Das Ziel der italienischen Regierung rund um Ministerpräsidentin Giorgia Meloni war klar definiert, als sie im Oktober die ersten Asylzentren in Albanien eröffnete: Pro Jahr sollten die Asylanträge von 36'000 Personen behandelt werden, die sich zuvor in italienischen Gewässern aufhielten.
So soll die illegale Einreise nach Italien aus Ländern, die als sicher gelten (z. B. Tunesien), verhindert werden. Frauen, Kinder, Verletzte und Männer aus Ländern mit hohen Asylquoten gelangen weiterhin nach Italien, wie die NZZ schreibt.
Doch funktioniert Melonis Plan wirklich? Nach einem Bericht von albanischen Investigativjournalisten bestehen berechtigte Zweifel am «patto dello spritz», übersetzt: «Apéro-Pakt».
Der Deal, den Meloni und ihr albanischer Amtskollege Edi Rama abgeschlossen haben, wird in einigen Kreisen so genannt, weil er offenbar aufgegleist wurde, als die italienische Regierungschefin für Sommerferien in Albanien weilte.
Salopp ausgedrückt, die nach Albanien versetzten italienischen Beamten langweilen sich zu Tode. Die albanischen Reporter trafen im Badeort Shengjin an der Adria-Küste – als Touristen getarnt – auf Mitglieder des Sicherheitsdienstes eines der Asylzentren. In Shengjin befindet sich das Empfangszentrum. Die Begegnung ereignete sich aber nicht bei der Arbeit, sondern in einem 5-Sterne-Hotel mit Pool und Spa, wie der Guardian schreibt.
Einer der Beamten erzählte: «Wir sind hierhergekommen, um zu arbeiten. Aber es sind keine Migranten da, sie wurden nach Italien gebracht.» Der Beamte führt aus:
Dass italienische Beamte auf Staatskosten am Pool entspannen, erscheint insbesondere speziell, als dass es um die Finanzen des Landes nicht gerade gut bestellt ist. Das Asylabkommen mit Albanien kostet für fünf Jahre rund 1 Milliarde Euro, gleichzeitig spart Italien bei Bildung, Gesundheit und sozialer Sicherheit.
Tatsächlich sind gemäss «Guardian» bislang insgesamt erst 24 Asylsuchende nach Albanien gebracht worden. Geblieben ist bislang keiner. Fünf verbrachten weniger als 12 Stunden in einem der Zentren, die übrigen rund 4 Tage.
Inzwischen hat die italienische Regierung reagiert. Die Beamten, die aufgrund von Unterbeschäftigung Zeit am Pool verbringen, gehören zu den letzten, die noch vor Ort sind. Bereits im November waren zahlreiche Beamte und auch Sozialarbeiter nach Italien zurückgekehrt, weil es in Albanien nichts mehr zu tun gab.
Die Oppositionsparteien bezeichneten Melonis Deal bereits als «finanzielle Katastrophe». Da wussten sie noch nicht, dass die Staatsangestellten in Albanien anstelle von asylbezogenen Tätigkeiten mit dem zweiten Aufguss in der Sauna beschäftigt sind. Oder Hunde hüten.
Im November deckte die italienische Zeitung «Domani» auf, dass in einem Gefängnis in Gjader – dort befindet sich das Asylzentrum – anstelle von Asylbewerbern streunende Hunde untergebracht sind. Die dort eingesetzten Beamten hätten sie adoptiert. Nach einem Besuch schrieb die Zeitung:
Im Zentrum in Gjader sollten eigentlich die jeweiligen Asylverfahren eröffnet und mit einer Dauer von maximal vier Wochen bearbeitet werden. Abgelehnte Asylsuchende werden in ihre Heimat oder ein sicheres Drittland überführt.
Dass bei Matteo Renzi, Oppositionspolitiker und ehemaliger Ministerpräsident, kein Jubel ausbricht, war zu erwarten. Renzi bezeichnete den Deal mit Albanien als eine der «grössten Farcen in unserer Geschichte».
«Wieso werfen wir das Geld der Italiener auf diese Weise weg? Warum lassen wir die Strafverfolgungsbehörden in Albanien, wenn wir Personal in unseren Städten brauchen?», fragte Renzi und schlug vor, albanische Häftlinge von Italien in die Einrichtungen nach Albanien zu verlegen.
Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und ihre Regierung stehen unter Druck, weil sie ihre Vorgänger kritisiert haben, öffentliche Gelder für die Bewältigung der Migrationskrise einzusetzen.
Doch Meloni verteidigt ihr Vorhaben trotz aller Kritik: «Die Zentren für Migranten in Albanien werden funktionieren, auch wenn ich bis zum Ende der italienischen Regierung jede Nacht dort verbringen muss.»
Für Innenminister Matteo Piantedosi dienen die Zentren in Albanien primär der Abschreckung. Der grösste Teil der Migranten habe kein Anrecht auf Asyl und werde es sich daher zweimal überlegen, in ein Boot zu steigen, um dann in Albanien zu landen.
Auch dieses Jahr sind trotz eines deutlichen Rückgangs wieder mehr als 50'000 Menschen nach Überfahrten über das Mittelmeer an der italienischen Küste angekommen. (rst)
Da soll noch einer sagen da wird nicht speditiv gearbeitet 🤷🏻♂️
Es gibt keine einfache Lösungen für komplexe Probleme. Wer etwas anderes behauptet, lügt immer. Und wird leider trotz- oder deswegen gewählt. 🤷🏻♂️