Der Bundesrat war fleissig an seiner Sitzung vom letzten Freitag, bevor er sich in die einwöchigen Herbstferien verabschiedete. Die Landesregierung behandelte zahlreiche Themen, etwa die neue Aussenpolitische Strategie, den Lärmschutz beim Einbau von Wärmepumpen oder die Minenräumung in der Ukraine.
Ebenfalls auf der Tagesordnung: die Frage, ob und wie Güter aus dem Erotikbereich, die für Sadomaso-Praktiken zum Einsatz kommen, vom neuen Foltergütergesetz (FGG) betroffen sein könnten.
Dies geht aus dem Entwurf der bundesrätlichen Botschaft zum Foltergütergesetz hervor, welche die Landesregierung zuhanden des Parlaments verabschiedet hat. Das Dokument liegt CH Media vor.
Der Hintergrund der Gesetzesnovelle ist ein ernster: Gemeinsam mit 56 anderen Staaten unterzeichnete die Schweiz im September 2017 eine Deklaration zur Beendigung des Handels mit Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe und zur Folter verwendet werden. Der Europarat verabschiedete im März 2021 eine entsprechende Empfehlung an seine Mitgliedstaaten, also auch an die Schweiz.
Zwar kennt auch die Schweiz schon Bestimmungen, die den Handel mit solchen Gütern regeln. Sie sind unter anderem im Waffengesetz oder im Heilmittelgesetz zu finden. Aber die bisherigen Gesetze sehen mit wenigen Ausnahmen keine Überprüfung vor, ob Güter für Folter oder Todesstrafe verwendet werden.
Deshalb will der Bundesrat die hiesige Gesetzgebung an die internationale Entwicklung sowie die EU-Regeln angleichen. Denn «es wäre stossend, wenn die Schweiz aufgrund fehlender rechtlicher Vorgaben als Umgehungsplattform für den Handel mit Foltergütern genutzt werden könnte», so der Bundesrat.
Hier soll das geplante Foltergütergesetz Abhilfe schaffen. Einen ersten Entwurf hatte die Regierung im letzten Herbst in die Vernehmlassung geschickt. Das Echo bei Kantonen, Parteien und weiteren interessierten Organisationen fiel überwiegend positiv aus.
Kritische Rückmeldungen gab es jedoch zu den möglichen Auswirkungen des neuen Gesetzes auf Erotikspielzeug aus dem Sadomaso-Bereich. Die Konferenz der Kantonalen Polizeikommandantinnen und -kommandanten (KKPKS) sowie die Kantone Solothurn und Appenzell Ausserrhoden meldeten Bedenken bezüglich Rechtssicherheit an.
So warf etwa die Ausserrhoder Kantonsregierung ein, dass unter die Anhänge der EU-Anti-Folter-Verordnung, auf welche sich das Foltergütergesetz wesentlich abstützt, «zahlreiche Güter fallen, welche im Erotikbereich (Sadomaso-Praktiken) zum Einsatz gelangen».
In den erwähnten Anhängen werden die sogenannten «sekundären Foltergüter» gelistet. Der Bundesrat definiert sie als «Güter, die neben der Vollstreckung der Todesstrafe oder dem Zweck der Folter auch andere praktische Verwendungen haben».
Sollte darunter auch Sadomaso-Spielzeug fallen und künftig eine Bewilligungspflicht benötigen, so steht gemäss der Ausserrhoder Regierung «zu befürchten, dass die Polizeikorps vermehrt repressiv tätig werden müssten».
Hier müsse der Bundesrat die rechtlichen Folgen abklären und gegebenenfalls den Gesetzesentwurf anpassen. Schliesslich solle das neue Gesetz nicht dazu führen, «dass die Polizeien bei sämtlichen Erotikmessen und Sexshops Verstösse gegen das Foltergütergesetz ahnden müssten, weil Gerätschaften für Sadomaso-Praktiken angeboten werden».
In seiner Botschaft geht der Bundesrat auf die in der Vernehmlassung geäusserten Sadomaso-Sorgen ein. Das zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hatte sich in dieser Frage extra beim deutschen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrollen erkundigt. Die Antworten der im hessischen Eschborn angesiedelten Behörde befriedigten das Seco offenbar.
Güter aus dem Erotikbereich fallen gemäss Bundesrat nicht in den Anwendungsbereich der EU-Anti-Folter-Verordnung und sollen auch vom neuen Foltergütergesetz nicht erfasst sein. Auf eine Ausnahme von der Bewilligungspflicht könne folglich verzichtet werden.
Die Entwarnung von der Erotikgüterfront kann die Gemüter jedoch nur beschränkt beruhigen. So schreibt die Polizeikommandantenkonferenz KKPKS auf Anfrage, man nehme die Erläuterung des Bundesrats zur Kenntnis - «auch wenn unsere Bedenken bezüglich Güter des Erotikbereichs nicht vollständig ausgeräumt worden sind». Man werde «die Entwicklungen in der Praxis» verfolgen.
Als Nächstes muss sich nun das Parlament über das neue Foltergütergesetz beugen – ungefesselt, selbstverständlich.
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