Sagt dir der Name Josiah «Jed» Bartlet etwas? Wenn du dir deine Zeit bereits um die Jahrtausendwende vor dem TV um die Ohren geschlagen hast, dann ist die Chance relativ hoch. Jed Bartlet ist nämlich der fiktive US-Präsident aus der damals sehr populären Politserie «The West Wing», die im Weissen Haus spielt. (Für die Gen Z: Das war so ähnlich wie «House of Cards» auf Netflix.)
Was das ganze Serien-Zeug mit Milei zu tun hat: Der argentinische Rambo-Präsident ist bekannt für seine Reden, die er mit einer Menge Superlativen, wilder Gestik und noch wilderer Mimik vorträgt. Milei weiss seine Anhängerschaft damit durchaus zu begeistern.
Etwa so sieht das aus:
Doch nun rückt ein Bericht von «La Nación», einer Tageszeitung aus Buenos Aires, Mileis feurige Ansprachen in ein schiefes Licht. So soll der argentinische Präsident abgeschrieben haben – und zwar bei eben jenem Jed Bartlet.
Der Nación-Kolumnist Carlos Pagni erklärte, dass ihm ein Teil einer Rede Mileis – die dieser notabene nicht in der Heimat, sondern vor der versammelten Weltöffentlichkeit, an der UN-Generaldebatte in New York am 24. September hielt, – irgendwie vertraut vorkam. Daraufhin wurde er bei West Wing fündig. Pagni transkribierte eine Ansprache von Serien-Präsident Bartlet aus der 15. Episode der vierten Staffel – und stellte erstaunliche Parallelen fest.
Hier der Vergleich:
Eine Erklärung für die verblüffende Ähnlichkeit einiger Aussagen fanden die argentinischen Journalisten in der Person Santiago Caputo. Caputo ist Mileis Chefstratege und schreibt teils auch die Reden des Präsidenten.
Caputo soll ein eingefleischter West-Wing-Fan sein. Laut «La Nación» verehrt Mileis Chefberater insbesondere Aaron Sorkin, den Drehbuchautor und Serienschöpfer von «The West Wing».
Amüsant an der Sache ist, dass Milei ein extremer Libertärer ist, der sich im Dunstkreis von Figuren wie Donald Trump oder Jair Bolsonaro bewegt. Serien-Präsident Bartlet jedoch verkörpert einen demokratischen Politiker, der für seine Progressivität und Konsensorientierung bekannt ist. Dass Milei ausgerechnet von einer solchen Figur abkupfert, besitzt eine gewisse Ironie.
Dass Politiker sich von TV-Serien inspirieren lassen oder Reden daraus sogar plagieren, ist keine Seltenheit, wie der «Guardian» schreibt. Auch der ehemaligen britischen Premierministerin Theresa May wurde schon vorgeworfen, sich bei West-Wing-Inhalten bedient zu haben, genauso wie dem australischen Präsidenten Anthony Albanese, der beim Film «The American President» mit Michael Douglas abgeschaut haben soll.
West Wing übrigens grossartig, mit einem Präsidenten, der für all das steht, was vor Trump das absolute Ideal war. Gerade in diesem Kontrast ist es einfach krass, wie Trump die Institution dieses Amtes komplett zerstört hat.
Ich würde sogar sagen, solche Serien haben dazu beigetragen, dass wir uns schlicht nicht vorstellen konnten, dass Trump so Präsident sein könnte, wie er es dann aber war.
In der Rhetorik und im Stil ähnelt er natürlich durchaus Trump. Es gibt allerdings einen fundamentalen Unterschied: Milei ist ein Überzeugungstäter, während Trump für die absolute Prinzipienlosigkeit steht.
Für ihn geht es schlicht darum, sich vor dem Gefängnis zu schützen und sich im Amt zu bereichern.
Vielleicht ist es tatsächlich dass, was Argentinien jetzt braucht um aus dem Sumpf der peronistischen Günstlings- und Geschenkepolitik raus zu kommen…
Ob er es schafft, dass Argentinien sein enormes Potential endlich ausschöpfen, zu altem Wohlstand zurückfinden kann, weiss ich nicht. Das wird die Geschichte beantworten.
Sicher ist aber, dass die alte politische Garde es in den letzten 50 Jahren nicht nur nicht geschafft hat, sondern die Situation von Regierung zu Regierung nur immer schlimmer wurde.