Die Bergsteigerin und Höhlenforscherin Beatriz Flamini ist seit Freitag wieder an der Oberfläche. 500 Tage lang hat sie in vollkommener Isolation unter der Erde gelebt, in einer rund 70 Meter tief gelegenen Höhle im Gebiet Costa Tropical in der südspanischen Provinz Granada.
Aber warum entscheidet man sich dafür, anderthalb Jahre freiwillig in einer Höhle zu leben? Der Überblick:
Die vermeintliche Mutprobe hat den Projektnamen «Timecave». Dabei wollen Forscherinnen und Forscher unter anderem ermitteln, ob vollkommene Isolation zu neuropsychologischen und kognitiven Veränderung führen könne. Und um eben genau dies herauszufinden, ging Flamini unter die Erde.
Flamini wurde von einer Gruppe Forschender verschiedener Disziplinen der Universität Granada und Almería geleitet und begleitet – darunter Psychologen, Höhlenspezialistinnen oder Fitnesstrainerinnen. Sie wollen mit den gesammelten Daten unter anderem herausfinden, wie sich soziale Isolation und Orientierungslosigkeit auf das Zeitempfinden, die Gehirnmuster und den Schlaf auswirken können.
Flamini lebte in einem Zelt. Das Team versorgte sie regelmässig mit insgesamt eineinhalb Tonnen Lebensmitteln, Wasser, Kaffee und sonstigem Material, das in einer «Sicherheitszone» hinterlassen wurde. Diese Zone wurde mit einer Kamera rund um die Uhr überwacht. So wurde auch sichergestellt, dass es Flamini noch gut gehe, sagt Höhlenforscher Paco Morales.
Nach ihren Angaben hatte Flamini seit Beginn des Experiments im November 2021 keinen Kontakt zur Aussenwelt. Sie lebte ohne Uhr und ohne Telefon. Allerdings verfügte sie über Strom und einen Laptop, mit dem sie zwar Informationen an die Aussenwelt habe senden, aber nicht empfangen können.
Nur einmal musste das Experiment aus Sicherheitsgründen teilweise unterbrochen werden, da ein Router repariert werden musste. Mit diesem Router hätte die Spanierin im Notfall um Hilfe rufen können. Während des Unterbruchs lebte die Extremsportlerin für eine Woche zwar über der Erde, aber weiterhin in vollständiger Isolation in einem Zelt neben dem Höhleneingang.
Die Abenteurerin war also 500 Tage von den Geschehnissen der Welt abgeschnitten. So wusste sie auch nichts vom Krieg in der Ukraine, von dem Ende der Coronapandemie oder von dem Tod von Queen Elizabeth.
Die Zeit in der Höhle war nicht immer leicht. Wie ihre öffentlichen Videos zeigen, schlägt sich die Sportlerin in einem Video verzweifelt die Hände vors Gesicht und sagt: «Was für ein furchtbarer Tag. Ich will immerzu nur weinen.»
Manchmal sei sie sehr einsam gewesen, erzählt sie. In der Einsamkeit habe sie viel philosophiert. Zudem hat sie 60 Bücher gelesen sowie Gedichte und Erzählungen geschrieben. Auch Sport machte Flamini unter der Erde oder sie strickte. Ihre Motivation war wohl auch ein Ansporn, um durchzuhalten. «Ich tue das auch, weil ich denke, dass es dazu beitragen kann, zu helfen und (das Leben anderer Menschen) zu verbessern», sagte sie am Freitag bei einer Pressekonferenz.
Zeitweise hatte Flamini noch mit einer Fliegenplage in der Höhle zu kämpfen.
Mit Helm, Sonnenbrille und einem grossen Lächeln im Gesicht kletterte Flamini am vergangenen Freitag nach 500 Tagen aus ihrer Höhle raus. Sie machte gesundheitlich und emotional einen guten Eindruck. Die Abenteurerin sprach von einer «tollen» und «beispiellosen» Erfahrung. Laut Morales sei sie mit einer «unglaublichen Vitalität und Stärke da herausgekommen». Weitere Informationen über die Forschung oder über den Zustand von Flamini gibt es bisher keine.
Mit 500 Tagen unter der Erde knackte die Abenteurerin den bisherigen Weltrekord der Italienerin Christine Lanzoni. Sie verbrachte im Jahr 2007 genau 269 Tage in einer Höhle.
(oee)
Gut, ist ein paar Tage zu früh, aber dass passt schon 🤪