Jetzt haben knapp 4,3 Millionen Däninnen und Dänen von 8.00 bis 20.00 Uhr die Gelegenheit, ihr Kreuz zu setzen. Unter ihnen sind mehr als 200'000 Erstwähler. Mit ersten Prognosen wird unmittelbar nach Schliessung der Wahllokale am Abend gerechnet, mit einem vorläufigen Endergebnis im Laufe der Wahlnacht. Selten war so ungewiss, wie die nächste dänische Regierung aussehen wird.
Insgesamt sind 179 Sitze im Parlament in Kopenhagen zu vergeben. Je zwei davon sind für Repräsentanten Grönlands und der Färöer-Inseln bestimmt, die beide offiziell zum dänischen Königreich zählen.
Die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen führt Dänemark seit ihrem Wahlsieg vor gut dreieinhalb Jahren mit einer ausschliesslich aus ihrer Partei bestehenden Minderheitsregierung. Für politische Mehrheiten setzt sie in erster Linie auf Unterstützung ihres linksgerichteten Lagers, in der strikten Einwanderungspolitik aber zum Beispiel auf Stimmen aus dem konservativ-rechten Block.
Diesmal strebt Frederiksen eine für ihr Land seltene Regierung über die traditionellen Blockgrenzen hinweg an. Angesichts von Energiekrise, Ukraine-Krieg und weiteren Krisen hält es die 44-Jährige für die richtige Zeit, eine breite Regierungszusammenarbeit in der politischen Mitte zu schaffen.
Ein Mitte-rechts-Bündnis will dabei aber nicht mitmachen. Dieser blaue Block wird vom Chef der liberal-konservativen Partei Venstre, Jakob Ellemann-Jensen, angeführt. Er besteht aus gleich sechs liberalen, konservativen und rechten Parteien. Darunter ist die tief in der Krise steckende rechtspopulistische Dänische Volkspartei: Sie war 2015 auf satte 21,1 Prozent gekommen, 2019 dann auf 8,7 Prozent abgestürzt – und könnte nun unter Umständen sogar an der niedrigen Zwei-Prozent-Hürde zum Einzug ins Parlament scheitern. Das liegt zum einen an parteiinternem Streitigkeiten, zum anderen aber auch daran, dass das Thema Einwanderung im Wahlkampf kaum eine Rolle spielte.
Gleich zwei frühere Spitzenpolitiker sind 2021 bei der ebenfalls kriselnden Venstre ausgetreten, um ihre eigenen Parteien zu gründen. Die frühere Ausländerministerin Inger Støjberg hat die sogenannten Dänemarkdemokraten gegründet, Ex-Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen die Moderaten. Viele eigentliche Venstre-Wähler zieht es nun zu diesen beiden Parteien hin.
Besonders Løkke könnte den politischen Status quo bei der Wahl kräftig aufmischen: Während sich Støjberg in den blauen Block einordnete, steht der frühere Ministerpräsident genau zwischen den politischen Lagern. Umfragen deuten darauf hin, dass sowohl der linke als auch der rechte Block ohne die Moderaten auf keine Mehrheit kommt. Das könnte Løkke die Schlüsselrolle des Königsmachers geben.
Wie schon bei der Wahl 2019 – damals noch als Venstre-Chef – spricht er sich für eine blockübergreifende Zusammenarbeit aus. Venstre-Chef Ellemann-Jensen will ihn dagegen auf seine Seite ziehen. «Wenn die Dinge, von denen du träumst und die in unserem gemeinsamen früheren Hinterhof gewachsen sind ... ja dann komm doch nach Hause», sagte er am Sonntag in einer TV-Debatte der Vorsitzenden der 14 Parteien, die sich Chancen auf den Einzug ins Parlament machen, zu Løkke. (sda/dpa)