Herr Stamm, sechs islamkritische SVP-Politiker gemeinsam auf einer Reise durch den Gottesstaat Iran: Das ist per se eigenartig.
Luzi Stamm: Was heisst hier «islamkritisch»? Diese Reise hatte auch nicht den Hauch einer religiösen Seite. Ich persönlich war nur in Teheran; meine Kollegen haben auch andere Städte besucht. Mir ging es nur um politische Fragen. Zudem habe ich privat zwei Stunden lang einen Bekannten getroffen.
Was tun Schweizer Politiker, die Minarette verbieten wollen und vor der Islamisierung Europas warnen, im Iran?
In meiner Präsenz wurde keine Sekunde über Religion oder über Minarette geredet. Wir haben iranische Parlamentarier getroffen und uns mit Vertretern der Verwaltung ausgetauscht. Die Reise interessierte mich sowohl als Politiker als auch als Rechtsanwalt, wobei für mich eine Frage im Zentrum stand: Wird die Schweiz von den USA und der EU unter Druck gesetzt, sich an Sanktionen zu beteiligen, welche von diesen selbst umgangen werden?
Und?
Fakt ist, dass Schweizer Unternehmen keine Schraube mehr liefern dürfen und Schweizer Banken zu «Bussen» – faktisch Schutzgeldern – verpflichtet werden, wenn sie im Iran tätig sein wollen. Von Coca-Cola bis zu französischen Autos erhalten sie aber alles.
Um welche Schweizer Firmen handelt es sich?
Ich möchte keine Schweizer Firmen «verpfeifen», die sich bei mir beklagt haben, dass sie nichts mehr liefern dürfen. Sie müssen sonst damit rechnen, dass ihre Zweigstelle in den USA unter Beschuss kommt oder sogar geschlossen wird. Die Machtpolitik der Amerikaner wird diesbezüglich immer schlimmer.
Sie reisen in einen autoritären Staat, wo Demokratie und Menschenrechte Fremdwörter sind, um dann westliche Demokratien zu kritisieren. Das ist eine höchst fragwürdige Aktion.
Es geht darum, die Doppelbödigkeit der Grossmächte offenzulegen. Da hat es sich für mich gelohnt, Zeit und Geld aufzuwenden. Die Reise wurde durch meinen Freund, alt Nationalrat Ulrich Schlüer, privat organisiert.
Regierungsnahe iranische Medien haben Ihren Besuch sofort propagandistisch ausgeschlachtet. Sie haben sich vor den Karren Teherans spannen lassen.
Das ist immer dieselbe Masche. Auch wenn jemand mit dem syrischen Präsidenten Assad oder dem russischen Präsidenten Putin redet, wird von «einspannen lassen» gesprochen. Oder man denke an den damaligen Aufenthalt von Micheline Calmy-Rey im Iran, als es um die Unterzeichnung eines Gasliefervertrages ging. Was ist aus der angeblich so vorteilhaften Zusammenarbeit nach dem damaligen Besuch Calmy-Reys geworden? Haben wir diese Zusammenarbeit aufgrund internationalen Drucks aufgeben müssen?
Die SVP hatte damals den Besuch Calmy-Reys verurteilt.
Offenbar zu Recht. Er hat der Schweiz bisher nichts gebracht.
Sie haben im Iran die Sanktionspolitik des Westens verurteilt.
Die SVP ist und war grundsätzlich immer gegen Boykotte. Ob das den Irak, die Ukraine, Russland, Israel oder den Iran betrifft, spielt keine Rolle. Die neutrale Schweiz sollte sich grundsätzlich keinen Boykotten anschliessen; es sei denn, sie seien durch die UNO verhängt. Dann bleibt uns nichts anderes übrig.
In wenigen Wochen reisen die Präsidenten der Aussenpolitischen Kommissionen (APK) in offizieller Mission in den Iran. Warum haben Sie diese Reise nicht abgewartet?
Das war sogar ein zusätzlicher Grund, selbst in den Iran zu gehen. Ich halte gar nichts davon, wenn der Genfer SP-Nationalrat und APK-Präsident Carlo Sommaruga uns aus seiner Optik die Dinge erzählt.
Die APK möchte Sie zu Ihrer Reise befragen. Einverstanden?
Noch so gerne gebe ich Auskunft. Es wäre positiv, wenn wir Sinn und Unsinn der Sanktionen und die Doppelmoral der Grossmächte in der Kommission besprechen könnten.