International
Grossbritannien

Briten demonstrieren gegen rechtsextreme Ausschreitungen

Counter protestors face off with police in Walthamstow, London, Wednesday Aug. 7, 2024, ahead of anti-immigration groups planning to target dozens of locations throughout the country following a week  ...
In London versammelten sich zahlreiche Menschen, um gegen die gewalttätigen Ausschreitungen zu demonstrieren.Bild: keystone

Rechtsextreme Krawalle: Hunderte versammeln sich in Liverpool, um Asylzentrum zu schützen

Tausende Menschen haben in Grossbritannien gegen rechtsextreme Ausschreitungen protestiert.
08.08.2024, 04:3908.08.2024, 17:19
Mehr «International»

Die Menschen gingen am Mittwochabend in mehreren Städten des Landes gegen Rassismus und Hass auf die Strasse, darunter in London, Sheffield, Bristol und Brighton. In Liverpool hätten sich mehrere Hundert Menschen versammelt, um ein Zentrum für Asylbewerber zu schützen, meldete die britische Nachrichtenagentur PA.

Counter protestors gather in Liverpool, Wednesday, Aug. 7, 2024 ahead of anti-immigration groups planning to target dozens of locations throughout the country following a week of rioting fueled by mis ...
Ein älterer Demonstrant bei einer Kundgebung in Liverpool.Bild: keystone

In Grossbritannien kommt es seit mehr als einer Woche zu rechtsextremen Krawallen. Randalierer hatten in den vergangenen Tagen Sicherheitskräfte, Unterkünfte für Asylbewerber und Moscheen angegriffen. Autos und Gebäude wurden in Brand gesetzt. Premierminister Keir Starmer drohte mit der vollen Härte des Gesetzes.

Die Polizei hatte sich für die Nacht erneut auf Randale eingestellt und Medienberichten zufolge befürchtet, dass auch Anwaltsfirmen und Beratungsstellen, die Asylbewerber bei ihren Anträgen unterstützen, ins Visier geraten könnten. An manchen Orten wurden zum Beispiel vorsorglich Fensterfronten mit Brettern geschützt.

Am Abend kamen aber vor allem Gegendemonstranten friedlich zusammen. Auf Plakaten und Schildern forderten sie etwa «No Place for Hate» («Kein Platz für Hass») oder «Stop the far Right» («Stoppt die extreme Rechte»). In Birmingham hätten sich Menschen vor einem Beratungszentrum versammelt und etwa gegen Islamhass protestiert, meldete PA.

Menschen stellen sich gegen Rassismus

Innenministerin Yvette Cooper bedankte sich bei der Polizei für ihren Einsatz, die Tausende Kräfte vorgehalten hatte. Auch König Charles III. lässt sich Berichten zufolge regelmässig über die Entwicklungen informieren. Ermittler hatten landesweit mit rund 100 Krawallaktionen gerechnet, die dann aber geringer ausfielen als erwartet.

epa11534948 Anti-racist protesters gather outside the Merseyside Refugee Centre in Liverpool, Britain, 07 August 2024. Further far-right protests are expected throughout Britain on the 07 August 2024. ...
Auch in Liverpool kam es zu Gegendemonstrationen.Bild: keystone

In Brighton hätten Polizisten einigen rechtsextremen Demonstranten den Weg aus der Menge von Gegendemonstranten bahnen müssen, berichtete PA. Manche hätten «Schämt euch» gerufen. Vereinzelt kam es am Mittwochabend auch zu Festnahmen.

Vorausgegangen war den Ausschreitungen ein Messerangriff in der Stadt Southport. Dabei wurden am 29. Juli drei Mädchen getötet und weitere Kinder sowie zwei Erwachsene verletzt. Online verbreiteten sich Gerüchte, ein muslimischer Migrant sei der Täter.

Die Falschnachrichten wurden von einflussreichen Accounts bei X und Telegram geteilt. Die Polizei betont, dass es sich bei dem Verdächtigen um einen 17-Jährigen handelt, der als Sohn von Ruandern in Grossbritannien geboren wurde. Das Motiv ist unklar.

Von den mehr als 400 festgenommenen Randalierern wurden bereits etwa 120 angeklagt. Ein Gericht in Liverpool verurteilte drei Männer zu Haftstrafen von 20 Monaten bis drei Jahren. Laut Justizstaatssekretärin Heidi Alexander sollen von nächster Woche an mehr als 560 zusätzliche Plätze in Gefängnissen geschaffen werden.

Der Soziologe Aaron Winter von der Universität Lancaster erklärt die Ausschreitungen nicht mit der neuen sozialdemokratischen Labour-Regierung und einem Protest gegen eine vermeintlich linke progressive Bewegung. Starmers Partei sei nicht linksgerichtet. «Sie hat mit den Flaggen und der »small boat«-Rhetorik Wahlkampf gemacht und sich härter gegeben als die Konservativen.» Parteien hätten sich mit Aussagen übertroffen, wer härter gegen Migration vorgehe, was zu einer feindlichen Atmosphäre führe.

Winter verweist darauf, dass die frühere konservative Regierung mit ihrer Sparpolitik die Ungleichheit im Land vergrössert habe. Er kritisierte Starmers jüngste Aussagen, der die Randalierer als «thugs» bezeichnet hatte, übersetzt etwa als Banditen. Damit würden die Randalierer marginalisiert, als ob sie ausserhalb der Gesellschaft stünden. Die tieferen Ursachen würden angesichts einer solchen Argumentation aber ignoriert, warnte Winter. (sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
44 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
MrFloppy
08.08.2024 05:44registriert November 2023
Es würde mich nicht wundern, wenn unter diesen Krawall-Machern sich ein paar Putin Agenten befinden, die das ganze gezielt eskalieren lassen. 0815 Vorgehen zur destabilisierung einer Nation.
7241
Melden
Zum Kommentar
avatar
Einstürzende_Altbauten *
08.08.2024 08:31registriert Dezember 2014
Schön zu lesen, dass hier die stille Mehrheit Position bezogen hat. Und dass die stille Mehrheit so auch in den Nachrichten auftaucht, statt immer nur die Minderheit der Hassmenschen. Einer der Wege, dem Hass zu begegnen, ich wünsche mir mehr so Aktionen, auch in der Schweiz.
4423
Melden
Zum Kommentar
avatar
Wolf von Sparta
08.08.2024 08:56registriert Februar 2019
Es ist schade, dass es nur um Krawall geht.. völlig den Bezug zum Problem verloren. Ich hoffe das die Regierung in England das Problem der Migration trotzdem erkennt und diese besser kontrollieren wird. Ein Schild mit Refugees welcome, macht die ganze Sache nicht besser liebe Gegendemonstranten.
3431
Melden
Zum Kommentar
44
Von der Leyen will rechten Italiener als Vizepräsidenten der EU-Kommission
Ursula von der Leyen versucht Giorgia Melonis Parteikollegen Raffaele Fitto als geschäftsführenden Vizepräsidenten der EU-Kommission durchzusetzen. Doch am Ende entscheidet nicht sie.

Mit Raffaele Fitto soll zum ersten Mal ein Politiker der rechten italienischen Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) zu einem der Vizepräsidenten der EU-Kommission ernannt werden. Das kündigte die zuständige Präsidentin Ursula von der Leyen im EU-Parlament in Strassburg an.

Zur Story