen Unterschied: Milei ist ein Überzeugungstäter, während Trump für die absolute Prinzipienlosigkeit steht.
Für ihn geht es schlicht darum, sich vor dem Gefängnis zu schützen und sich im Amt zu bereichern.
Vielleicht ist es tatsächlich dass, was Argentinien jetzt braucht um aus dem Sumpf der peronistischen Günstlings- und Geschenkepolitik raus zu kommen…
Ob er es schafft, dass Argentinien sein enormes Potential endlich ausschöpfen, zu altem Wohlstand zurückfinden kann, weiss ich nicht. Das wird die Geschichte beantworten.
Sicher ist aber, dass die alte politische Garde es in den letzten 50 Jahren nicht nur nicht geschafft hat, sondern die Situation von Regierung zu Regierung nur immer schlimmer wurde.