Die georgische Legion ist innerhalb der ukrainischen Armee die schlagkräftigste Einheit, die aus Ausländern besteht. Kommandiert wird die Truppe von Mamuka Mamulaschwili. Seit 2014 kämpft er in der Ukraine gegen die Russen. Wir haben den 45-Jährigen in Kiew zum Gespräch getroffen.
Georgien hat viel Erfahrung im Umgang mit Russland. Was beobachten Sie seit der Invasion im Februar 2022?
Mamuka Mamulaschwili: Es ist recht schwierig, die russische Mentalität zu verstehen. Jedenfalls hat sich wenig verändert seit der Gründung der Russischen Föderation Ende 1991. Wir sehen nichts Neues auf dem Schlachtfeld und bei den Gewalttaten der Russen. Russland ist ein Mafia-Staat, und russische Soldaten benehmen sich wie Gang-Mitglieder. Sie verüben Kriegsverbrechen in der Ukraine, genauso wie damals bei uns in Georgien oder in Tschetschenien. Wir Georgier erinnern uns gut daran, wir waren das erste Land, das Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion angegriffen hat. Noch heute sind 20 Prozent unseres Staatsgebiets von Russen besetzt. Was ich in der Ukraine gesehen habe, war mir alles schon vorher bekannt: Folter, Vergewaltigung von Kindern. Das sind die ersten Zeichen der so genannten russischen Welt.
Die Ukraine bereitet eine Gegenoffensive vor, aber es hat viel geregnet, und die Böden sind noch schlammig. Muss der Gegenangriff verschoben werden?
Die Gegenoffensive hängt nicht vom Wetter ab, sondern vom Kriegsmaterial, das die Ukraine erhält. Wichtig sind vor allem genügend Artilleriemunition und Panzer. Die Moral der Ukrainer ist gut, mental sind sie jedenfalls für die Gegenoffensive bereit.
Wer kämpft eigentlich in der georgischen Legion? Hat es da auch Schweizer?
2014 habe ich die georgische Legion gegründet, wir waren damals nur etwa 10 Mitglieder. 2016 wurde unsere Einheit in die Armee integriert. Heute haben wir rund 2000 Kämpfer, darunter 15 Frauen. 70 Prozent unserer Soldaten haben georgische Wurzeln, und der Rest verteilt sich auf 30 Nationalitäten. Wir sind also multinational und haben Nulltoleranz gegenüber Rassismus und extremistischen Einstellungen. Einmal hatten wir auch einen Schweizer Soldaten. Ausserdem haben sich Schweizer bei uns gemeldet, die zwar mal in der Armee gedient hatten, aber über keine Kriegserfahrung verfügten. Deshalb konnten wir sie nicht aufnehmen. Generell ist es eine Ehre, zusammen mit Menschen zu kämpfen, die sich für Freiheit einsetzen. Wir verteidigen jene, die selbst nicht kämpfen können. Die georgische Legion hat schon viele ukrainische Zivilisten gerettet.
Wie sehen Sie die Rolle der Schweiz in diesem Krieg?
Die Schweizer Neutralität wird sich negativ auf die Sicherheitslage in Europa auswirken. Es gibt Schwarz und Weiss, und in der heutigen Welt müssen wir uns zwischen Gut und Böse entscheiden. Unschlüssig zu sein, heisst letztlich, das Böse zu unterstützen.
Seit 2012 wird Georgien von einer russlandfreundlichen Koalition regiert. Was hat das mit der Ukraine zu tun?
Ein grosser Teil der Georgier will nicht Teil der russischen Welt sein, also ganz ähnlich wie hier in der Ukraine. Das haben auch die jüngsten Proteste in Georgien gegen ein von der Regierung geplantes Gesetz gezeigt, das viele Hilfswerke und Organisationen als «ausländische Agenten» gebrandmarkt hätte. Also ähnliche Vorschriften, wie wir sie von Russland her kennen. Die Protestierenden konnten das Gesetz vorerst verhindern, und sie haben damit gezeigt, dass sie nicht in einem Land leben wollen, in dem am Ende der Kreml das Sagen hat. Meine Schwester ist Parlamentsabgeordnete in Georgien, aber sie hat die Opposition verlassen, weil die zerstritten ist und nicht fähig, der Regierung und den prorussischen Politikern die Stirn zu bieten.
Welche Verbindungen gibt es zwischen der Ukraine und Georgien?
Unsere Länder liegen beide am Schwarzen Meer. Die Verbindungen reichen weit in die Geschichte zurück. Ukrainische Kosaken kämpften schon in der Armee des georgischen Königs. Wir sind überzeugt, dass die Freiheit Georgiens auch in der Ukraine verteidigt wird. Ukrainer waren die Einzigen, die uns 1992 in Abchasien und Südossetien gegen die Russen unterstützten. Sie schickten ein Freiwilligen-Bataillon. Deshalb kann unsere Präsenz in der Ukraine nicht überraschen. Wir haben eine über Jahrhunderte gewachsene Freundschaft. Unsere Legion geniesst bei der ukrainischen Bevölkerung hohes Ansehen. Das gemeinsame Schicksal beider Länder ist im ukrainischen Bewusstsein sehr präsent. (aargauerzeitung.ch)
Dann haben wir noch einen Idioten, der meint er müsse nach Russland gehen um zu zeigen, dass das Internet dort schneller ist als in Berlin.
Genau. Deswegen bin ich gegen unsere aktuelle Auslegung der Neutralität - weil sie eben genau den Aggressor unterstützt.