Pathos ist kein Fremdwort für Matt Gaetz. In einen Kommentar in der Zeitung «Washington Examiner» (nicht zu verwechseln mit der «Washington Post) schrieb er gestern: «Der Kampf um Amerikas Zukunft erfordert Gladiatoren, und ich werde aufstehen und jeden Tag weiterkämpfen.»
Tönt irgendwie bekannt? Richtig. In ähnlichem Stil hat sich seinerzeit Donald Trump verteidigt, als die berüchtigten «Access Hollywood»-Videos ans Licht kamen. Darin prahlte der Ex-Präsident damit, dass er als Star den Frauen zwischen die Beine greifen dürfe. Danach versuchte er, das Ganze als «locker room talk» (Garderoben-Geschwätz) zu verharmlosen.
Um Sex geht es auch bei Matt Gaetz. Er wird beschuldigt, mit Minderjährigen geschlafen und online Sex käuflich erworben zu haben. Und die Ähnlichkeit zu Trump ist ebenfalls kein Zufall: Gaetz gilt als eifrigster Jünger des golfenden Pensionisten in Mar-a-Lago. Aber der Reihe nach:
Der 38-jährige Abgeordnete stammt aus einer reichen und konservativen Politikerfamilie im Bundesstaat Florida. Gaetz ist ein vehementer Verteidiger von Donald Trump und tat dies immer wieder lautstark kund. Er schreckt dabei auch vor grenzwertigen Aktionen nicht zurück.
Während eines geschlossenen Hearings im ersten Impeachmentverfahren gegen Trump wollte er beispielweise einen Saal stürmen, in dem das House Intelligence Committee tagte. Als die republikanische Abgeordnete Liz Cheney sich beim zweiten Impeachmentverfahren gegen Trump aussprach, eilte Gaetz zu einer Protestveranstaltung gegen Cheney in den Bundesstaat Wyoming.
Gaetz hat ebenfalls keine Berührungsängste gegenüber ganz rechts. So hat er einst einen Holocaust-Leugner zur State-of-the-Union-Rede des Präsidenten eingeladen. Oder er suggerierte, dass nicht Trump-Anhänger, sondern Antifa-Mitglieder das Kapitol gestürmt hätten. Gaetz ist – oder war zumindest – regelmässiger Gast bei Fox News.
Kurz: Gaetz ist das perfekte Aushängeschild für die Grand Old Party im Zeitalter von Trump.
Gaetz wird offenbar eine Freundschaft mit einem gewissen Joel Greenberg zum Verhängnis. Dieser hat sich als Steuerbeamter in Florida auf bizarre Art und Weise kriminell verhalten. Bei der Untersuchung des Falles stiessen die Beamten auch auf Sex-Affären mit Minderjährigen und Online-Sex-Agenturen. Dabei kam auch der Name von Gaetz aufs Tapet.
Auch für Gaetz gilt die Unschuldsvermutung. Doch es sieht nicht gut für ihn aus. Weil sein Kumpel Greenberg gegen die Kautionsvereinbarungen verstossen hat, sitzt er wieder im Knast, und weil ihm eine hohe Gefängnisstrafe droht, ist er versucht, gegen Gaetz auszusagen, um sich so eine mildere Strafe einzuhandeln.
Zudem ist die «New York Times», welche die ganze Angelegenheit aufgedeckt hat, im Besitz eines sogenannten «paper trails», will heissen, sie verfügt über Dokumente, die beweisen, dass Greenberg und Gaetz Geld für Sex an Frauen überwiesen haben.
Besonders heikel ist dabei die Tatsache, dass eine dieser Frauen erst 17-jährig war und dass Gaetz sie über die Grenzen eines Bundesstaates gelockt und sie dafür entlohnt haben soll. Das gilt in den USA als «sex trafficking». Damit ist nicht zu spassen. Bei «sex trafficking» schalten sich das FBI und das Justizministerium ein. Bestraft wird es mit einer zweistelligen Gefängnisstrafe, in Jahren gerechnet.
Pikant ist auch die Tatsache, dass die Untersuchung gegen Gaetz noch unter Justizminister William Barr eröffnet wurde. Von einer «Hexenjagd» der Demokraten kann somit nicht die Rede sein. Barr war sich bekanntlich für fast keine Untat der Trump-Regierung zu schade.
Kurz gesagt, wie sein Vorbild Trump. Er streitet alles ab, spricht von einer Verschwörung gegen ihn und beteuert, er habe nie in seinem Leben für Sex bezahlt, schon gar nicht mit minderjährige Mädchen. In einem mehr als bizarren Interview mit Tucker Carlson auf Fox News versuchte er gar, den Moderator mit einzubeziehen. Selbst der hart gesottene Carlson zeigte sich so verwirrt, dass er danach erklärte, er habe noch nie ein derart seltsames Interview geführt.
Gleichzeit hat Gaetz eine Theorie ins Feld geführt, wonach das Ganze ein Erpressungsversuch von zwei ehemaligen FBI-Agenten gegen seinen Vater sei. Ob dies zutrifft, und wenn ja, ob diese Erpressung etwas mit den Sex-Geschichten zu tun hat, ist unklar.
In seinem Kommentar im «Washington Examiner» schreibt Gaetz nun in klassisch Trump'scher Manier:
Trump selbst hat sich noch nicht geäussert. Die Kongressmitglieder der GOP geben sich bedeckt und verweigern wenn möglich die Auskunft. Das Ganze ist ihnen mehr als peinlich, zumal CNN berichtet hat, Gaetz habe immer wieder mal mit Nacktbildern seiner Sex-Gespielinnen geprahlt, selbst im Ratssaal des Kongresses.
Die Demokraten fordern bereits den Rücktritt von Gaetz, zumindest aus allen Komitees. Mehrheitsführerin Nancy Pelosi will eine Ethik-Kommission einberufen. Minderheitsführer Kevin McCarthy will zuwarten. «Bisher sagt Gaetz, die Anschuldigungen seien falsch, und wir haben keine weiteren Informationen», sagt er.
Die Affäre ist ein weiterer Tiefpunkt des Zustandes der GOP. Gaetz ist selbst in der Reihen der Republikaner unbeliebt, sein Verhalten offensichtlich peinlich. Trotzdem herrscht Schweigen im Walde. Solange Gaetz unter dem Schutz von Trump steht, wagt keiner, sich öffentlich gegen ihn zu stellen.
Warum nur, wenn er doch angeblich unschuldig ist?
Eine echte Giftmischung und perfektes Tea-Party Futter. Zum Glück sind nicht alle aus reichem (nicht gutem) Haus so verbohrt und "dumm". Aber leider viele, da ihnen der asoziale, kapitalistische Egoismus bereits in die Wiege gelegt wird.
Zum Glück werden auch die keine 140 Jahre alt!
Vor allem Leuten in diesem Alter verzeihen ich das nicht,die haben genau gesehen was im Land schief läuft. Vermutlich ist er einfach in seiner "Reiche Leute Bubble" aufgewachsen, hat das Gefühl man ist selber schuld wenn man nicht reich ist, und ist sich nicht bewusst (oder es ist ihm egal) wie echte Leute leben.