Die letzte Woche war besch... und hat am Samstag ihren Tiefpunkt erreicht. Obwohl ich dann fast Sex hatte. An einer Hauswand. Mit einer fremden Frau. Was ich nicht erwartet hatte, also, dass es noch schlechter werden kann.
Sex an einer Hauswand erwarte ich ebenfalls nie. Aber alles der Reihe nach.
Am Wochenende war noch alles gut. Ich ging am Freitag zu Lara, Pasta essen, rumliegen, Sex, Sex, rumliegen, Reste essen, Sex. Der Samstag begann ähnlich, wie der Freitag geendet hatte. So weit, so gut. Dann änderte sich die Stimmung.
Lara sagte, sie müsse Wäsche waschen, aber nicht so, als würde sie nur kurz in die Waschküche gehen, sondern so, dass sie damit implizierte, dass es nun Zeit für mich war zu gehen.
Ich hätte ihr gerne gesagt, dass viele Frauen sich gewünscht hätten, ich würde am Morgen nicht sofort verschwinden, dass sie verdammt noch mal ein bisschen dankbar sein und es schätzen sollte, dass ich einfach so rumhänge, ohne abzuschleichen, mit irgendwelchen Vorwänden, die manchmal mehr, manchmal weniger Sinn machten, das hätte ich ihr gerne gesagt, aber ich bin ja nicht blöd. Stattdessen fragte ich, was sie noch so vorhatte am Wochenende. Ohne Hintergedanken. So wie man fragt, wie geht's, so halt.
Ihre Antwort: Sie habe noch zum Pizzaessen abgemacht. Keine Namen, kein Ort, nichts. Wir wissen alle, was das bedeutet. Aber weil ich ja locker und easy und überhaupt bin und aus ebendiesen Gründen keine Fragen stelle, bin ich ohne weitere Infos gegangen. Am Abend schrieb ich ihr: «Viel Spass beim Pizzaessen!», und ärgerte mich sofort über mich. Dann rief ich meinen Kumpel an, der mit mir ja rausgehen und eine Frau klarmachen wollte, aber nun konnte er nicht mehr. Also blieb ich zuhause, bestellte eine Pizza und fand, ich sei von allen lebenden Lebewesen das ärmste und mitleiderregendste Geschöpf dieser Erde.
Lara meldete sich die Tage danach spärlich, wollte dann am Mittwoch unbedingt ins Kino, also gingen wir, der Film war mässig gut, die Nacht bisschen besser, aber auch nicht berauschend, eher na ja. Ich wollte nicht, dass sie das Gefühl hatte, ich sei eifersüchtig oder als würde ich wollen, dass sie mir über ihr Tun und Treiben Rechenschaft ablegen muss, also fragte ich folglich wenig, was sie die letzten Tage so getan hatte. Das gefiel ihr nicht, wie sie am nächsten Tag in einer ewig langen Nachricht bemerkte. Sie habe das Gefühl, ich würde mich nicht mehr für sie interessieren und sie finde auch, wir hätten die Leichtigkeit unseres Zusammenseins verloren, dabei wolle sie frei sein können, und so weiter und so fort, also sahen wir uns am Donnerstag erneut, und redeten, während wir Wein tranken, weshalb ich nicht mehr genau weiss, was wir redeten, ich weiss auch nicht, ob wir wirklich zu einer Lösung kamen, solche Gespräche strengen mich unfassbar fest an, aber immerhin hatten wir am Schluss diesmal wieder wirklich grossartigen Sex.
Das Wochenende fuhr sie mit zwei Freundinnen in die Berge, ich verabredete mich mit dem Kumpel, der in den Ausgang geht, um «eine klarzumachen». Vielleicht, so dachte ich, hatten wir die Schwere, weil ich insgeheim irgendwie unter Druck war, weil sie, ohne dass ich Genaueres weiss, aber ich gehe davon aus, dass sie ständig mit irgendwelchen Typen vögelt. Immerhin ist sie sehr attraktiv und lustig und alles und eine Frau, was ein grosser Unterschied ist zu einer Person, die das alles auch, aber männlich ist. Vielleicht war ich nicht eifersüchtig auf die Männer, sondern neidisch auf sie. Weil sie im Gegensatz zu mir die Chancen nutzte, die sie hatte.
Die ersten Stunden der Samstagnacht kann man in einem Satz zusammenfassen: Mein Kumpel und ich tranken viel und wechselten noch öfter die Location. Gefühlt kam ich ständig irgendwo an oder ging gleich los, meist mit einem Bier in der Hand, das wir in einen Becher umfüllen musste, wenn wir die Bar wieder verliessen, bevor wir ausgetrunken haben. Dazwischen gab es Shots.
Nun ist schon etwa vier Uhr morgens, wir sind in einem Club, in dem man fast nichts sieht: Ich tanze mit einer Frau, oder eher sie mit mir, mein Kumpel sagt mir, als sie kurz weg ist, «das isch en Buechtä, die musch machä», was hier, so bin ich mir sicher, für viele Kommentare sorgen wird, denn ich kann das gar nicht schönreden, um die inneren Werte und ein richtiges Kennenlernen ging es mir nicht. Der Frau, will ich hier zu meiner Verteidigung sagen, auch nicht.
Wir standen irgendwann draussen, etwas abseits an einer Häuserwand, und hätten vermutlich Sex gehabt, wären wir beide nicht so betrunken gewesen und ich deswegen nicht in der Lage, sie hochzustemmen, was ja auch in nüchternem Zustand keine einfache Sache ist, will ich hier mal sagen, liebe Frauen, die ihr immer wollt, dass wir euch durch die ganze Wohnung hieven, und gleichzeitig noch Sex haben, also Gehen, Vögeln, Tragen, alles in der Senkrechten, als wären wir vom Cirque du Soleil.
Sie nach Hause nehmen wollte ich nicht. Sie wollte das wohl auch nicht. Also setzten wir uns irgendwann in einen Hauseingang und beendeten, so gut es ging der Umgebung entsprechend, was wir angefangen hatten.
Wir tauschten keine Nummern. Ich weiss auch den Namen der Frau nicht, sie weiss meinen auch nicht. Und dass die Sache mit Lara dadurch irgendwie leichter ist ... ihr kennt die Antwort. Wir sind morgen zu einem weiteren Gespräch verabredet. Mir graut's jetzt schon davor.
So long,
Ben
Ben hatte eine schwierige Woche. Am Wochenende fühlte er sich von Lara zurückgewiesen und niedergeschlagen. Trotz eines Treffens und gutem Sex blieb die Stimmung angespannt. Als Lara wegfuhr, ging er mit einem Freund aus, trank viel und hatte fast Sex mit einer fremden Frau. Diese Episode half nicht bei seinen Problemen mit Lara, und er fürchtet das nächste Gespräch mit ihr.
Immer wenn ich denke der Junge ist echt sowas von verloren, haut er noch einen oben drauf.
Ich würde mich selbst als teilweise reflektierten Typen definieren.
Aber du mein Freund, könntest das Wort nicht mal buchstabieren wenn dein Leben davon abhängen würde.