Der prorussische Rechtsextremist Calin Georgescu ist überraschend in die Stichwahl um das Amt des Staatsoberhaupts im Nato-Land Rumänien eingezogen. Der parteilose Populist war mit antiwestlichen Positionen und Kult für die rumänischen Faschisten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs aufgefallen.
Von seinen Konkurrenten und den klassischen Medien wurde Georgescu weitgehend ignoriert, dafür ist er sehr erfolgreich auf der chinesischen Social-Media-Plattform TikTok unterwegs. Im ersten Wahlgang landete er vor der zweitplatzierten Kandidatin Elena Lasconi von der konservativ-liberalen Reformpartei USR. Die Entscheidung zwischen den beiden fällt nun am 8. Dezember – eine Woche nach der Parlamentswahl.
Der östlichste EU-Mitgliedstaat Rumänien hat rund 19 Millionen Einwohner, gilt als eines der ärmsten Länder Europas und grenzt im Norden an die Ukraine, die sich seit bald drei Jahren einer russischen Invasion erwehrt.
Am Wahlabend sagte Georgescu auf einer via Facebook übertragenen Pressekonferenz, das rumänische Volk sei «zum Bewusstsein erwacht» und habe seinen Willen bekundet, «nicht weiter auf Knien, nicht weiter unter Invasion, nicht weiter erniedrigt» zu bleiben. Wirtschaftliche Unsicherheit habe zu diesem Votum geführt. «Heute Abend hat das rumänische Volk »Frieden« gerufen», fügte Georgescu hinzu – wohl mit Blick auf Russlands Angriffskrieg auf die benachbarte Ukraine.
Im ersten Wahlgang erhielt der Extremist 22,95 Prozent der Stimmen und Lasconi 19,17 Prozent. Der sozialdemokratische Ministerpräsident Marcel Ciolacu kam mit 19,15 Prozent auf Platz drei und scheidet damit aus dem Rennen aus. Der Vorsprung Lasconis vor Ciolacu beträgt 2.130 Stimmen. Das teilte das Zentrale Wahlbüro nach Auszählung der Stimmzettel in 99,98 Prozent der Wahllokale mit.
Der als Viertplatzierter mit 14 Prozent der Stimmen ausgeschiedene Bewerber George Simion von der rechtsextremen Parlamentspartei AUR kündigte an, Georgescu in der Stichwahl zu unterstützen. Unklar war zunächst, ob Ciolacus Partei zur Wahl von Lasconi aufrufen würde.
Bei der Präsidentenwahl im Jahr 2000 hatte es eine ähnliche Situation gegeben: Damals standen sich in der Stichwahl der Sozialdemokrat Ion Iliescu und der Rechtsextremist Corneliu Vadim Tudor gegenüber. Die demokratischen Parteien taten sich zusammen und konnten auch dank kräftiger Unterstützung durch europäische Verbündete einen Extremisten im höchsten Staatsamt verhindern.
In Rumänien bestimmt der Präsident die Aussen- und Verteidigungspolitik und ist an der Kontrolle der Geheimdienste beteiligt. Er hat mehr Macht als der deutsche Bundespräsident und weniger als das Staatsoberhaupt in Frankreich. Das Abschneiden der Kandidaten in der ersten Runde der Präsidentenwahl dürfte auch die Parlamentswahl am 1. Dezember beeinflussen.
Wegen des Vorwurfs der Verherrlichung faschistischer Kriegsverbrechen ermittelt die rumänische Staatsanwaltschaft gegen Georgescu, über den Fortschritt dieser Untersuchungen ist laut rumänischen Medien aber nichts bekannt. Ebenso wie die als «Legionäre» bekannten rumänischen Faschisten rühmt Georgescu häufig die orthodoxe Kirche und benutzt Bibelzitate. Er war früher Mitglied der extrem rechten Parlamentspartei AUR, trat aber im Streit aus.
Der 62-jährige Agrarwissenschaftler und Tiermediziner hatte vor allem auf TikTok für sich geworben. Kommentatoren in Bukarest meinten am Wahlabend, klassische Medien und etablierte Politiker müssten sich vorwerfen lassen, Georgescus politische Propaganda in sozialen Medien bisher nicht genügend beachtet zu haben. Auch Meinungsforscher hatten seinen Erfolg nicht kommen sehen, selbst Nachwahlbefragungen am Wahlabend liessen das Ergebnis nicht erahnen.
(dab/sda/dpa)
Da kann man nur froh sein, dass im Kt. Aargau soeben das Stimmrechtsalter 16 wuchtig versenkt wurde. Viele Jungwähler wählen Populisten und die polit. Pole.
Genau das passiert eben, wenn man gewisse Menschen und Zustände ignoriert! Sie verschwinden nicht einfach so, sondern werden im Hintergrund grösser. Und kommen als überwältigende Probleme zurück. 'Verstohsch?'