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Einigung von EU-Staaten: Asylverfahren sollen verschärft werden

EU-Staaten einigen sich auf Verschärfung bei Asylverfahren – Baume-Schneider: «Historisch»

08.06.2023, 20:1608.06.2023, 23:16
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Was ist neu?

Nach langem Ringen haben sich die EU-Innenminister am Donnerstag in Luxemburg auf einen neuen EU-Asyl- und Migrationspakt geeinigt. Damit wird das Asylrecht in Europa verschärft.

Konkret sieht der neue Migrations- und Asylpakt beschleunigte Asylverfahren an der EU-Aussengrenze vor, sodass Migrantinnen und Migranten ohne positiven Asylentscheid erst gar nicht mehr in die EU gelangen.

epaselect epa10679072 European Commissioner for Home Affairs Ylva Johansson speaks to the media prior to the European Home Affairs Ministers Council meeting in Luxembourg, 08 June 2023. EU Interior an ...
Die EU-Kommissarin für Inneres Ylva Johansson.Bild: keystone

An der EU-Aussengrenze werden die Menschen in Zentren zusammengenommen und müssen dort ein beschleunigtes Asylverfahren durchlaufen. Ausgenommen von diesen beschleunigten Verfahren sind lediglich unbegleitete Minderjährige. Wer keinen positiven Asylbescheid bekommt, soll so schnell wie möglich zurückgeschickt werden.

Ausserdem sieht der Kompromiss einen verstärkten Solidaritätsmechanismus vor, der die stark belasteten EU-Staaten entlasten soll: So sollen alle EU-Länder verpflichtend Flüchtlinge von stark belasteten Staaten übernehmen - nach einem bestimmten Verteilschlüssel. Von denen EU-Staaten, die dies nicht wollen, werden Ausgleichszahlungen verlangt. Bis anhin war die Übernahme von Asylsuchende komplett freiwillig.

Was sagt die Schweiz dazu?

Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider bezeichnete die Einigung als einen «historischen Schritt». Der Kompromiss schaffe vertrauen, sagte die Bundesrätin vor Medienschaffenden. Denn das Dublin-System, an dem sich die Schweiz beteiligt, hätte laut Baume-Schneider der aktuellen Situation nicht mehr lange Stand gehalten.

Dieses gibt vor, dass derjenige Staat, in dem Asylsuchende zuerst ankommen, sich auch um diese kümmern muss. Für die Mittelmeerstaaten wie Griechenland, Italien, Spanien, Malta und Zypern wurde das angesichts der hohen Flüchtlings- und Migrantinnenzahlen zu einer grossen Belastung.

Bundesraetin Elisabeth Baume-Schneider spricht waehrend der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 7. Juni 2023 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Elisabeth Baume-SchneiderBild: keystone

Wegen der hohen Asylzahlen und der bevorstehenden Europawahlen im Juni 2024, die den Politbetrieb in Brüssel ab einem gewissen Zeitpunkt lähmen, drängten viele EU-Staaten darauf, einen Kompromiss zu finden. Schon im Vorfeld des EU-Innenministertreffens hatten EU-Diplomaten daher von einem «Momentum» gesprochen, das den Weg für eine Lösung eben könnte.

Dank des Kompromisses sei nun das Dublin-System gestärkt worden, bilanzierte Bundesrätin Baume-Schneider. Auch die Schweiz werde sich entsprechend beteiligen. Sie habe sich in der Vergangenheit auch am Solidaritätsmechanismus beteiligt, der für sie jedoch nicht verpflichtend sei, sagte Baume-Schneider weiter.

Wer war gegen die Änderung?

Nicht unterstützt wird der erzielte Kompromiss von Ungarn, Polen, Malta, Bulgarien und der Slowakei. Tschechien gab nach der Einigung bekannt, dass es sich nicht am Solidaritätsmechanismus beteiligen will. Polen und Ungarn hatten eine verpflichtende Solidarität von Beginn an abgelehnt.

Da jedoch die EU-Innenminister mit qualifiziertem Mehr entscheiden konnten, ging die Vorlage trotzdem durch. Möglich machten dies letzte Änderungen, sodass schliesslich auch Italien und Griechenland zustimmen konnte. Denn von Beginn weg hiess es, eine Einigung ohne Italien sei politisch nicht machbar.

Was kommt jetzt?

Als nächstes müssen sich die EU-Staaten mit dem EU-Parlament über die Vorlage einigen - idealerweise bis Ende Jahr. Dann nämlich könnte die Vorlage noch vor den Europawahlen definitiv beschlossen werden. Gelingt dies nicht, könnten veränderte politische Mehrheiten den ganzen Kompromiss in Frage stellen. (dab/sda)

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9 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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DeDanu
08.06.2023 22:51registriert Januar 2019
Lange hats gedauert doch endlich scheint es, dass man gewillt ist, sich nicht mehr dominieren zu lassen von den nicht abreissenden Strömen von Wirtschftsflüchlingen und Profiteuren. Ein Zeichen welches längst überfällig war, dass Europa genug hat von diesen Missständen und gewillt ist zu handeln.
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Clife
09.06.2023 02:34registriert Juni 2018
Ich verstehe, warum die Flüchtlinge nach Europa kommen wollen, aber verstehe nicht, wieso die Länder, aus denen sie kommen, nichts für diese Wirtschaft unternehmen. Denken sich die Flüchtlinge, dass sie hier als CEO bei Breitling direkt angeheuert werden oder wie? Das einzige, was die meisten kriegen würden, wäre Sozialgeld, ausser sie fangen irgendwo ganz unten an. Da würde ich doch lieber im eigenen Land was aufbauen wollen. Braucht halt auch Demokratie dafür und Gesetze.
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