Nach langem Ringen haben sich die EU-Innenminister am Donnerstag in Luxemburg auf einen neuen EU-Asyl- und Migrationspakt geeinigt. Damit wird das Asylrecht in Europa verschärft.
Konkret sieht der neue Migrations- und Asylpakt beschleunigte Asylverfahren an der EU-Aussengrenze vor, sodass Migrantinnen und Migranten ohne positiven Asylentscheid erst gar nicht mehr in die EU gelangen.
An der EU-Aussengrenze werden die Menschen in Zentren zusammengenommen und müssen dort ein beschleunigtes Asylverfahren durchlaufen. Ausgenommen von diesen beschleunigten Verfahren sind lediglich unbegleitete Minderjährige. Wer keinen positiven Asylbescheid bekommt, soll so schnell wie möglich zurückgeschickt werden.
Ausserdem sieht der Kompromiss einen verstärkten Solidaritätsmechanismus vor, der die stark belasteten EU-Staaten entlasten soll: So sollen alle EU-Länder verpflichtend Flüchtlinge von stark belasteten Staaten übernehmen - nach einem bestimmten Verteilschlüssel. Von denen EU-Staaten, die dies nicht wollen, werden Ausgleichszahlungen verlangt. Bis anhin war die Übernahme von Asylsuchende komplett freiwillig.
Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider bezeichnete die Einigung als einen «historischen Schritt». Der Kompromiss schaffe vertrauen, sagte die Bundesrätin vor Medienschaffenden. Denn das Dublin-System, an dem sich die Schweiz beteiligt, hätte laut Baume-Schneider der aktuellen Situation nicht mehr lange Stand gehalten.
Dieses gibt vor, dass derjenige Staat, in dem Asylsuchende zuerst ankommen, sich auch um diese kümmern muss. Für die Mittelmeerstaaten wie Griechenland, Italien, Spanien, Malta und Zypern wurde das angesichts der hohen Flüchtlings- und Migrantinnenzahlen zu einer grossen Belastung.
Wegen der hohen Asylzahlen und der bevorstehenden Europawahlen im Juni 2024, die den Politbetrieb in Brüssel ab einem gewissen Zeitpunkt lähmen, drängten viele EU-Staaten darauf, einen Kompromiss zu finden. Schon im Vorfeld des EU-Innenministertreffens hatten EU-Diplomaten daher von einem «Momentum» gesprochen, das den Weg für eine Lösung eben könnte.
Dank des Kompromisses sei nun das Dublin-System gestärkt worden, bilanzierte Bundesrätin Baume-Schneider. Auch die Schweiz werde sich entsprechend beteiligen. Sie habe sich in der Vergangenheit auch am Solidaritätsmechanismus beteiligt, der für sie jedoch nicht verpflichtend sei, sagte Baume-Schneider weiter.
Nicht unterstützt wird der erzielte Kompromiss von Ungarn, Polen, Malta, Bulgarien und der Slowakei. Tschechien gab nach der Einigung bekannt, dass es sich nicht am Solidaritätsmechanismus beteiligen will. Polen und Ungarn hatten eine verpflichtende Solidarität von Beginn an abgelehnt.
Da jedoch die EU-Innenminister mit qualifiziertem Mehr entscheiden konnten, ging die Vorlage trotzdem durch. Möglich machten dies letzte Änderungen, sodass schliesslich auch Italien und Griechenland zustimmen konnte. Denn von Beginn weg hiess es, eine Einigung ohne Italien sei politisch nicht machbar.
Als nächstes müssen sich die EU-Staaten mit dem EU-Parlament über die Vorlage einigen - idealerweise bis Ende Jahr. Dann nämlich könnte die Vorlage noch vor den Europawahlen definitiv beschlossen werden. Gelingt dies nicht, könnten veränderte politische Mehrheiten den ganzen Kompromiss in Frage stellen. (dab/sda)