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Forscher warnen in neuer MIT-Studie: ChatGPT verändert Gehirnaktivität

Forscher warnen in neuer Studie: ChatGPT verändert Gehirnaktivität

Beeinflusst ChatGPT, wie wir denken? Eine MIT-Studie liefert wissenschaftliche Antworten. Die Ergebnisse zeigen deutliche Veränderungen bei den Nutzern.
23.06.2025, 15:3023.06.2025, 15:30
Marcel Horzenek / t-online
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Wissenschaftler des MIT Media Lab haben nachgewiesen, dass die Nutzung von ChatGPT messbare Auswirkungen auf die Gehirnaktivität hat. Die Forscher sprechen von einer «kognitiven Verzerrung», die entstehe, wenn Menschen zu häufig Künstliche Intelligenz nutzen.

Für ihre Untersuchung teilten die Wissenschaftler 54 Probanden im Alter zwischen 18 und 39 Jahren aus dem Raum Boston in drei Gruppen auf. Eine Gruppe schrieb Aufsätze ausschliesslich mit ChatGPT, eine zweite nutzte die Google-Suche, die dritte arbeitete ohne jegliche Hilfsmittel. Während des Schreibens massen die Forscher die Gehirnaktivität der Probanden mittels Elektroenzephalografie (EEG) in 32 verschiedenen Hirnregionen.

Schwächere Hirnaktivität bei KI-Nutzern

Wie das US-Nachrichtenmagazin «Time» berichtet, waren die Ergebnisse eindeutig: Probanden, die ChatGPT verwendeten, zeigten die schwächste neuronale Vernetzung. Ihre Gehirnscans wiesen verminderte Aktivität in Bereichen auf, die für komplexe Denkprozesse und Gedächtnisbildung zuständig sind. Die Gruppe ohne technische Hilfen wies dagegen die stärkste Gehirnaktivität auf, besonders in Frequenzbändern, die Wissenschaftler mit kreativem Denken verknüpfen.

Über mehrere Monate hinweg wurde das Verhalten der ChatGPT-Nutzer immer passiver. Während sie das KI-Tool anfangs noch zur Unterstützung verwendeten, kopierten viele später die Antworten nahezu unverändert. «Es war eher so: 'Gib mir einfach den Essay, verfeinere diesen Satz, bearbeite es, und ich bin fertig'», erklärt Studienleiterin Nataliya Kosmyna dem Magazin.

Dramatische Erinnerungslücken

Besonders beunruhigend waren die Gedächtnistests: Nach dem ersten Schreibdurchgang konnten über 80 Prozent der ChatGPT-Nutzer kein korrektes Zitat aus ihrem gerade verfassten Essay wiedergeben. In der Gruppe ohne Hilfsmittel schafften dies fast alle Teilnehmer problemlos.

Die beteiligten Englischlehrer beschrieben die mit ChatGPT erstellten Texte laut «Time» als «seelenlos» und bemängelten das Fehlen von Originalität. Die KI-generierten Arbeiten enthielten bei verschiedenen Schülern ähnliche Formulierungen.

Umkehrversuch bestätigt Befürchtungen

In einem vierten Durchgang tauschten die Gruppen die Rollen: Ehemalige ChatGPT-Nutzer sollten ohne KI schreiben und zeigten dabei deutlich schwächere Gehirnaktivität. Die Gruppe, die zum ersten Mal ChatGPT nutzte, wies hingegen einen Anstieg der Gehirnvernetzung auf. Dies deute darauf hin, dass KI bei richtigem Einsatz das Lernen fördern könne, so die Forscher.

Kosmyna warnt besonders vor dem Einsatz bei Kindern: «Was mich motiviert hat, die Studie jetzt zu veröffentlichen, ist die Sorge, dass ein Politiker entscheiden könnte: 'Lasst uns einen GPT-Kindergarten machen.' Das wäre absolut schlecht und schädlich.» Kinder seien besonders gefährdet, da sich ihre Gehirne noch in der Entwicklung befinden.

Die Studie wurde noch nicht im «Peer Review»-Verfahren von unabhängigen Fachleuten überprüft, wie es bei wissenschaftlichen Arbeiten üblich ist. Kosmyna arbeitet bereits an einer weiteren Untersuchung zu KI-Tools beim Programmieren, bei der sich «noch schlechtere Ergebnisse» abzeichnen.

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