Mit Zinswenden verhält es sich so, als würden zugleich mehrere Sprengladungen gezündet, deren Lunten jedoch unterschiedlich lang sind. Eine erste Explosion gab es durch hohe Verluste auf amerikanische Staatsanleihen. In der Folge gingen in den USA mehrere Banken zugleich pleite und in der Schweiz die Credit Suisse. Seither ist es ruhig. Doch eine zweite Lunte führt womöglich zu den Immobilienfirmen, die viel Geld in Bürogebäude investiert haben. Die Weltbank warnt, die Banken flüchten schon, und der Finanznachrichtendienst Bloomberg titelt über «eine neue Welle von Immobilienschmerzen».
Europäische Immobilienfirmen haben Schulden von 165 Milliarden Franken ausstehen, die sie von 2024 bis zum Jahresende 2026 erneuern müssen. Und dies zu Zinsen, die nach aktuellem Stand viel höher liegen. Das kann glimpflich enden oder mit Zahlungsausfällen und Wertberichtigungen. Die Finanzmärkte haben auf jeden Fall gar nicht erst abgewartet, wie es ausgeht, sondern sind längst auf der Flucht in die Sicherheit.
Diese Flucht zeigt sich an einem Einbruch bei den Aktienkursen von europäischen Immobilienfirmen. Um 148 Milliarden Dollar sind sie heute weniger Wert als zu ihren besten Zeiten, schreibt Bloomberg. Als Paradebeispiel für diesen Absturz gilt die schwedische Immobilienfirma SBB, deren Aktien bisher fast 90 Prozent ihres Werts verloren haben.
Wie in Europa, so in den USA. Amerikanische Banken «eilen zum Ausgang aus dem Markt für Büroimmobilien», berichtet die «Financial Times». Die Banken würden Schuldpapiere aus dem Sektor abstossen, auch wenn die Zinsen bisher pünktlich bezahlt worden seien. Sie haben es dermassen eilig, dass sie die Papiere selbst dann verkaufen, wenn sie dadurch einen Verlust erleiden. Hauptsache, sie kommen schnell weg.
Büroimmobilien als Schauplatz, wo es knallen könnte - so sieht das auch die Weltbank. Die multinationale Entwicklungsbank warnt, es könnte dadurch gar zu einer systemischen Bankenkrise kommen. In dem Sektor seien vor der Zinswende hohe Schulden aufgetürmt worden, was ihn nun besonders anfällig mache auf die hohen Zinsen. Das wiederum könnte jenen Banken zum Verhängnis werden, die in diesem Bereich besonders viele Kredite vergeben haben.
Ohnehin hätten viele Banken nun Bilanzen, die bereits geschwächt seien, schreibt die Weltbank in einem Bericht. Es ist die Folge einer Zinswende, die noch nicht abgeschlossen ist, aber bereits ungewöhnliche Ausmasse erreicht hat. Auch viele Regulierungsbehörden wurden überrascht. Als sie zu Tiefzinszeiten durchgerechnet hatten, welche Folgen höhere Zinsen für die Bankenbilanzen haben könnten, da unterstellten sie weit kleinere Zinswenden.
Diese Woche wird ein neues Kapitel geschrieben in der Zinswende. In den USA ging die Federal Reserve Bank zwar nicht weiter hinauf mit ihrem Leitzins. Doch signalisierte Fed-Chef Jerome Powell, dass er lediglich eine Pause eingelegt und dieses Jahr noch mit weiteren Zinserhöhungen zu rechnen ist. Dabei hatten die Finanzmärkte lange geglaubt, dass im kommenden Juli der Höhepunkt erreicht sein werde und es danach bald Zinssenkungen gibt.
Und für die Eurozone wird erwartet, dass die Europäische Zentralbank am Donnerstag nochmals hochgeht, aktuell steht ihr wichtigster Leitzins noch bei 3.75 Prozent. Die EZB-Chefin Christine Lagarde dürfte einmal mehr ihr Mantra wiederholen: «We are not done yet», «Wir sind noch nicht fertig». Es bleibt darum beim Bangen und Zittern darüber, wie schnell die Zentralbanken die Inflation in den Griff bekommen und wie lange sie die Zinsen oben behalten müssen.
Büroimmobilien werden als Risiko wahrgenommen, vor dem man sich besser in Sicherheit bringt - und dabei gehen die Finanzmärkte nicht zimperlich vor, wie immer in solchen Situationen. Sie gehen auf Distanz zu allem, was irgendwie ins gleiche Schema passt. Auf diese Weise werden börsennotierte Immobilienfonds hinabgezogen - vor allem solche mit Bürogebäuden, aber auch jene mit Wohnungen haben stark an Wert verloren. Und unter den Ängsten leiden auch die Aktien von Schweizer Immobilienfirmen. Das zeigt der Vergleich mit dem Swiss-Market-Index.
Der Schweizer Leitindex erreichte nach der Coronakrise zunächst eine neues Rekordhoch, hat seither aber mit der Zinswende zu kämpfen. Im Vergleich zu Anfang 2020 kommt der SMI dennoch auf ein Plus von 4.5 Prozent. Hingegen notiert die Aktie der PSP Swiss Property um gut 25 Prozent tiefer als damals, jene von Swiss Prime Site gar um 30 Prozent tiefer. Es könnte schlimmer sein. Noch weniger Vertrauen haben die Märkte anscheinend in die europäischen Immobilienfirmen. Der Branchenindex Euro Stoxx 600 ist um 40 Prozent abgestürzt.
Was die Märkte flüchten lässt, ist jedoch nicht nur die Ungewissheit, welche Wert-Zerstörungen die Zinswende noch mit sich bringen könnte. Die Immobilienfirmen sind auch rein rechnerisch weniger wert in einer Welt von hohen Zinsen. Ihre zukünftigen Gewinne müssen mit einem höheren Zins auf die Gegenwart abdiskontiert werden; und diese Gewinne werden zudem durch die höhere Zinskosten empfindlich geschmälert.
Schweizer Immobilienfirmen gelten an sich als besser aufgestellt als jene in Europa. Sie hätten sich weniger Schulden aufgeladen und ihre Immobilien seien tendenziell vorsichtiger bewertet. Doch hilft ihnen das wenig, wie man in Finanzmarktkreisen weiss. Entscheidend seien Analysten in London, welche die Schweiz nicht allzu gut kennen würden. Sei die Marktstimmung schlecht, so interessiere es wenig, was in der Schweiz allenfalls anders sei als im Ausland. (aargauerzeitung.ch)
Es gibt haufenweise Immobilien welche bis zu 96% belehnt sind, sogenannte Renditeobjekte. Jede Zinserhöhung schmälert deren Wert, schnell mal um bis zu 20%, dann werden die Besitzer Nachschusspflichtig, dürfte lustig werden.
Dazu hat Ursina Kübli, Chefin der ZKB Immobilien, mal ein sehr gutes Interview gegeben auf Cash. Es hat erst begonnen und unsere PKs mischen da munter mit.