Mit welchen Fällen sind Sie konfrontiert, wenn Betroffene Sie anrufen?
Die Menschen rufen uns mit den unterschiedlichsten Problemen oder Fragen an. Das kann eine medizinische Unsicherheit sein: «mein Kind hat Fieber und isst nichts, soll ich zum Arzt» oder «welches Medikament soll ich im Ausland für das Problem XY nehmen» bis zu schwerwiegenden Problemen, die eine Rückführung per Ambulanzjet in die Schweiz erfordern oder sogar eine Evakuierung aus einer Naturkatastrophe. In unserer Einsatzzentrale gehen in der Sommersaison über 7'000 Anrufe ein. Ein Fall, den wir kürzlich hatten, kommt mir gerade in den Sinn. Ein fünfjähriges Mädchen ist am Pool auf dem Campingplatz des Urlaubsortes in Italien ausgerutscht und hat sich das Bein verletzt. Die Mutter hat uns darauf hin angerufen und gelangte an mich.
Wie ging es weiter, als die Mutter Sie kontaktiert hat?
Nach dem sie mir den Unfall am Pool geschildert hatte, stellte sie mich erstmal auf Lautsprecher, damit auch ihr Mann am Gespräch teilnehmen konnte. Wir analysierten gemeinsam die Situation und ich empfahl ihnen ein medizinisches Zentrum in der Nähe des Campingplatzes, wo sie mit ihrer Tochter hinfahren konnten.
Das war bestimmt eine emotionale Situation für die Eltern. Wie gehen Sie mit solchen Situationen um?
Natürlich geht es bei unserer Arbeit oft hektisch zu und die Personen am anderen Ende der Leitung sind häufig verunsichert, gestresst oder emotional stark belastet. Da sind viel Fingerspitzengefühl und Empathie einfach Voraussetzung. Gerade diese Verbindung aus Herz und Kompetenz hilft uns dabei, in schwierigen Momenten schnell die richtigen Entscheidungen zu treffen – und den Menschen genau die Unterstützung zu geben, die sie brauchen. Letztlich ist jeder Fall einzigartig – und genau das nehmen wir ernst. Wir hören zu und suchen für jede Situation die passende Lösung.
Wie ging es mit dem kleinen Mädchen und der Familie weiter?
Der Arzt im medizinischen Zentrum hat aufgrund der Verletzung empfohlen, das Bein für sieben Tage ruhigzustellen. Das ist für ein kleines Kind natürlich eine riesige Herausforderung und die Eltern haben klar gesagt, dass sie deshalb möglichst schnell nach Hause fliegen wollen. Der Arzt vor Ort hatte dann bestätigt, dass das Kind reisen darf, und wir organisierten die stressfreie Rückkehr für die ganze Familie: vom Buchen des Rückflugs bis hin zum Verschicken der Boarding-Pässe.
Sie waren demnach in engem Kontakt mit den Eltern?
Ja, ich war täglich in Kontakt mit der Familie, bis sie dann schliesslich heimreisen konnten. Sie waren sehr dankbar, dass alles so gut geklappt hat.
Generell erleben wir eine grosse Dankbarkeit von den Menschen, denen wir helfen konnten. Oft erreichen uns E-Mails, handgeschriebene Briefe – manchmal sogar kleine Aufmerksamkeiten wie eine Schachtel Schokolade. Diese Rückmeldungen berühren uns immer wieder aufs Neue. Sie zeigen mir ganz deutlich: Unsere Arbeit macht einen echten Unterschied im Leben der Menschen.
Was passiert, wenn jemand am Wochenende oder aufgrund der Zeitverschiebung mitten in der Nacht Hilfe braucht?
Uns spielt die Uhrzeit oder der Wochentag keine Rolle. Wir sind rund um die Uhr erreichbar, auch an Wochenenden und Feiertagen. Daher brauchen Betroffene keine Rücksicht auf Zeitverschiebungen zu nehmen.
Uns ist es auch besonders wichtig zu wissen, wie es unseren Mitgliedern nach dem ersten Kontakt weiter ergeht – gerade wenn sie sich im Ausland befinden. Wenn wir nach einem Anruf längere Zeit nichts mehr hören, fragen wir von uns aus nach. Wir wollen wissen, ob die Medikamente angeschlagen haben, welche Diagnose gestellt wurde, ob das Fieber gesunken oder der Ausschlag zurückgegangen ist. Und gemeinsam mit den Betroffenen überlegen wir, welche nächsten Schritte sinnvoll sind. Dieses persönliche Dranbleiben gehört für uns einfach immer dazu