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Sturm aufs Kapitol: Republikaner proben Aufstand gegen Trump

(Ein paar) Republikaner proben den Aufstand gegen Trump

Im Repräsentantenhaus stimmten 35 Abgeordnete für eine Kommission, die den «Sturm aufs Kapitol» untersuchen soll. Damit stellen sie sich gegen Ex-Präsident Donald Trump und die eigene Parteiführung. Droht eine weitere Spaltung?
20.05.2021, 12:2920.05.2021, 14:21
Bastian Brauns / t-online
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Trump-Anhänger stürmen Kapitol

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Trump-Anhänger stürmen Kapitol
Am 6. Januar 2021 wurde das Kapitol in Washington von Trump-Anhängern gestürmt.
quelle: keystone / manuel balce ceneta
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t-online

Der “Büffel-Mann”, der Trump-Anhänger im Büro von Nancy Pelosi, die sich verschanzenden Abgeordneten und die insgesamt fünf Toten - was genau ist am 6. Januar geschehen und wie konnte es zum «Sturm aufs Kapitol» in Washington, D.C., zum Angriff auf das Herzstück der amerikanischen Demokratie kommen?

Das wollen in den USA die Demokraten mit Hilfe einer umfassenden Untersuchungs-Kommission herausfinden. So wie einst auch die Hintergründe der Anschläge vom 11. September 2001 ermittelt wurden, so sollen mit diesem Gremium dieses Mal auch die Geschehnisse am Kapitol aufgearbeitet werden.

«Was muss erst noch geschehen in diesem Land?»

Die grosse Mehrheit der Republikaner stimmte am Mittwoch im Repräsentantenhaus gegen den Vorschlag der Demokraten, was teils zu heftigen Wortgefechten führte. So geisselte der demokratische Abgeordnete Tim Ryan aus Ohio die Republikaner als Realitätsverweigerer.

«Leute stürmen das Kapitol. Sie schlagen mit Bleirohren auf die Köpfer von Kapitol-Polizisten ein. Und wir können keine Überparteilichkeit erreichen. Was muss erst noch geschehen in diesem Land?», rief er den Abgeordneten entgegen. Angesichts der Herausforderungen mit China, den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise oder der Bekämpfung des Klimawandels brauche es “zwei politische Parteien in diesem Land, die beide in der Realität leben und Sie sind keine davon!"

Der Senat kann die Kommission kippen

House Minority Leader Kevin McCarthy, R-Calif., and fellow Republicans gather to consider a replacement for Rep. Liz Cheney, R-Wyo., was ousted from the GOP leadership Wednesday for criticizing former ...
Kevin McCarthyBild: keystone

Der republikanische Vorsitzende im Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, und der republikanische Minderheitsführer im US-Senat, Mitch McConnell, hatten in den vergangenen Tagen massiv Stimmung gegen Gesetzentwurf gemacht. Auch Ex-Präsident Donald Trump rief seine Partei dazu auf, gegen die Kommission zu stimmen. Auch er könnte zu Befragungen vorgeladen werden. Trump hatte kurz vor dem Sturm aufs Kapitol eine Rede vor seinen Anhängern gehalten, in der er seine Erzählung von der gestohlenen Wahl aufrechterhalten hatte. Er hatte dazu aufgerufen, die Pennsylvania Avenue entlang zum Kapitol zu marschieren.

Doch trotz der Aufrufe der Parteioberen gegen die Kommission, stimmten am Ende 35 Republikaner für den Vorschlag der Demokraten, eine Kapitol-Kommission einzusetzen. Das waren deutlich mehr als angenommen, darunter auch die zehn Abgeordneten, die bereits für ein Amtsenthebungsverfahren von Trump gestimmt hatten. Insgesamt stimmten 252 Abgeordnete dafür und 175 dagegen.

Ob es aber wirklich zu der Untersuchungskommission kommen wird, hängt von der kommenden Entscheidung im US-Senat ab. Dort herrscht eine 50-50-Parität zwischen Demokraten und Republikanern. Zwar kann Kamala Harris als Vize-Präsidenten bei Patt-Situationen die ausschlaggebende Stimme sein. Zum Einsetzen der Kommission aber ist eine Mehrheit von 60 Stimmen notwendig.

Gespaltene Republikaner

Das uneinheitliche Abstimmungsverhalten der Republikaner im Repräsentantenhaus wird von politischen Beobachtern einmal mehr als drastisches Zeichen dafür gewertet, wie gespalten die Partei inzwischen ist. Während viele Republikaner teils aus Überzeugung, teils aus Angst weiterhin für die Richtung des umtriebigen Ex-Präsidenten Donald Trump einstehen, gibt es auch Teile der Partei, die den Aufstand proben.

Zuletzt musste das Liz Cheney bezahlen, die Tochter des republikanischen Ex-Vizepräsidenten Dick Cheney. Seit dem Sturm aufs Kapitol ist sie eine erbitterte Gegner von Donald Trump. Sie kritisiert ihn als Lügner, als Gefahr für die Demokratie und spricht sogar vom “Bürgerkrieg der Republikaner”. Dafür wurde sie von den Republikanern vom Amt als Nummer drei der Fraktionsführung im Repräsentantenhaus abgewählt. Sie war nun eine der 35 Abtrünnigen, die gegen die Order der Fraktionsführung stimmten.

Da die USA ein Zwei-Parteien-System haben, ist das Land in besonderem Masse darauf angewiesen, dass Demokraten und Republikaner zumindest grundsätzlich geschlossen auftreten. Ausgehend von der sogenannten “Tea-Party-Bewegung” wurde in der Vergangenheit immer wieder darüber spekuliert, ob den Republikanern womöglich eine Spaltung droht. Indem Donald Trump weite Teile der Partei auf sich zugeschnitten hat, ist diese Gefahr weiterhin gegeben - mit noch unabsehbaren Folgen für das politische System der USA. 

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Soldaten der Nationalgarde campen im Kapitol
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Soldaten der Nationalgarde campen im Kapitol
Eine Woche nach Erstürmung des US-Kapitols sind die Sicherheitsmassnahmen des Parlamentsgebäudes massiv verstärkt worden. Tausende Soldaten der Nationalgarde wurden im Kapitol einquartiert.
quelle: keystone / jim lo scalzo
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Chaos in Washington
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19 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Howard271
20.05.2021 12:42registriert Oktober 2014
Mitch McConnell ist seit diesem Jahr gottseidank der Minderheitsführer der Republikaner im Senat, nicht mehr der Mehrheitsführer.
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Norenthal
20.05.2021 13:19registriert September 2020
Wenn mir vor 10,15 Jahren einer gesagt hätte eine Gruppe von Ultrarechten stürmt das Kapitol und die patriotischen Traditionalisten mit Hang zu Law and Order würden sich gegen genauere Untersuchungen stellen hätte ich gedacht "ieu, schiins Du Vogel".
Ich hätte schnell über die Bühne gehende Schauprozesse mit evt extremst Strafe für wahrscheinlicher gehalten.

Sad 'murica
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giandalf the grey
20.05.2021 13:56registriert August 2015
Wenns die Reps zerreisst werden Puerto Rico und Washington vollwertige Staaten, der Filibuster wird gekillt und die Dems übernehmen lange lange das Zepter. Ausser sie haben die Grösse, die Verfassung so umzubauen, dass auch kleine Parteien Mitspracherecht bekommen. Ich schätze wir werden's in 6-8 Jahren herausfinden.
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