Ein unscheinbares Pianointro von Taylor Eigsti fliesst schnell hinüber in einen tosendenGroove, gespielt mit totaler Gelassenheit. Denn das Arsenal von Möglichkeiten, das dieseBand mitbringt, ist gigantisch. Es gibt ein tiefes Verständnis dafür, was der Musik dient. Genaudas wird eingesetzt. So entfaltet sich erst im Verlauf des Konzerts ein immer bunteres Bild.Anfänglich bleiben alle Spieler ihrer Funktion sehr treu. Auch die musikalischen Formen sindeher traditionell. Unmissverständlich und messerscharf ist so die Grundlage des Bandsoundsgeschaffen. Nach und nach gibt es dann immer wieder Momente der Überraschung: DasSaxofon fährt durch Effekte und gibt wolkenartige Texturen in den Raum. Der Bass spieltAkkordmelodien. Oder Reggie McNeill komplementiert an E-Pianos das akustische Klavier vonTaylor Eigsti auf höchst kreative Weise.
Taylor Eigsti, nicht nur als Pianist, sondern auch als Arrangeur bekannt, schafft es, jede*n imPublikum abzuholen. Odd-Meter Ostinati mit rastlosen Soli funktionieren im Set gleich gutwie ein Vier-Takte Loop mit drei Akkorden, bei dem das Publikum mitsingen kann. DieBandbreite von modernem Jazz bis zu poppigem R’n’B wird nicht zuletzt durch die Auswahlder Special Guests abgebildet: Als erstes erweitert die Sängerin Gretchen Parlato dieInstrumentalgruppe. 2010 spielte Eigsti das erste Mal in Muri, damals mit der Band vonParlato. Die Kreativität und Kontrolle im Einsatz ihrer Stimme im Kontext der Band suchtihresgleichen. Sie bringt uns zu Gehör, was die menschliche Stimme mit allen möglichenklanglichen Effekten für ein enormes Instrument sein kann. Sich morphende Vokale in einerrhythmisch tragenden Funktion zu hören, kann an sich schon hypnotisierend wirken. Wennerst nach einer Weile Lyrics das Gesungene erweitern, wird einem ihre inhaltliche Tiefebewusst.
Der zweite Special Guest ist Casey Abrams, bekannt aus der TV-Sendung «American Idol» undTeil der Band Postmodern Jukebox. Er zieht das Publikum mit seiner humorvollen Art in seinenBann. Und wenn er mit angekratzt-rockiger Stimme über einen Jazzstandard singt, dernormalerweise als Ballade gespielt wird, glaubt man ihm jedes Wort.
Eines der überraschendsten Bandmitglieder, vor allem für das junge Publikum, war ohneZweifel der Schlagzeuger Zack Graybeal. Sein Youtube-Channel namens «Zack Grooves» hatüber 400'000 Abonnenten, was ihn in der Szene zu einem Internet-Superstar macht. Eigstiselbst lernte ihn übers Internet kennen.
Dass Taylor Eigsti Zack Graybeal aber auch Reggie McNeill und Jonathan Maron noch gar nichtallzu lange kannte, war kaum spürbar. Dazu halfen bestimmt die älteren Bekanntschaften wiejene zu Gretchen Parlato oder Ben Wendel, und natürlich die spürbare Offenheit jedeseinzelnen Bandmitglieds. Das Konzert war Ausdruck einer Philosophie von traditionellem,aber zugleich unglaublich offenem und experimentierfreudigem Zusammenspiel.